Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt kann zufrieden auf die am 28. August stattgefundene gesundheitspolitische Diskussion zurückblicken, zu der sie gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Zahnärztekammer sowie der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt in das Haus der Heilberufe (Zahn-)Ärzte eingeladen hatte.
Die akute Hochwasserlage im Juni zwang die Ärzteschaft zur Absage der für den 05. Juni geplanten Gesprächsrunde. Zugleich wurde dadurch die Möglichkeit eröffnet, die Veranstaltung gemeinsam mit den Zahnärzten durchzuführen. Dadurch konnten sowohl Anliegen und Probleme der Ärzte- als auch der Zahnärzteschaft diskutiert werden, was zu einer interessanten Mischung von Themen beider Berufsgruppen führte.
Knapp vier Wochen vor der Bundestagswahl boten die Ärzte und Zahnärzte Politikern der beiden großen Volksparteien, von FDP, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke eine Plattform, um ihre gesundheitspolitischen Positionen dar-zulegen.
Die Politiker Dr. Christoph Bergner (CDU), Jens Ackermann (FDP), Andreas Steppuhn (SPD), Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Dr. Petra Sitte (Die Linke) stellten sich den Fragen der anwesenden Ärzte und gingen auf deren kritischen Anmerkungen ein.
Eingeleitet wurde die Gesprächsrunde mit den Konzepten der Parteien über die zukünftige Finanzierung des Gesundheitssystems. Andreas Steppuhn (SPD) und der Grünen-Politiker Dr. Harald Terpe sprachen sich mit ähnlichen Konzepten für einen Systemwechsel aus. Die Abkehr vom dualen Krankenkassensystem befürwortete auch Dr. Petra Sitte (Die Linke), die hierfür emotionale Reaktionen aus dem Auditorium hervorrief. So erklärte ein Bitterfelder Arzt, dass Ärzte sich wünschen, ohne ständige Neuerungen in Ruhe ihrer ärztlichen Tätigkeit nachgehen zu können. Sowohl der Christdemokrat Dr. Christoph Bergner als auch der Liberale Jens Ackermann verteidigten indes das bestehende System, ohne dessen Innovationsbedarf zu bestreiten. Durch eine einheitliche Versicherung würde kein Wettbewerb mehr stattfinden und die private Krankenversicherung könnte nicht mehr ihren wichtigen Beitrag zur Umsetzung medizinischer Neuerungen im Gesundheitswesen leisten. Eine Einheitsversicherung würde nicht die steigenden Kosten und die zukünftigen Herausforderungen aufgrund der demographischen Entwicklung im Land sowie des medizinischen Fortschrittes bewältigen können.
Der CDU-Politiker bezeichnete das deutsche Gesundheitssystem als sogenannte „Dauerbaustelle“, die nicht noch mit einem Systemwechsel belastet werden müsse. Dieser Aussage schloss sich auch der FDP-Politiker an.
Im Gegensatz dazu votierten die Vertreter von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke für ein solidarisches Gesundheitssystem, das sie in Form einer Bürgerversicherung realisiert sehen. Nach diesem System sollen alle Bürgerinnen und Bürger eine gute Krankenversorgung mit gleichen Leistungen erhalten, unabhängig von ihrem Einkommen oder beruflichen Status.
Die Linken-Politikerin Dr. Petra Sitte sprach von gestiegenen Belastungen für die Patienten und den Ärger der Ärzte über die ausufernde Bürokratie. Das Modell der Bürgerversicherung müsse aus ihrer Sicht diskutiert und entsprechende Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Dies könne nicht von heute auf morgen geschehen.
Eine weitere Diskussion bezog sich auf die Probleme und Herausforderungen in der gesundheitlichen Versorgung, die durch den demografischen Wandel verursacht werden. Probleme, wie die Alterung der Gesellschaft, Verdichtung der Morbidität und Ärztemangel, sind heute schon deutlich zu erkennen. Die Folgen daraus, wie eine drohende Unterversorgung vor allem im ländlichen Bereich, werden sich zukünftig noch weiter verschärfen, wenn es die Verantwortlichen in der Politik und im Gesundheitssystem nicht schaffen, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen.
Die Probleme des demografischen Wandels erklärten die Vertreter aller Parteien als ein gerade für Sachsen-Anhalt bedeutendes Problem, welches vor allem im ländlichen Bereich den bereits bestehenden Hausärztemangel intensivieren wird. Besonders erfreulich war auch der überwältigende Konsens unter den Parteien hinsichtlich des Erhalts beider medizinischer Fakultäten in Sachsen-Anhalt. Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt zeigt sich glücklich darüber, dass die anwesenden Politiker ihr durch ihre klare Aussage pro beide Standorte einen starken Rückhalt demonstriert haben. Die Präsidentin, Dr. Simone Heinemann-Meerz, hofft, dass die Worte auch am nächsten Tag noch Bestand haben werden und diesen dann Taten folgen. Sie erklärte, dass 60 Prozent der Mediziner, die ihr Studium hier beendet haben, im Land bleiben. Daher kann es sich Sachsen-Anhalt nicht leisten, auf einen Standort zu verzichten. Prof. Dr. Michael Gekle, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg, betonte die Notwendigkeit beider Standorte, die für die Daseinsvorsorge im Land wichtig seien. Eine Einsparung würde zu Lasten der Bevölkerung gehen.
Die Politiker waren sich auch darin einig, dass der Bund sich stärker bei der Finanzierung der Hochschulmedizin engagieren sollte. Dr. Christoph Bergner sprach sich für eine institutionelle Finanzierungsmöglichkeit des Bundes aus. Dr. Petra Sitte wies darauf hin, dass beide Standorte nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Sie votierte ebenso für eine bessere bundesweite Finanzierung der Hochschulmedizin. Auch Andreas Steppuhn und Jens Ackermann zeigten ihre deutliche Unterstützung für beide medizinischen Fakultäten.
Breiten Raum nahm die Diskussion zur Situation der Zahnklinik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein. Es wurde konstatiert, dass der bauliche Zustand der Zahnklinik als hochgradig sanierungsbedürftig einzuschätzen sei und sich nun die Lage durch einen Wasserschaden dramatisch verschlechtert habe. Das Land hat das Geld für die Sanierung der Zahnklinik bereits in den Haushalt eingestellt. Der Finanzminister verhindert aber durch sein Moratorium die Freigabe.
Es stand die Vermutung im Raum, dass solange gewartet wird, bis die Bauschäden eine Betreibung der Klinik und die Ausbildung der Studenten unmöglich machen. Das Land hätte dann gespart, aber das auf Kosten der Studenten, Ärzte und Bürger. Es betrifft eine altehrwürdige Klinik, die zu den besten zahnmedizinischen Ausbildungsstätten in Deutschland gezählt wird, wie das Centrum für Hochschulentwicklung (CME) immer wieder bestätigt.
Am 25. September fand diesbezüglich die Auftaktveranstaltung einer bürgerschaftlichen Initiative zum Erhalt der zahnmedizinischen Ausbildung in Halle statt, die unter der Schirmherrschaft des Ministers für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, Hartmut Möllring, steht. Die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. Simone Heinemann-Meerz, sowie der Dekan der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Prof. Dr. Michael Gekle, unterstützen diese Initiative.