Tagungsort der 6. Sitzung der Kammerversammlung am 09. November 2013 war wieder die Landesgeschäftsstelle der Ärztekammer Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Die Ärztekammer durfte sich zu dieser Sitzung besonders über den Besuch des Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, freuen.
Neben den Mitgliedern der Kammerversammlung begrüßte die Präsidentin die anwesenden Gäste, darunter u.a. Herrn Ministerialrat Ehrenfried Messal (Ministerium für Arbeit und Soziales, Leiter des Referates 22 „Gesundheitsberufe, Pharmazie“), den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt Dr. Burkhard John und Peter Löbus, Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.
Nach einer Gedenkminute für den verstorbenen Dr. Dieter Hoffmeyer berichtete die Präsidentin in ihrem Eingangsvortrag zunächst über Aktivitäten und Engagements der Ärztekammer, beispielsweise die Beteiligung im Gemeinsamen Landesgremium nach § 90a SGB V oder die Übernahme der Zulassung und Überwachung von Gelbfieberimpfstellen.In ihren weiteren Ausführungen ging sie auf die Begleitung der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt durch die Ärztekammer und die begonnenen Beratungen über die neue Musterweiterbildungsordnung ein. Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloss aufgrund des Umfangs der geplanten Neufassung eine Entschleunigung des Verfahrens, sodass mit der Beschlussfassung über die neue MWBO nicht vor 2015 zu rechnen ist. Weiterhin wird die Erarbeitung von Kriterien zur Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis fortgesetzt.
Nach einem kurzen Bericht über die erfolgreiche Arbeit der Koordinierungsstelle für die Weiterbildung von Fachärzten in der Allgemeinmedizin (KOSTA), wie z.B. die gegenwärtige Registrierung von 157 Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung, die Gründung von sieben Regionalverbünden und die viermal im Jahr stattfindenden Fortbildungsveranstaltungen, kritisierte die Präsidentin, dass es bisher noch nicht gelungen sei, die Vereinbarung über die Errichtung einer Koordinierungsstelle unter der Beteiligung der Krankenhausgesellschaft abzuschließen.
Anschließend verwies sie auf die zunehmende Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit, den neuen Internetauftritt ab Januar nächsten Jahres und den neuen Arztausweis im Scheckkartenformat, der ab sofort von der Ärztekammer herausgegeben wird.
In ihren weiteren Bemerkungen ging sie auf die Spardebatte um die sachsen-anhaltinischen Universitäten der letzten Monate ein. Ein Land, das die demografisch schlechteste Situation und den zweitschlechtesten ärztlichen Versorgungsgrad in Deutschland aufweist, stelle die Überlegungen an, auf zahlreiche Studenten zu verzichten. Dies könne sich Sachsen-Anhalt nicht leisten, da junge Menschen im Land gebraucht werden, die dieses mitgestalten. Es müsse ein Gesamtkonzept erarbeitet werden, das einer nachhaltigen Entwicklung in Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie ärztlicher Versorgung langfristig Stabilität und Sicherheit gebe.
In diesem Zusammenhang rückte Frau Dr. Heinemann-Meerz auch die Unterfinanzierung der Krankenhäuser noch einmal in den Fokus.
Dem Eingangsstatement der Präsidentin folgte das Grußwort des Präsidenten der Bundesärztekammer. Nachdem Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery zunächst Bezug auf den geschichtsträchtigen 09. November nahm, an dem im Jahr 1989 die Mauer fiel, und ein paar persönliche Worte anfügte, ging er auf die gegenwärtigen Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD ein. Der Präsident betonte, dass die Bundeärztekammer eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem zukünftigen Gesundheitsminister beabsichtige und sich daher zu keinen Aussagen – positiv oder negativ – hinreißen lassen wolle.
Er wies deutlich auf die hohe Qualität und Leistungsfähigkeit des bestehenden dualen Gesundheitssystems hin, welches zu einem der besten in der Welt gehöre. In den momentanen Verhandlungen sei die Bürgerversicherung seitens der SPD kein Thema mehr. Die Christdemokraten betonen, dass eine derartige Versicherung nicht mit ihnen zu machen sei.
Er sehe zudem einer Einigung bzgl. der geplanten Novellierung der GOÄ nach einer langen Durststrecke zuversichtlich entgegen.
In seinen weiteren Ausführungen ging er auf die Krankenhausfinanzierung ein. Er sprach dabei von einer grotesken Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Denn noch vor 15 Jahren seien zehn Prozent der Landesinvestitionen in die Krankenhäuser geflossen. Heute könne man nur noch von 3,5 Prozent sprechen.
Des Weiteren unterstrich er, dass das bestehende DRG-System nicht schlecht sei, wohl aber dessen Ausgestaltung. Das System müsse differenziert werden und die Bezahlung sollte nach Qualitätskriterien erfolgen.
Nach seinem Hinweis, dass die Ansätze der Politik in den Koalitionsverhandlungen positiv anzusehen sind, bezeichnete er den Vorschlag, dass sich gesetzlich Versicherte, die nicht innerhalb von vier Wochen einen Termin beim Facharzt bekommen, auf Kosten der niedergelassenen Ärzte im Krankenhaus behandeln lassen können, als populistischen Akt der Politik. Ein derartiger Vorschlag verursache für die Politik keine Kosten und sei daher in Politikerkreisen sehr beliebt. Zudem wirke dieser Vorschlag auch sehr positiv auf die Bevölkerung, da die Politik scheinbar etwas für die Patientinnen und Patienten tue. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass laut einer Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die meisten Patientinnen und Patienten keine Probleme mit Terminen hätten. Es müsse dabei ebenso zwischen dringlichen und nicht-dringlichen Krankheitsfällen unterschieden werden. Wenn ein dringlicher Krankheitsfall vorliege, so werde der Patient auch schnell einen Termin erhalten. Ein weiteres Thema seiner Ausführungen bezog sich auf die Korruptionsdebatte. Es müsse eine vernünftige Lösung dafür gefunden werden. Er befürworte eine klare Bestrafung für korrupte Ärzte. Doch auch die Ärzteschaft selbst müsse etwas dafür tun, diese „schwarzen Schafe“ zu bekämpfen, die den Ruf der Ärzte beschmutzen. Der Großteil der Ärzte gehe verantwortungsvoll mit ihrer ärztlichen Tätigkeit um und sei hochmotiviert. Der Ärzteschaft müsse es in der Öffentlichkeit gelingen, das Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen und zu demonstrieren, dass der Arztberuf ein verantwortungsvoller Beruf sei. Dies könne durch eine gewisse Transparenz gelingen. Anlässlich der Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Untersuchungen des so genannten Transplantationsskandals war festzustellen, dass die negative Berichterstattung unterbleibt, wenn sehr hohe Transparenz keinen Raum für Skandalmeldungen bietet.
Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery sprach anschließend den Ärztemangel an. Ballungsgebiete haben eher weniger mit diesem Problem zu kämpfen. Jedoch in Flächenländern, wie in Sachsen-Anhalt, trete diese Problematik deutlich zu Tage. Der Ärztenachwuchs bleibe nicht im Land und wandere aus. Finanzielle Anreize liefern keinen Motivationsgrund für junge Ärzte, um im Land zu bleiben. Es sollten richtige Anreize, wie ausreichend Praxisräume oder Betreuungsplätze für die Kinder, geschaffen werden. Die Abschaffung der Residenzpflicht sei beispielsweise dafür ein richtiger und wichtiger Schritt.
In seinen abschließenden Bemerkungen sagte er die volle Unterstützung seitens der Bundesärztekammer für den Erhalt der medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu. Es sei absurd, Studienplätze in einem Bundesland zu reduzieren, das von dem Ärztemangel stark betroffen sei und in dem eher mehr Menschen Medizin studieren sollten.
In der anschließenden Diskussionsrunde stellte er sich den kritischen und interessierenden Fragen und Anmerkungen der Mitglieder der Kammerversammlung. Dabei wurden u.a. der Ärztemangel, eine mögliche Institutionalisierung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin, die Abgabe der „Pille danach“ und die Nachjustierung des DRG-Systems diskutiert.
Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery beantwortete der ärztliche Geschäftsführer der Ärztekammer, Dr. Rüdiger Schöning, den Antrag von Frau Dr. Anna-Elisabeth Hintzsche (niedergelassene Allgemeinmedizinerin aus Halle/Saale) auf der 5. Sitzung der Kammerversammlung am 17. April 2013 hinsichtlich einer Möglichkeit, die Institutionalisierung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin im Rahmen eines Pilotprojektes zu fördern. Unter den jetzigen gesetzlichen Rahmenbedingungen können weder die Ärztekammer selbst noch die KOSTA, die Arbeitgeberfunktion übernehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen, wie z.B. die Reformierung der Fördermittelvergabe sowie die Erfüllung der arbeits- und weiterbildungsrechtlichen Voraussetzungen, scheint die Konstruktion eines Institutes mit Arbeitgeberfunktion durch Dritte denkbar. Beispielhaft wurde erörtert, dass für 150 Weiterbildungsstellen etwa ein Finanzierungsvolumen von etwa 12 Millionen Euro benötigt wird, welches sich auf knapp 8 Millionen verringern würde, falls das Institut berechtigt wäre, Fördermittel abzurufen.
Die Vorsitzende des Beirates der Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung, Dr. Barbara Knittel, erläuterte die Neufassung der Fortbildungsordnung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt. Die vorgesehenen Änderungen fanden die Zustimmung der Kammerversammlung. Diskutiert wurden unter den Mitgliedern der Kammerversammlung die Begrifflichkeit des Sponsorings und die Transparenz von Sponsoring in Fortbildungsveranstaltungen. Mehrheitliche Zustimmung fand, dass die Problematik von gesponserten Fortbildungsveranstaltungen jeweils kritisch zu prüfen sei, momentan aber ein vollständiger Verzicht noch nicht umsetzbar erscheine.
Als Nachfolgerin des verstorbenen Mitgliedes der Kammerversammlung, Dr. Dieter Hoffmeyer, wurde Frau PD Dr. med. habil. Christine Schneemilch als Ersatzdelegierte für den Deutschen Ärztetag gewählt.
Der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt, Dr. Walter Kudernatsch, der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt sowie Mitglied des Vorstandes der Ärztekammer, Dr. Jörg Böhme, und der Versicherungsmathematiker des Verwaltungsausschusses, Prof. Dr. Klaus Heubeck, berichteten ausführlich über den Verlauf des Geschäftsjahres 2012. Durch die engagierte Arbeit der Geschäftsführung und der Gremien des Versorgungswerkes konnte neben der Feststellung eines positiven Jahresergebnisses, die Erhöhung der Anwartschaften und der laufenden Renten beschlossen werden. Zudem wurden auch Änderungen der Satzung des Versorgungswerkes beschlossen.
Dr. Peter Wolf, Mitglied des Vorstands der Ärztekammer und Vorsitzender des Finanz- und Beitragsausschusses, sowie Frau Dipl.-Ing.-Ök. Gisela Schmidt, kaufmännische Geschäftsführerin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, berichteten über die Finanzangelegenheiten der Ärztekammer. Nach ausführlichen Erläuterungen zu vorliegenden Beschlussvorlagen wurden der Jahresabschluss des Jahres 2012 und der Haushaltsplan 2014 beschlossen. Die Kammerversammlung stimmte zudem der Neufassung der Honorar- und Entschädigungsregelung für Fortbildungsveranstaltungen der Ärztekammer und der Entschädigung für den Präsidenten/für die Präsidentin gem. § 16 Absatz 2 der Hauptsatzung zu.
Frau Dipl.-Med. Dörte Meisel führte den Bericht über den Aufsichtsausschuss des Sozialwerkes aus.
Die Frühjahrskammerversammlung (7. Sitzung in der VI. Wahlperiode) findet am 26. April 2014 in Dessau statt. Tagungsort wird das Radisson Blu Fürst Leopold Hotel Dessau sein.