Am 14. Januar fand der Neujahrsempfang der Heilberufe Sachsen-Anhalt mit der traditionell vorgelagerten Pressekonferenz im Haus der Heilberufe statt. In diesem Jahr richteten die Zahnärztekammer, vertreten durch ihren Präsidenten, Dr. Frank Dreihaupt, und die Kassenzahnärztliche Vereinigung, vertreten durch ihren Vorsitzenden, Dipl.-Stomat. Dieter Hanisch, diese Veranstaltung aus.
Dem Pressegespräch waren zudem unsere Präsidentin, Dr. Simone Heinemann-Meerz, und der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KVSA), Dr. Burkhard John, zugegen. Der Präsident der Apothekerkammer, Dr. Andreas Münch, der 1. stellvertretende Vorsitzende des Landesapothekerverbandes, Thomas Rößler, die Präsidentin der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer, Andrea Mrazek, und der Präsident der Tierärztekammer Sachsen-Anhalt,
Dr. Stefan Krippner, waren weitere Teilnehmer dieses Gesprächs.
Die Vertreter der Heilberufe informierten die anwesenden Journalisten zunächst über die aktuellen Probleme ihres Berufsstandes und beantworteten anschließend die Fragen der Journalisten.
Anlässlich dieser Veranstaltung wurde eine gemeinsame Pressemitteilung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker unter dem Titel „Messlatte für Prävention: Gesundheit und Lebensqualität“ veröffentlicht.
Die Presseerklärung können Sie hier abrufen:
www.t1p.de/neujahrsempfang2015Von dieser Thematik ausgehend, betonte Dr. Frank Dreihaupt, dass Sachsen-Anhalt deutschlandweit eine Vorreiterrolle bei der zahnärztlichen Behandlung in Alten- und Pflegeheimen einnehme. Demzufolge haben laut der Kassenzahnärztlichen Vereinigung seit April des vergangenen Jahres 185 von rund 460 Heimen sogenannte Behandlungsverträge mit Zahnärzten abgeschlossen. Bei einem Vergleich mit den Vereinbarungen im gesamten Bundesgebiet zeige sich, dass Sachsen-Anhalt mit 20 Prozent den Spitzenplatz behaupte. Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sei es eine deutliche Erleichterung, dass die Zahnmediziner direkt zu ihnen in die Heime kämen.
Auch für die Ärzteschaft sei „Vorsorgen besser als heilen“. Dr. Simone Heinemann-Meerz sieht es als positiv und vernünftig an, dass die Politik durch das neue Präventionsgesetz mehr für die Prävention leisten möchte und diese dadurch eine gewichtigere Rolle bekomme. Prävention sei wichtig und lange Zeit vernachlässigt worden. Wir stehen nun bei diesen Patienten, die unter die Sekundärprävention fallen, wie Übergewichtige, Raucher und Menschen mit Bewegungsmangel, vor einer großen Herausforderung. Wenn Mediziner hier wirksam helfen sollen, sei dies eine anspruchsvolle und zeitintensive Aufgabe. Dies dürfe vom Gesetzgeber nicht vernachlässigt werden. Zudem müsse eine gute Evaluierung der Präventionsmaßnahmen stattfinden, um die sekundäre Prävention funktionstüchtig zu machen und das effektive Einsetzen der Mittel zu verbessern. Ein weiterer Schwerpunkt in ihrem Statement waren die Fachsprachenprüfungen für ausländische Ärzte. Die Ärztekammer habe vom Ministerium für Arbeit und Soziales den Auftrag übertragen bekommen, ab dem 01. Januar 2015 die erforderliche Fachsprachenprüfung für Ärzte durchzuführen. Es müssen Kenntnisse vorhanden sein, die für eine umfassende ärztliche Tätigkeit erforderlich sind. Die Prüfungen finden im Lernzentrum (SkillsLab) Dorothea Erxleben der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität statt. „Dies wird zukünftig für mehr Patientensicherheit sorgen und ist so auch ein Beitrag zur Prävention“, so die Präsidentin Heinemann-Meerz.
Dr. Burkhard John bezweifelte in seinen Ausführungen den Sinn der geplanten Terminservicestellen sowie den Praxisaufkauf in überversorgten Gebieten. Durch die geringe Arztdichte und dadurch, dass die Ärzte im Schnitt 25% mehr Patienten als im Bundesdurchschnitt behandeln, sehe er keinen Spielraum für den Aufkauf von Praxen und keine Überversorgung. Bei der Einrichtung der Terminservicestellen kritisierte er, dass dies nur durch hohen bürokratischen Aufwand zu leisten sei und keine neuen Kapazitäten schaffe.In seinem Grußwort auf dem Neujahrsempfang betonte der Minister für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt, Norbert Bischoff, zunächst die Relevanz des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient, das bedeutend für deren Beziehung sei. Ihm sei es wichtig, dass die politische Selbstverwaltung und die Vertretungen der Ärzteschaft ein gutes Verhältnis pflegen, denn die Politik sei auch auf Verbündete angewiesen. Durch die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt sei es vorteilhaft, Projekte, wie z. B. das Präventionsgesetz, auf den Weg zu bringen, um dieser Entwicklung etwas entgegen zu bringen.
Des Weiteren bedauerte er, dass es nicht gelungen sei, eine Erhöhung der finanziellen Mittel für die ambulante Versorgung entsprechend der nachgewiesenen hohen Morbidität der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt zu erwirken. Die Schwierigkeit bestehe bzgl. der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung zusätzlich darin, eine Gemeinsamkeit unter den Bundesländern zu erreichen.
Die Heilberufler und die geladenen Gäste durften sich abschließend über einen Festvortrag von Prof. Dr. Giovanni Maio, freuen. Der Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg warnte davor, dass durch eine verstärkte Ökonomisierung der modernen Medizin die Heilberufe immer mehr ihre genuin soziale Identität (dem Menschen in seiner Not zu helfen) verlieren und sich zu Dienstleistungsunternehmen entwickeln. Die Sorge um den Kranken werde verstärkt als Dienstleistung und der Patient als Kunde gesehen. Jedoch gerade das Vertrauensbündnis zwischen Arzt und Patient müsse bewahrt und gefördert werden.
Prof. Maio gab zu bedenken, dass durch die Ökonomisierung diese Beziehungsqualität abgeschwächt und sich nur noch auf das rein Handwerkliche konzentriert werde. Jedoch sei hier die Komplexitätsbewältigungs-Kompetenz zentral, d. h. Ärzte müssen in Zusammenhängen denken. Ärzte sollen belohnt werden, wenn sie diese Kompetenz besitzen. Im bestehenden System werden jedoch die Ärzte belohnt, die die Abkürzung nehmen und etwas machen und nicht ggf. von etwas abraten. Durch die DRG stehe nicht mehr das Wohl des Patienten im Vordergrund, sondern viel mehr die Zahlen. Seinen Vortrag schloss er mit den Worten ab, dass die Leistung der Heilberufe darin bestehe, Verantwortung zu übernehmen und eine singuläre Antwort auf die Not des Patienten zu finden.