Blick ins Plenum der Herbstsitzung der Kammerversammlung
Blick ins Plenum der Herbstsitzung der Kammerversammlung

Zur diesjährigen Herbstsitzung der Kammerversammlung, zu der die Delegierten am 19. November 2022 im Haus der Heilberufe in Magdeburg zusammenkamen, standen wieder aktuelle und drängende Themen auf der Tagesordnung.

Aktuelle gesundheitspolitische Ansprache des Präsidenten: Gesundheitsversorgung im Stressmodus

Zu Beginn ließ der Präsident der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Professor Uwe Ebmeyer, in seiner gesundheitspolitischen Ansprache die Anfänge und den Verlauf der Corona-Pandemie noch einmal Revue passieren. Er merkte an, dass die Krankenhäuser und auch viele Praxen unter Personalausfällen leiden, da viele der Pflegekräfte sich in dieser Zeit eine alternative Beschäftigung gesucht oder ihre Arbeitszeit reduziert haben. Der Kammerpräsident unterstrich die Bedeutung des Kleeblatt-Systems in der Pandemie. Aktuell fungiert dieser Mechanismus, um die Behandlung von Kriegsverletzten aus der Ukraine zu koordinieren. Viele dieser Patientinnen und Patienten benötigen nach der Krankenhausbehandlung einen langen Rehabilitationsprozess, der aber erst seit kurzem abgesichert ist.

Der Kammerpräsident äußerte sich zur aktuellen Gesundheitspolitik
Der Kammerpräsident äußerte sich zur aktuellen Gesundheitspolitik

Ein weiterer Punkt, den Prof. Ebmeyer in seiner Rede bedachte, ist die wirtschaftliche Lage, in die viele Gesundheitseinrichtungen unverschuldet geraten. Schätzungsweise 60 % der Krankenhäuser schreiben aktuell rote Zahlen und ein Teil dieser Häuser befindet sich bereits in einer sehr bedrohlichen wirtschaftlichen Lage – verursacht durch Ein-nahmeverluste, die Pandemie, gravierenden Personalmangel oder die enorme Kostenentwicklung. Bei der in Aussicht gestellten milliardenschweren Unterstützung im Rahmen einer speziellen Härtefallregelung fehle es allerdings noch an Kontur, kritisierte der Kammerpräsident. Dabei ist weder geklärt, wann und wie es diese Hilfe geben wird, noch ob solche auch für den ambulanten Bereich vorgesehen ist.

„Trotz steigender Nebenkosten gibt es keine Anpassungen der DRG, des EBM und anderer Vergütungsstrukturen – ganz zu schweigen von einem Abschluss der GOÄ-Reform.“

Aber auch die gestörten Lieferketten für Medikamente, medizinische Verbrauchsmaterialien und Medizin-Technik, fehlendes Personal und gleichzeitig steigende Personalvorgaben, ein Durcheinander bei der Bezeichnungen der medizinischen Fachberufe sowie fehlende Gelder der Krankenkassen bei zunehmender Kostenexplosion bestimmen den derzeitigen Alltag.

„Gesellschaft und Politik haben sich darauf verständigt, dass das Gesundheitssystem das Rückgrat der Pandemiebewältigung sein soll. Statt dieses Rückgrat wirtschaftlich zu stärken und die erbrachten Leistungen gesellschaftlich zu würdigen, kommt nun auch noch der große Rotstift.“

Unter diesem Aspekt thematisierte der Präsident auch, dass die vor drei Jahren mit dem Ziel, ein schnelleres Behandlungsangebot für neue Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, eingeführte Neupatientenregelung zum 01.01.2023 abgeschafft wird. Er gab zu bedenken, dass dieses Vorgehen die Vermittlung neuer Patienten erheblich erschwert und auch zum Bumerang für Kliniken und den Rettungsdienst werden könne.

In seiner Ansprache ging der Präsident darüber hinaus auch auf die Ambulantisierungspläne des BMG ein. Als Ergebnis des IGIS-Gutachtens, sollen die im OP-Katalog verankerten ambulanten OPS-Leistungen um fast 90 % erhöht werden. Das sollte kritisch hinterfragt werden. Mit der Reduktion der Krankenhausübernachtungen soll auch eine Entlastung des Pflegepersonals erfolgen. Es ist vorgesehen, dass in einem zweiten Reformschritt auch eine stärkere Einbindung der Vertragsärzte erfolgen soll.

Der Präsident wies darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber mit Einführung des § 64d SGB V in jedem Bundesland mindestens ein Modellvorhaben nach § 63 zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegefachkräfte mit einer Zusatzqualifikation etablieren will. Nach steigender Akademisierung von Gesundheitsberufen folgt nun die Substitution ärztlicher Leistungen. Dazu startet im Landkreis Mansfeld Südharz ein Modellprojekt, bei dem Pflegekräfte in zwei Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden, um selbstständig Patienten mit einem Diabetes Typ 2 und chronischen Wunden zu behandeln, ohne dass hierbei die behandelnden Ärzte einbezogen werden.

Abschließend wandte er sich mit positiven Nachrichten an die Anwesenden und gab bekannt, dass der Spendenaufruf für das Aufforstungsprojekt im Harz 13.000 € generieren konnte, die die Ärztinnen und Ärzte des Bundeslandes spendeten und er dankte allen, die dieses Projekt mit unterstützt haben.


Entschließungen

Als Ergebnis der Ansprache zur aktuellen berufspolitischen Lage und der daraus resultierenden Diskussion wurden zwei Entschließungen von der Kammerversammlung verabschiedet.

Mit Besorgnis erörtert wurde die aktuell vorherrschende medizinische Lage in Hinblick auf die Kostenentwicklung in ambulanten und stationären Einrichtungen sowie im öffentlichen Gesundheitswesen. Auch der Fachkräftemangel wurde in diesem Zusammenhang diskutiert, dem mit einer Ausbildungsoffensive begegnet werden müsse. Ebenso müsse man auch die Anzahl der Medizinstudienplätze erhöhen und bei der Vergabe der Plätze die Landeskinder bedenken – so könne auch die Verbleibensquote in Sachsen-Anhalt gesteigert werden. Daraus resultierte die Forderung, die Gesundheitsversorgung in Sachsen-Anhalt sicherzustellen.

Zu der entsprechenden Entschließung wurde eine Presse-mitteilung herausgegeben, die den Entschließungstext wie-dergibt. Diese finden Sie auf unserer Webseite www.aeksa.de.

Das Modellprojekt nach § 64d SGB V wurde zu einem zentralen Thema in der Diskussion. Die Herangehensweise und Umsetzung des Projektes sorgten bei den Anwesenden für Skepsis. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt sieht keine Notwendigkeit, medizinische Fachberufe zur unabhängigen Ausübung der Heilkunde zu ermächtigen. Rücksprachen und Abstimmungen sollten unter Einbezug der hausärztlichen Betreuung erfolgen, da hier die gesamten Krankengeschichten der Patienten vorliegen. Daraus resultierend forderte die Ärztekammer Sachsen-Anhalt in einer weiteren Entschließung, dass nach Abschluss des Projektes eine genaue und detaillierte Evaluation des Projektes zusammen mit den Ärztinnen und Ärzten erfolgen muss.

Andreas Wolter
Andreas Wolter


Klinisches Krebsregister Sachsen-Anhalt gGmbH

Andreas Wolter, einer der beiden Geschäftsführer des KKR, berichtete über den Sachstand beim Klinischen Krebsregister. Dabei erläuterte er auch, wie die Digitalisierung der Meldungen zu einer Zeitersparnis und die einheitliche Aufnahme der Meldungen zur Arbeitserleichterung führen. Die Digitalisierung wird in Zusammenarbeit mit Thüringen durchgeführt.


Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt präsentiert Geschäftsbericht

Dr. Ulrich Kuminek, Vorsitzender des Vorstandes der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt, präsentierte im Rahmen der Sitzung den Geschäftsbericht der Ärzteversorgung.

Verabschiedung von Cornelia Michallok durch Dr. Ulrich Kuminek
Verabschiedung von Cornelia Michallok durch Dr. Ulrich Kuminek

Einleitend gab er bekannt, dass Herr Andreas Körner die Ärzteversorgung verlassen wird, die Stelle aber durch interne Umstrukturierungen besetzt werden wird. Die Verabschiedung von Frau Michallok, die ab 01. Mai 2023 in den Ruhestand geht und als Ansprechpartnerin zum Thema Ärzteversorgung agiert, nahm er zum Anlass, um sich bei ihr für die geleistete Arbeit der vergangenen Jahre zu bedanken.

Dr. Kuminek informierte über die derzeitigen Rahmenbedingungen und die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung. Er gab einen Überblick über die Mitgliederzahl und betrachtete die Rentenentwicklung. Er empfahl eine Erhöhung der Anwartschaft und der laufenden Rendite ab dem 01.01.2023 um 1 %. In seinen weiteren Ausführungen informierte er über die Etablierung einer Nachhaltigkeitsstrategie, die ein Augenmerk auf Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit legt. Diese Strategie befindet sich noch im Aufbau.

Anschließend berichtete der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr Dr. Jörg Böhme, von dessen Tätigkeit im vergangenen Jahr und von die Ärzteversorgung aktuell betreffenden Themen.

Abgerundet wurde der Tagesordnungspunkt durch Berichte von Peter Sieghan, Bereichsleitung Rechnungswesen, über die gegenwärtigen Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten, die für das Versorgungswerk wichtig sind. Er ging auf geopolitische Herausforderungen ein, thematisierte die gegenwärtige Inflation und die steigenden Zinsen der Zentralbank. Im Anschluss fasste die Kammerversammlung die vorgeschlagenen Beschlüsse zur Feststellung des Jahresabschlusses, der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, der Festsetzung des Rentenbemessungsbeitrages auf 95,74 € sowie der Leistungsanpassung zum 01.01.23 um 1 % Erhöhung. Beschlossen wurde ebenfalls die Satzungsänderung zum Sterbedatenabgleich.


Finanzangelegenheiten

Dr. Christine Schneemilch stellte den Haushaltsplan für 2023 vor
Dr. Christine Schneemilch stellte den Haushaltsplan für 2023 vor

Nach dem Bericht der Vorsitzenden des Finanzausschusses, Frau Dr. Christine Schneemilch, beschloss die Kammerversammlung zum Jahresabschluss 2021, dem Vorstand und der Geschäftsführung die Entlastung zu erteilen.

Um den Entwicklungen und Erfordernissen des aktuellen Marktes zu entsprechen, wurde eine Neukalkulation der Fortbildungsveranstaltungen beschlossen. Weiterhin wurde der bis dato praktizierte Unterschied zwischen akademischen und nichtakademischen Referenten aufgehoben, der sich auf die Vergütung auswirkte. Die Kammerversammlung bestätigte die Kostenanpassung.

Frau Dr. Schneemilch stellte den Haushaltsplan für das kommende Jahr 2023 vor und erläuterte die Zusammensetzung der einzelnen Einnahmen und Ausgaben. Resultierend wurde ein ausgewogener Haushaltsplan durch die Kammerversammlung bestätigt.

Einem weiteren Bericht von Frau Dr. Schneemilch folgend, wurde auch dem vorgelegten Haushaltsplan 2023 zugestimmt.


Nachberufung in den Ausschuss Innovation, Technologie und Digitalisierung

Jens Schwalenberg und Dr. Rasmus Sennewald wurden in den Ausschuss Innovation, Technologie und Digitalisierung der VIII. Wahlperiode (2021 – 2026) nachberufen. Herr Dr. Robin John wird zunächst als Gasthörer den Ausschuss begleiten.


Ärztliche Weiterbildung

Für die Evaluierung der Ärztlichen Weiterbildung soll geprüft werden, ob zukünftig der Evaluierungsbogen der Bundesärztekammer genutzt werden könnte. Ein Austausch zu diesem Thema fand bereits zwischen dem Weiterbildungsausschuss und dem Ausschuss „Junge Ärzte“ statt.

Weiterführende Anpassungen der Musterweiterbildungsordnung werden geprüft. Eine weitere Auswertung wird es zur kommenden Frühjahrssitzung der Kammerversammlung geben.


Berufsbildungsausschuss

Henrik Straub gab einen Einblick in den Berufsbildungsausschuss
Henrik Straub gab einen Einblick in den Berufsbildungsausschuss

Abschließend ergriff Herr Henrik Straub das Wort und gab einen Einblick in den Berufsbildungsausschuss, der im kommenden Jahr neu berufen wird. Er nutzte die Gelegenheit, um aktive und engagierte Ärztinnen und Ärzte zur Mitarbeit im Ausschuss aufzurufen. Sollten sich Ärztinnen und Ärzte für das Mitwirken in der kommenden Legislaturperiode interessieren, können sie sich sehr gerne an Frau Maxi Müller, Büroleitung des Präsidenten, wenden, die dann die Koordination übernehmen wird.

Er wies in diesem Zusammenhang auch auf den gestiegenen Bedarf an ausgebildeten Medizinischen Fachangestellten hin und auf fehlende Praxen, die sie ausbilden. Zudem müsse man darauf achten, dass auch die Vergütung attraktiv gestaltet wird.

Die kommende Frühjahrssitzung der Kammerversammlung findet am 21. und 22. April 2023 statt.

Sandra Sambleben
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Fotos: ÄKSA