In der heutigen Ausgabe des Ärzteblattes setzen wir unsere Vorstellung der Normen zur ärztlichen Unabhängigkeit mit der Darstellung des § 33 BO fort. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
§ 33 Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit
Soweit Ärzte Leistungen für die Hersteller von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder die Erbringer von Heilmittelversorgung erbringen (z. B. bei Anwendungsbeobachtungen), muss die hierfür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen. Die Verträge über die Zusammenarbeit sind schriftlich abzuschließen und sollen der Ärztekammer vorgelegt werden.“
Damit regelt § 33 BO die vertragliche Zusammenarbeit von Ärzten mit Herstellern von Arznei, Heil- und Hilfsmittel oder medizinisch-technischen Geräten. Tatsächlich hatte die Staatsanwaltschaft vermehrt die Beziehungen zwischen Herstellern von Arzneimitteln und Medizinprodukten und niedergelassenen Ärzten in den Fokus ihrer staatsanwaltschaftlichen Aufmerksamkeit gerückt. So war u. a. die Gewährung von versteckten Rabatten durch Honorierung von „unechten“ Anwendungsbeobachtungen Gegenstand strafrechtlicher Verfahren geworden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes darüber, dass Vertragsärzte nicht als Sachwalter der Krankenkassen tätig werden, so dass eine entsprechende Strafbarkeit nach § 299 Strafgesetzbuch entfällt, beendete zwar diese Verfahren mangels Strafbarkeit. Die Ärztekammern haben aber die Ermittlungsakten zur Prüfung der berufsrechtlichen Aspekte der ermittelten Kooperationen erhalten.
§ 33 BO regelt die Voraussetzungen, unter denen die Kooperationen von Ärzten und Pharmaindustrie zulässig sind. Einer solchen Kooperation liegt die Vorstellung zu Grunde, dass der Arzt im Rahmen einer vertraglichen Austauschbeziehung eine fachliche oder wissenschaftliche Leistung für ein Pharmaunternehmen erbringt, für die er entsprechend vergütet wird. Soweit diese Vergütung dem Aufwand der erbrachten ärztlichen Leistung entspricht (auch als Äquivalenzprinzip bezeichnet), ist gegen eine solche Vereinbarung nichts einzuwenden. Gerät dieses dagegen ins Ungleichgewicht, indem die Bezahlung weit über die ärztlicherseits erbrachte Leistung geht, ist die der Zahlung zugrunde liegende Vereinbarung gemäß § 33 BO berufsrechtswidrig. Eine berufswidrige Vereinbarung ist in der Regel gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig mit der Folge, dass ein durchsetzbarer Anspruch auf Erhalt der Vergütung dann nicht mehr besteht.
Ob Leistungen und Gegenleistungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, also das Äquivalenzprinzip beachtet wurde, beurteilt sich u. a. danach, ob die finanzielle Entschädigung im Verhältnis zu dem Zeitaufwand und zu dem Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung angemessen ist. Auch weitere Kriterien, wie individuelle Kompetenz können bei der Feststellung ins Gewicht fallen, ob sich Leistungen und Gegenleistungen entsprechen (vgl. „Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten“, Hinweise und Erläuterungen zu § 33 (Muster-)Berufsordnung beschlossen von den Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer am 12.08.2003).
In der Vergangenheit wurden Vertragsgestaltungen dazu genutzt, einseitige Zuwendungen zu verdecken oder das Verbot der einseitigen Zuwendung zu umgehen. Beispielhaft sei genannt, dass für ärztliche Dokumentationen im Rahmen von Anwendungsbeobachtungen „Aufwandsentschädigungen“ gezahlt wurden, die weit über den Sätzen der GOÄ lagen und damit nicht mehr im Verhältnis zum Aufwand der ärztlichen Leistung angemessen waren.
Auch die Honorierung von „wertlosen“ Leistungen stellt eine Umgehung des einseitigen Zuwendungsverbotes dar.
Dient der Vertrag dazu, eine Arzneimittelverordnung (Wechsel des Präparates) ohne medizinische Veranlassung herbeizuführen, wäre dies ebenfalls als Verstoß gegen die Berufsordnung zu werten.
Bei der Übernahme von Referententätigkeit im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen ist das Äquivalenzprinzip im Sinne des § 33 BO ebenso zu beachten, wenn die Honorierung z. B. durch ein pharmazeutisches Unternehmen erfolgt.
Um dem Dokumentation- und dem Transparenzgrundsatz zu genügen, normiert § 33 BO abschließend, dass alle Verträge über die Zusammenarbeit schriftlich abzuschließen sind und der Ärztekammer vorgelegt werden sollen.
Der Regelungsinhalt des § 33 BO trägt damit dem Grundgedanken Rechnung, dass Kooperationen zwischen Ärzten und der Industrie notwendig und wünschenswert sein können. Auf der anderen Seite muss aber jede Kooperation so gestaltet sein, dass die Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit und das Patientenwohl gesichert sind.
Ass. jur. Annett Montes de Oca