Braucht das Land mehr Studierende?

Thomas Dörrer
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Schaut man sich die Statistiken zur Ärzteversorgung an, muss man feststellen, dass wir noch nie so viele Ärztinnen und Ärzte hatten wie im Moment. Und doch reden wir ständig vom Ärztemangel – in nahezu allen Bereichen. Wie geht das zusammen?

Die Gründe hierfür sind sehr vielschichtig. Zum einen sind es medizinische Gründe. Unsere Medizin wird zunehmend spezialisiert. Das führt dazu, dass natürlich mehr Man- und Womanpower erforderlich ist. Während es bis vor einigen Jahren zum Beispiel den Allgemeinchirurgen gab, der nahezu alles chirurgisch versorgt hat, gibt es jetzt Chirurgen für Bauch, Brust, Gefäße, Hand, Unfall usw. Aber ist das eine falsche oder schlechte Entwicklung? Ich meine nein. Mit immer speziellerem Wissen, Können und Techniken geht die ärztliche Spezialisierung nun mal einher. Und je spezialisierter die Medizin wird, umso wichtiger werden Generalisten, die den Überblick nicht verlieren und die Fäden zusammenhalten. Dies kann dem Patienten nicht überlassen werden. Hierzu bedarf es Objektivität, übrigens auch, wenn wir Ärzte zu Patienten werden. Auf der anderen Seite sehen wir eine Generation an jungen Medizinern und Medizinerinnen, bei denen die Bereitschaft, mehr als das übliche Maß an Zeit oder Energie in ihren Job zu investieren, sinkt. Wo Freizeit, Familienzeit und Ruhezeit einen wesentlich höheren Stellenwert besitzen, als das bei unseren Vorgängern der Fall war. Und ist das zu kritisieren? Ich meine auch hier nein. Dazu kommen dann noch gesetzliche Vorgaben des Arbeitnehmerschutzes, die selbstverständlich auch für angestellte Ärzte gelten, ambulant wie stationär.

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„Milliardengrab“ elektronische Gesundheitskarte

Dr. med. Gunther Gosch
Dr. med. Gunther Gosch
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Der Präsident der Bundesärztekammer hält das vor fast 15 Jahren ersonnene System der elektronischen Gesundheitskarte für völlig veraltet und fordert einen Neubeginn. Der Bundesgesundheitsminister hält die Karte – einzulesen ausschließlich an Kartenlesegeräten von Desktop-Rechnern in Praxen – für nicht mehr zeitgemäß und fordert alternative, zumindest jedoch ergänzende Zugangsmöglichkeiten. Die Bundeskanzlerin redet einer konsequenten Digitalisierung der Verwaltung auch im Gesundheitswesen das Wort und fordert, neue und weit über den bisherigen Leistungsumfang der eGK hinausgehende digitale Gesundheitslösungen mit einem geplanten zentralen Bürgerportal zu koordinieren. Die Delegierten des 121. Deutschen Ärztetages in Erfurt fordern per Entschließung den Stopp der Anbindung der Praxen an die längst überholte Telematikinfrastruktur (TI), die momentan kaum mehr als den Abgleich von Versichertendaten zu leisten in der Lage ist. Funktionen wie elektronische Patientenakte und Medikationsplan oder ein Notfalldatensatz sind nicht ansatzweise realisiert.

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Geht ein Arzt zum Arzt …

Dipl.-Med. H. Thurow
Dipl.-Med. H. Thurow
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Ja, so könnte ein Scherz beginnen. Aber geht ein Arzt tatsächlich regelmäßig zum Arzt? Achten wir Ärzte in genügendem Maße auf unsere Gesundheit, so wie wir es unseren Patienten tagtäglich raten? Ich bin aufmerksam und nachdenklich geworden, nachdem ich einen neuen Passus des aktuellen, überarbeiteten ärztlichen Gelöbnisses gelesen habe.

Auf dem Kongress des Weltärztebundes im Oktober 2017 in Chicago wurde folgender Satz neu eingefügt: „I will attend to my own health, well-being and abilities in order to provide care oft the highest standard.“ (Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlbefinden und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können).

Es ist also tatsächlich nötig, dass das Achten auf die eigene Gesundheit im ärztlichen Gelöbnis verankert wird? Nach dem, was man dazu in Statistiken und Publikationen finden kann, offensichtlich schon. Es gibt eine kanadische Studie aus dem Jahr 2015. Diese offenbart, dass 40 % der Ärztinnen und Ärzte keine Brustkrebs-, bzw. Prostatavorsorgeuntersuchung haben machen lassen, so wie es empfohlen wird. Umfragen unter Ärzten in Deutschland haben ergeben, dass 90% aller Ärzte sich selbst behandeln, nur 20 % haben einen Hausarzt! Wir sind häufiger depressiv als unsere Patienten, die Suizidrate unter Ärzten ist deutlich höher als im Bevölkerungsdurchschnitt und auch Abhängigkeitserkrankungen sind bei Medizinern häufiger. Sorge für und um die eigene Gesundheit sieht anders aus!

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Quo vadis, Herr Spahn? Der Koalitionsvertrag steht, was bringt er uns Ärzten?

Dr. Simone Heinemann-Meerz
Dr. Simone Heinemann-Meerz Foto: Archiv

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit Mitte März sind die neue Bundesregierung und mit ihr Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Amt. Erste gesundheitspolitische parlamentarische Initiativen werden nicht lange auf sich warten lassen. Zumindest lässt Spahn keinen Zweifel daran erkennen, dass er zügig die gesundheitspolitische Agenda des Koalitionsvertrages abarbeiten und auch darüber hinaus eigene Akzente setzen will.

Das wurde auch bei der ersten Regierungserklärung Spahns vor dem Deutschen Bundestag deutlich. Für uns Ärzte war vor allen Dingen wichtig, dass Spahn nicht an einer Systemdebatte – Stichwort Bürgerversicherung – interessiert ist. Es gehe ihm vielmehr darum, wie ganz konkret Verbesserungen der Versorgung erreicht werden können. Dass er hierbei allerdings ausgerechnet bei den vermeintlich langen Wartezeiten von GKV-Versicherten ansetzen will, ist und bleibt unverständlich. Studien zeigen, dass es sich bei den Wartezeiten oft um ein gefühltes Problem handelt, als um ein reales. Das weiß auch Spahn, und dennoch will er – um den angeblichen Missstand zu beheben – die Mindestsprechstundenzeiten für gesetzlich Versicherte verlängern. Mit dieser Initiative würde er aber lediglich die lange Reihe politisch motivierter Eingriffe in die ärztliche Freiberuflichkeit fortsetzen. Immerhin, Spahn hat auch ein echtes Problem unseres Gesundheitswesens erkannt: Die Unwucht bei der Leistungsvergütung. Ärzte sollen nicht länger bestraft werden, wenn sie viele gesetzlich versicherte Patienten behandeln, so Spahn. Das wäre tatsächlich ein Ziel, für das sich zu kämpfen lohnt.

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Der Koalitionsvertrag von Union und SPD – Fluch oder Segen für die Gesundheitsversorgung?

Prof. Dr. Uwe Ebmeyer
Prof. Dr. Uwe Ebmeyer
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Am 24. September 2017 habe ich – wie viele von Ihnen – meinen Wahlzettel zur Bundestagswahl ausgefüllt. Seitdem ist über ein halbes Jahr vergangen. Nachdem nun Union und SPD den Weg für eine erneute gemeinsame Koalition geebnet haben, lohnt der Blick auf den zugrundeliegenden Koalitionsvertrag. Was bedeutet das Programm für die Gesundheitsversorgung der nächsten Jahre? Obwohl verschiedene gesundheitspolitische Themen aufgegriffen werden, ist der zukünftige Weg nur vage abgesteckt. Dennoch möchte ich eine vorsichtige Wertung wagen.

Zunächst kann man erkennen, dass die von der SPD geforderte Bürgerversicherung (hoffentlich endgültig) vom Tisch ist. Vielmehr heißt es nunmehr, dass ein „modernes Vergütungssystem“ geschaffen werden soll. Was das bedeutet, bleibt solange unklar, bis eine wissenschaftliche Kommission, die auf Vorschlag des Gesundheitsministeriums und im Auftrag der Bundesregierung tätig wird, hierzu bis Ende 2019 Vorschläge vorgelegt hat. Dass das derzeitige Vergütungssystem nicht lediglich einem Verhandlungspoker und dem damit verbundenen Zeitdruck zum Opfer gefallen ist, kann als positives Signal gesehen werden.

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