Quo vadis, Herr Spahn? Der Koalitionsvertrag steht, was bringt er uns Ärzten?

Dr. Simone Heinemann-Meerz
Dr. Simone Heinemann-Meerz Foto: Archiv

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit Mitte März sind die neue Bundesregierung und mit ihr Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Amt. Erste gesundheitspolitische parlamentarische Initiativen werden nicht lange auf sich warten lassen. Zumindest lässt Spahn keinen Zweifel daran erkennen, dass er zügig die gesundheitspolitische Agenda des Koalitionsvertrages abarbeiten und auch darüber hinaus eigene Akzente setzen will.

Das wurde auch bei der ersten Regierungserklärung Spahns vor dem Deutschen Bundestag deutlich. Für uns Ärzte war vor allen Dingen wichtig, dass Spahn nicht an einer Systemdebatte – Stichwort Bürgerversicherung – interessiert ist. Es gehe ihm vielmehr darum, wie ganz konkret Verbesserungen der Versorgung erreicht werden können. Dass er hierbei allerdings ausgerechnet bei den vermeintlich langen Wartezeiten von GKV-Versicherten ansetzen will, ist und bleibt unverständlich. Studien zeigen, dass es sich bei den Wartezeiten oft um ein gefühltes Problem handelt, als um ein reales. Das weiß auch Spahn, und dennoch will er – um den angeblichen Missstand zu beheben – die Mindestsprechstundenzeiten für gesetzlich Versicherte verlängern. Mit dieser Initiative würde er aber lediglich die lange Reihe politisch motivierter Eingriffe in die ärztliche Freiberuflichkeit fortsetzen. Immerhin, Spahn hat auch ein echtes Problem unseres Gesundheitswesens erkannt: Die Unwucht bei der Leistungsvergütung. Ärzte sollen nicht länger bestraft werden, wenn sie viele gesetzlich versicherte Patienten behandeln, so Spahn. Das wäre tatsächlich ein Ziel, für das sich zu kämpfen lohnt.

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Der Koalitionsvertrag von Union und SPD – Fluch oder Segen für die Gesundheitsversorgung?

Prof. Dr. Uwe Ebmeyer
Prof. Dr. Uwe Ebmeyer
Foto: Archiv

Am 24. September 2017 habe ich – wie viele von Ihnen – meinen Wahlzettel zur Bundestagswahl ausgefüllt. Seitdem ist über ein halbes Jahr vergangen. Nachdem nun Union und SPD den Weg für eine erneute gemeinsame Koalition geebnet haben, lohnt der Blick auf den zugrundeliegenden Koalitionsvertrag. Was bedeutet das Programm für die Gesundheitsversorgung der nächsten Jahre? Obwohl verschiedene gesundheitspolitische Themen aufgegriffen werden, ist der zukünftige Weg nur vage abgesteckt. Dennoch möchte ich eine vorsichtige Wertung wagen.

Zunächst kann man erkennen, dass die von der SPD geforderte Bürgerversicherung (hoffentlich endgültig) vom Tisch ist. Vielmehr heißt es nunmehr, dass ein „modernes Vergütungssystem“ geschaffen werden soll. Was das bedeutet, bleibt solange unklar, bis eine wissenschaftliche Kommission, die auf Vorschlag des Gesundheitsministeriums und im Auftrag der Bundesregierung tätig wird, hierzu bis Ende 2019 Vorschläge vorgelegt hat. Dass das derzeitige Vergütungssystem nicht lediglich einem Verhandlungspoker und dem damit verbundenen Zeitdruck zum Opfer gefallen ist, kann als positives Signal gesehen werden.

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Bürgerversicherung und Musterweiterbildungsordnung

Dr. med. Jörg Böhme
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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Leserinnen, liebe Leser,

nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zu einer Jamaikakoalition zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen hat der Sonderparteitag der SPD in Bonn am 21.01.2018 nach kontroverser Diskussion über das Ergebnis der Sondierungsgespräche grünes Licht gegeben, die Verhandlungen mit der CDU und CSU für eine große Koalition aufzunehmen. Die SPD nimmt Kurs auf eine Fortsetzung der großen Koalition. Nur 362 von 642 Delegierten haben dem Eintritt in Koalitionsgespräche mit der CDU/CSU zugestimmt. Die Intention ist eindeutig. Wird nicht an dem Sondierungsergebnis nachgebessert, wird es wohl kaum eine Mehrheit für die große Koalition in der SPD-Basis geben. Nachgebessert werden soll in drei Bereichen. Sie betreffen das Arbeitsrecht, die Flüchtlingspolitik und die Krankenversicherung.

Das Ziel ist der Abbau der Zweiklassenmedizin. Der Bürgerversicherung soll der Weg geebnet werden und damit die private Krankenversicherung in ihrer jetzigen Form abgeschafft werden. Schon heute bekommt jeder Patient die bestmögliche Therapie. Wir haben in Deutschland ein Gesundheitssystem, das mit seinen Leistungen und den Kosten in der Spitzengruppe in der ganzen Welt liegt. Das kann nur heißen, die scheinbar bessere Versorgung Privatversicherter soll fallen bzw. soll nur noch über eine private Zusatzversicherung möglich sein. Auch wenn es dies durch den unterschiedlichen Versichertenstatus tatsächlich gäbe, werden die Patienten niemals überall in Deutschland auf gleich hohem Niveau behandelt werden können.

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Digitalisierung im Gesundheitswesen – auf Sand gebaut?

Dr. med. Thomas Langer

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist in aller Munde. Wer sich dagegen stellt, ist offenbar von gestern und hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Ich persönlich war bis dato ein Fan der Digitalisierung nicht nur im Gesundheitswesen. Die Entwicklungen beispielsweise im Bereich der künstlichen Intelligenz in der Medizin faszinieren mich geradezu. Außerdem habe ich mir stets neue Prozessoren und Motherboards verschafft und halbwegs aktuelle Rechner selbst zusammengebastelt. Auch im medizinischen Bereich konnte ich im engeren Verwandten- und Bekanntenkreis mitunter Tipps und Tricks an den Mann bringen. Mit dem komplizierteren Server-Client-System der eigenen großen Praxis auf Basis von Microsoft Windows mit entprechenden Datenbankstrukturen war ich dann zeitlich und intellektuell doch überfordert. Für einen gelegentlichen Plausch mit dem System­administrator unserer betreuenden IT-Firma fand sich aber hin und wieder etwas Zeit. Er überraschte mich neulich mit einem eher depressiven Gesichtsausdruck und der Bemerkung, dass er nicht wisse, was er uns nach 2020 bzw. dem Auslaufen des Supports für Windows 7, unserem aktuellen System auf den Client-Rechnern, bzw. nach der Ablösung von der Windows-Server-Software-2012 empfehlen solle. Die Nachfolgeprodukte hätten doch einige Eigenheiten, die unserer gegenwärtigen Sicherheitsstruktur diametral entgegenstünden.

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Jahreswechsel: „Weiter so“ oder „Wind of Change“?

Henrik Straub
Henrik Straub

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu. Es war ein ereignisreiches Jahr und wie immer gab es Positives und Negatives zu vermelden.

Das Weihnachtsfest 2016 in Deutschland wurde getrübt durch den furchtbaren Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche mit zwölf Toten.

Auch in der Silvesternacht forderte der Terror 39 Tote im Istanbuler Nachtclub „Reina“, darunter waren auch zwei deutsche Staatsbürger. Wie reagierte die Weltgemeinschaft auf die permanente Bedrohung durch den Terror? Leider nicht nur mit einem Zusammenrücken und Bekundungen der Solidarität. Bedeutende Nationen wie die USA und die Türkei haben Präsidenten gewählt bzw. gestärkt, die selbst in den eignen Ländern tiefe Gräben aufreißen und internationale Entspannungsprozesse unterminieren. Wir in Europa sind weit davon entfernt, anstehende Probleme wie die Flüchtlingskrise im solidarischen Miteinander zu lösen. Nationalistische Staatenlenker in Ungarn und Polen, ein deutlicher politischer Rechtsruck in Österreich, das begonnene Brexit-Verfahren und Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen zeichnen auch in Europa ein erschreckendes Bild der Spaltung und Uneinigkeit. Daher ist hier ein „Weiter so“ nicht angebracht, eine Botschaft, die der Politik vom deutschen Wähler mit dem Ergebnis der Bundestagswahl eindrucksvoll in der ganzen gedanklichen Zerrissenheit der verschiedenen politischen Argumentationen präsentiert wurde. Es bleibt zu hoffen, dass der mit der Wahl eingeleitete „Wind of Change“ kein laues Lüftchen bleibt, intelligente und praktikable Lösungen mit sich bringt und sich die möglichen Koalitionäre nicht im Jamaikanischen Dschungel verirren und den Blick für das Wesentliche verlieren.

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