
Foto: Diakoniewerk Martha-Maria e. V.
Auf dem diesjährigen 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt wurden durch die Delegierten der Ärzteschaft unter anderem auch eine wesentliche Neustrukturierung und eine Neuausrichtung aufgrund der Situation in den Notaufnahmen eingefordert.
Wie stellt sich heutzutage die Realität in den Notaufnahmen der Krankenhäuser dar?
Die Notaufnahmen sind voller Patienten, die über längere Wartezeiten klagen. Das Personal sowohl pflegerisch als auch ärztlich ist überlastet, woraus Unmut und Frustration von Patienten und Personal in den Notaufnahmen entstehen. Auch führen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser viele Vorstellungen wegen banalen Beschwerden nicht zur stationären Aufnahme im Krankenhaus. Patienten suchen die Krankenhausnotaufnahmen an völlig normalen Tagen während der Praxisöffnungszeiten ihrer Hausärzte auf. Laut dem Institut für angewandte Qualitätsförderung und -forschung im Gesundheitswesen (Aqua) über die ambulante Notversorgung haben Notfallmediziner bereits 2014 knapp 8,5 Millionen Fälle in Notaufnahmen ambulant behandelt. Die Tendenz der letzten Jahre zeigt eine stetig zunehmende Anzahl der Behandlungsfälle. Das Gutachten zeigt ebenfalls, dass ein Drittel bis knapp die Hälfte der Notaufnahmepatienten auch in entsprechend guter Qualität von niedergelassenen ärztlichen Kollegen versorgt werden können.
Die Probleme existieren nicht erst seit diesem Jahr und es stellt sich die Frage nach neuen Lösungsansätzen zur Bewältigung der dringend anstehenden Aufgaben zur Versorgung von Notfallpatienten.
Eine Möglichkeit wäre die Erweiterung von ambulanten Portal- und Notfallpraxen an Krankenhäusern, die einen Großteil der Patienten behandeln, die nicht letztlich stationär aufgenommen werden. Hierzu gibt es bereits regional praktizierte Ansätze von gemeinsamer Tätigkeit von Kassen- und Klinikärzten in den Notaufnahmen der Krankenhäuser in unmittelbarer räumlicher Nähe. Unterschiedliche Anschauungen gibt es über die mögliche zeitliche Besetzung dieser Portalnotfallpraxen durch Kassenärzte. Ist hier eine personelle Absicherung über 24 Stunden überhaupt abzusichern und durch die niedergelassenen Ärzte realisierbar? Daneben existieren schon ambulante Notfallzentren, die durch entsprechende Notdienstpraxen der KV abgesichert sind. Die Frage hierbei ist ungeklärt, ob diese reinen KV-Portalpraxen, wie 12 bereits in Berlin bestehen, über eine tatsächlich gute Auslastung verfügen. In verschiedenen Bundesländern gibt es dazu unterschiedliche Erfahrungen und auch Bewertungen.
Das Konzept des gemeinsamen Bundesausschusses GBA für ein abgestuftes System der Notfallversorgung aufgrund definierter Kriterien in der Behandlung von Notfallpatienten mit entsprechenden Vergütungsabschlägen und -zuschlägen ist äußerst kritisch zu sehen. Erfüllen Krankenhäuser nicht bestimmte vom GBA vorgegebene Kriterien, könnte in der Realität in Deutschland ca. 700 kleineren Krankenhäusern die Zulassung zur Behandlung von Notfallpatienten entzogen werden. Offen bleiben dadurch Fragen der Notfallversorgung von Patienten in ländlichen Regionen. Allein politische Entscheidungen helfen hier absolut nicht weiter. Die Politik sollte und muss die in der Notfallversorgung tätigen Ärzte in die Entscheidungsfindung zur Strukturierung einbeziehen.
Maßnahmen, die jetzt schon dringend erforderlich sind, sind eigentlich klar. Die Notaufnahmen brauchen mehr Personal und eine bessere Vernetzung von ambulanten und stationären Sektoren muss organisiert werden. Dies ist nur mit extrabudgetären Finanzierungen der Notaufnahmen möglich. Letztlich besteht auch die Aufgabe einer Erweiterung der Aufklärung der Bevölkerung über die bereits bestehenden unterschiedlichen Stufen möglicher Notfallversorgung bei akuten Erkrankungen.
Dr. med. Uwe Rose
Vorstandsmitglied der Ärztekammer Sachsen-Anhalt