Thomas Dörrer
Thomas Dörrer
Foto: Archiv

Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e. V. (BVMD) startete vor einiger Zeit eine Petition „Für ein faires PJ“. Hier gab es vor allem zwei Kritikpunkte. Zum einen geht es natürlich um die Bezahlung. In Halle bekommt ein Studierender im Praktischen Jahr (PJ) 300 EUR im Monat. Dafür muss er zumindest im stationären Bereich meist in Vollzeit arbeiten. Nun werden mit Sicherheit einige von uns sagen, sie hätten das PJ auch ohne Bezahlung absolviert. Das ging mir nicht anders. Auch muss man sagen, das PJ ist Teil des Studiums, im Gegensatz zu ähnlichen universitären Ausbildungen, wie zum Beispiel bei Juristen oder Lehrern, bei denen das Referendariat zwar Teil der Ausbildung, aber eben nicht des Studiums ist. Hat also ein Studierender Anspruch auf Bezahlung in seiner praktischen Ausbildung? Schließlich hat er ja Anspruch auf BAföG?

Nun ist der Studierende im PJ im stationären Bereich zumindest in den Pflichtfächern, der Inneren Medizin und der Chirurgie zum festen Teil der Belegschaft geworden. Es wird fest mit den Studierenden gerechnet, sie haben ihren geregelten Aufgabenbereich. Blutentnahmen, intravenöse Gaben oder Haken halten im OP – ohne PJler ist das oft kaum zu schaffen. Da bekommt man das Gefühl, dass dies tatsächlich in den Personalschlüssel mit einfließt. Was würde passieren, wenn es mal keinen Studierenden im PJ gäbe? Ich würde mich freuen, wenn tatsächlich mal jede Ausbildungsstätte sich selbst hinterfragt, ob sie denn auch ohne Studierenden im PJ ihre Arbeit auf Dauer schaffen würde!

In meinen Augen muss man tatsächlich mal überlegen, ob es noch zeitgemäß ist, junge, gut ausgebildete Menschen, die fest im Arbeitsalltag integriert sind, nicht bzw. mit 300 EUR zu vergüten! Ist es nicht auch eine Frage der Wertschätzung der wichtigen Arbeit des Studierenden? Wo das Geld herkommen soll, ist natürlich noch eine ganz andere Frage.

Der zweite Kritikpunkt trifft mich als Arzt viel schlimmer! So beklagen die Studierenden im PJ eine schlechte Ausbildung! Es werden natürlich Seminare angeboten, die Evaluation dieser ist jedoch teilweise erschreckend! Ist Quantität wieder mal wichtiger als Qualität? Woran liegt das? Sollte nicht unser aller Anspruch eine gute Nachwuchsförderung, eine gute Ausbildung sein? Schließlich führt das zu einer guten Ärzteschaft! Die Realität sieht da wohl oft anders aus. Die studentische Ausbildung ist oft eine Zusatzaufgabe im engen Zeitfenster der Ärzte, da die Arbeit des Seminarleiters meist auch noch liegen bleibt, ist die Motivation eher gering. Dies ist absolut kontraproduktiv! Insbesondere in diesem Punkt sollten sich die Ausbildungsstätten hinterfragen, in welcher Priorität die studentische Ausbildung steht! Meine lieben Kollegen, Studierende gehen nach dem Studium dort in die Weiterbildung, wo sie sich in der Ausbildung gut aufgehoben gefühlt haben! Das PJ so stiefmütterlich zu behandeln ist eine vertane Chance, ärztlichen Nachwuchs an sich zu binden. In einer Zeit, in der jede Fachrichtung Nachwuchs braucht, ist das nachlässig.

Schaut man sich die Evaluationen und Berichte genau an, kann man ein Fazit ziehen: Im Wahlfach, in universitätsferneren Einrichtungen und im ambulanten Bereich schneiden die Ausbildungsstätten deutlich besser ab. Wieso ist das so? Im ambulanten Bereich ist das nachvollziehbar, liegt hier doch meist eine 1:1 Betreuung vor. Wieso geht sowas Ähnliches nicht auch im stationären Bereich? Wie kommt es, dass auch im stationären Wahlfach die Ausbildung besser zu klappen scheint? Fragen, auf die es Antworten geben muss. Denn eines ist sicher, die heranwachsende Ärztegeneration fordert Qualität in der Ausbildung ein. Und das ist auch gut so! Das wird uns allen zugute kommen! Meine Unterstützung haben sie.

Ihr Thomas Dörrer
Vorstandsmitglied der Ärztekammer Sachsen-Anhalt