Dr. med. Uwe Rose
Dr. med. Uwe Rose
(Foto: Diakoniewerk Martha-Maria e. V.)

In den Medien häufen sich in den letzten Wochen Berichte über Falschabrechnungen in den Krankenhäusern. Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) unterstellen Krankenhäusern willentliche Falschabrechnungen in großen Dimensionen. So soll im Jahr 2017 in der Bundesrepublik jede zweite Krankenhausabrechnung fehlerhaft gewesen sein. Ein Generalverdacht der Falschabrechnung für Krankenhäuser und sogar eine Forderung der Erstellung einer schwarzen Liste wird durch den Spitzenverband erhoben. Aufgrund dieser Fehlabrechnung der Krankenhäuser hätten 2,8 Millionen Euro im Jahre 2017 an die Krankenkassen als Rückzahlung erfolgen müssen.

Nach der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) geht es bei den beanstandeten Rechnungen massenhaft um unterschiedliche medizinische Einschätzungen und rein formale Kriterien mit denen die Krankenkassen die Rechnungskürzungen vornehmen. Seitens der DKG wird kritisiert, dass ständige wissentlich falsche Behauptungen einer Falschrechnung sich letztlich als Rechnungskürzung herauskristallisieren. Wollen sich Kliniken gegen diese Rechnungskürzungen und formellen Abrechnungsunkorrektheiten wehren, müssen sie am Ende lange und auch kostspielige Gerichtsverfahren durchführen.

Im sogenannten DRG-Abrechnungssystem gibt es ca. 35.000 unterschiedliche Prozedurenschlüssel und das Klinikabrechnungssystem basiert auf ca. 1.300 Fallpauschalen. Oftmals sind die sogenannten fehlerhaften Abrechnungen Ergebnis der unterschiedlichen Interpretationen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse und den Krankenhäusern.

Seitdem 2004 das DRG-Abrechnungssystem in Deutschland eingeführt wurde, werden hier für vergleichbare Behandlungsfälle die Krankenhäuser mit einer einheitlichen Pauschale vergütet. Jedes Krankenhaus erhält für dieselbe Behandlung einer Krankheit ohne Komplikationen denselben Preis. Die Höhe dieser Preise wird retrospektiv nach repräsentativen Stichproben von zurückliegenden Behandlungsfällen und deren dokumentierte Kosten ermittelt und festgelegt. Diese Erlöse basieren auf tatsächlichen Behandlungskosten und entspringen nicht einem möglichen Wunschdenken der Krankenhäuser, sondern entsprechen der gesetzlich festgelegten Realität der Behandlung und Leistungserbringung.

Insgesamt ist die Anzahl der Prüfverfahren in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Sie lag 2018 deutschlandweit bei 2,6 Millionen Fällen. Dies bedingte unweigerlich eine Personalanpassung des MDK. Derzeit arbeiten ca. 9.000 Personen bei dieser Institution.

Nach Plänen des Gesundheitsministers Jens Spahn soll der Medizinische Dienst der Krankenversicherung radikal umstrukturiert werden. Mit der geplanten Strukturreform sollen u. a. die Landesverbände, aber auch der Bundesverband des Medizinischen Dienstes von den Spitzen- und Landesverbänden der Krankenkassen abgekoppelt werden. Der Medizinische Dienst (MD) soll auch ein eigenes Haushaltsrecht bekommen und somit auch von den Krankenkassen in diesem Bereich unabhängiger werden können. Wen wundert es da, dass dies Proteste des Medizinischen Dienstes, des Spitzenverbandes und der Krankenkassen hervorruft. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht in dem geplanten Gesetzesvorhaben eine „Chance für die faire Prüfung“.

Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass eine vorgesehene Begrenzung der Prüfquoten durch den MDK die Anzahl der Einzelfallprüfungen wieder in einen vernünftigen Rahmen rückt und es auch durch die Einführung eines sogenannten verpflichtenden Falldialoges zu einer Entlastung von Klagen an den Sozialgerichten kommen wird. Vielleicht könnte dies auch dazu führen, dass der behandelnde Arzt mehr Zeit am Patienten verbringen kann, statt MDK-Gutachten zu korrigieren und Widersprüche zu formulieren.

Dr. med. Uwe Rose
Vorstandsmitglied der Ärztekammer Sachsen-Anhalt

Prof. Dr. med. Wolfgang Schütte
Vorsitzender Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt