Thomas Dörrer
Thomas Dörrer

Die Zeiten unserer Kommunikation mittels Fax und Postbrief scheinen wohl gezählt zu sein. Die Telematikinfrastruktur wurde uns aufgezwungen und wird unser dienstliches Leben mehr und mehr bestimmen. Nach dem Beginn im ambulanten Bereich mit dem Datenabgleich folgen nun die stationären Einrichtungen. Und dann kommen Schlag auf Schlag die eAU, das eRezept und die ePatientenakte. Klingt ja alles schön und gut. Allerdings werden verschiedene Probleme einfach negiert.

In unserem Flächenland gibt es nicht „an jeder Milchkanne“ Internet. Da stellt sich mir schon die Frage, wie das Bundesministerium das alles durchsetzen will, ohne die Grundvoraussetzung flächendeckend zu schaffen. Ich sehe schon unsere Kollegen aus den Tälern des Harzes oder den weiten Flächen der Altmark mit einem Stick und Laptop auf einen Gipfel oder an einen Funkmast fahren, um die ePA zu bestücken!

Und was für eine Farce ist denn bitte die Umsetzung der eAU und des eRezepts! Das solle schließlich Bürokratie abbauen! Nun liebe Kolleginnen und Kollegen, genau das tut es nicht. Es verschiebt sie nur in unsere Praxen. Da lobe ich mir die skandinavischen Länder, wo das Rezept über einen sicheren Zugang an eine Apotheke der Wahl des Patienten übermittelt wird und der Patient es dann da abholen kann, ohne Papier, einfach mit der Chipkarte. Wie machen wir es? Wir schieben das Rezept in eine Wolke und drucken dem Patienten einen Zugangscode aus, den wir natürlich mit einer Online-Signatur versehen müssen! Warum? Damit die freie Apothekenwahl gewährleistet wird und natürlich der Patient das Rezept selbst jederzeit einsehen kann. Ist das eine Erleichterung für das Gesundheitssystem? Auf keinen Fall!

Verstehen Sie mich nicht falsch. Auch wir im Gesundheitswesen müssen uns der Zeit anpassen und uns modernisieren. Schlimm genug, dass das die ärztliche Selbstverwaltung schlicht verschlafen hat und wir es uns jetzt vom Gesetzgeber aufzwingen lassen müssen. Die viel zu schnelle Umsetzung ist hier aber das Problem. Während der Bundesgesundheitsminister einen klaren, straffen Zeitplan hat, kommen die Softwarefirmen nicht hinterher. Wir werden also mit unausgewogener Hard- und Software konfrontiert. Beschwert man sich beim Ministerium darüber, bekommt man die Antwort, dass das alles in der Praxis wachsen und erprobt werden muss. Das kann dann nur bedeuten, dass wir mit Komplikationen in unserem Workflow rechnen müssen, und dass das sogar einkalkuliert wird!

Wir schmeißen also ein Stück Holz ins Wasser und wenn es schwimmt, schnitzen wir daraus ein Boot! Diese Politik ist total irre! Der Leidtragende wird unser Patient sein! Anstatt man erstmal dieses ganze System der Telematik entwickelt, erprobt und dann als Komplettpaket anbietet, bekommen wir alles scheibchenweise präsentiert. Und natürlich ist jede Scheibe kostenpflichtig! Und das alles nur, weil wir zu vielen Interessen zu viel Gewicht verleihen und dabei das Gesamte aus dem Auge verlieren. Es gibt Länder, die uns als Vorbild dienen könnten, aber wir müssen natürlich unser deutsches Rad neu erfinden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Und ich bin mir auch sicher, dass am Ende alles gut wird und wir weiterhin unsere hohe Qualität im Gesundheitswesen aufrechterhalten oder gar verbessern. Die ePA wird da ein großer Vorteil in unserer Kommunikation untereinander sein, wenn sie denn sinnvoll und pragmatisch ausgestattet wird. Darauf sollten wir achten und drängen. Denn nur wenn wir gut arbeiten können, wird der Patient auch gut versorgt. Alles andere wäre zu teuer!

Ihr Thomas Dörrer
Vorstandsmitglied der Ärztekammer Sachsen-Anhalt