Prof. Dr. Uwe Ebmeyer Foto: Archiv
Prof. Dr. Uwe Ebmeyer
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Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir alle wissen, dass viele unserer Krankenhäuser seit langem selbst krank sind; die meisten Behandlungsversuche der letzten Jahre haben eher zu einer „Verschlimmbesserung“ als zu einer Genesung beigetragen. Ein Grundleiden, das DRG Fallpauschalensystem, welches für verschiedene Fehlentwicklungen im Krankenhausbereich maßgeblich verantwortlich ist und die Arbeit zwischen den Sektoren eher behindert als unterstützt, wird in dieser Legislaturperiode wohl keinem Behandlungsversuch mehr unterzogen. Der Ruf nach einer Reform der Krankenhausfinanzierung erlag regelmäßig auch den Schuldzuweisungen und dem Kompetenzgerangel zwischen Bundes- und Länderpolitik. Und doch (und nicht zuletzt auch unter dem Eindruck der COVID-19 Pandemie) sind die Krankenhäuser nun verstärkt in den Fokus des Bundesministeriums für Gesundheit gerückt. Am 18. September 2020 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz – KHZG) beschlossen; der Bundesrat hat diesem am 9. Oktober zugestimmt. Hurra, hurra, naja. Erleben wir gerade die erste große Reform in der stationären Versorgung?

Zunächst muss erst einmal festgehalten werden, dass der Bundesrechnungshof unlängst erneut anmahnte, dass die Länder ihren Pflichten bei der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser immer weniger nachkommen (ein Fakt, den auch das BMG kritisiert) und die Einrichtungen deshalb unzulässigerweise Fallpauschalen der GKV zweckentfremdet für Investitionen verwenden (müssen). Investitionsentscheidungen werden immer öfter aus unternehmerischen und weniger aus versorgungsrelevanten Gesichtspunkten getätigt. Der Rechnungshof stellt fest, dass die Krankenhausstruktur vielfach nicht effizient ist; „40 Prozent der Krankenhäuser verzeichnen Verluste, für über ein Zehntel besteht erhöhte Insolvenzgefahr“. Bundesweit fehlen jährlich 4 Mrd. Euro für Investitionen in den Krankenhäusern. Das Versagen der Länder gefährdet nicht nur das duale Finanzierungssystem per se, es lässt auch die Stimmen lauter werden, dass dem Bund eine größere Mitsprache bei der Krankenhausplanung zustehen sollte. Aber auch der Bund schöpft (nach Auffassung des Bundesrechnungshofes) aktuell seine „rechtlichen Gestaltungsbefugnisse“ nicht aus. Die momentanen Förderprojekte des Bundes können nur punktuell den über Jahrzehnte aufgebauten Investitionsstau abbauen. Allein in Sachsen-Anhalt fehlen nach Angaben der Krankenhausgesellschaft mehrere hundert Millionen Euro in der Krankenhaus(nach)finanzierung. Eine Riesensumme und schlechte Voraussetzungen, um die dringend notwendige sektorenübergreifende Zusammenarbeit in unserem Gesundheitssystem voranzubringen. Dabei sind in allen diesen Berechnungen und der dazugehörigen Diskussion noch immer zwei wichtige Aspekte vernachlässigt: die Vorbereitung der Krankenhäuser auf außergewöhnliche Lagen und die Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung. Im §14b des KHG LSA heißt es zwar: „Krankenhäuser … haben zur Krankenversorgung in Katastrophenfällen ..., für besondere Schadensereignisse oder Gefahrenlagen für höchste Rechtsgüter Notfallpläne (Alarm- und Einsatzpläne) ... aufzustellen und fortzuschreiben“, aber mit Plänen allein können weder bauliche noch materielle Vorhaltungen bereitgehalten werden. Dass infolgedessen im Bedarfsfall alle Lösungsansätze sehr viel aufwendiger und teurer werden, erleben wir gerade in allen Bereichen des Gesundheitssystems hautnah.

Und dann ist auch noch das große Problem mit der Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung.

Ein paar wenige Ausnahmen einmal ausgenommen, werden diese Kosten nicht bereitgestellt; sie müssen von den Einrichtungen mit erwirtschaftet werden. Zweifelsohne sollen und müssen unsere Assistenzärzte lernen, selbständig zu arbeiten. Es ist aber schwer vorstellbar, dass die Väter unseres derzeitigen Finanzierungssystems sich selbst einem Eingriff, einer Untersuchung oder einer Narkose, ausgeführt von frisch approbierten Absolventen des Medizinstudiums, unterziehen würden; ein bisschen Aufsicht oder Anleitung durch einen erfahrenen Arzt wäre wohl gar nicht so schlecht, oder?

Prof. Dr. med. habil. Uwe Ebmeyer
Vizepräsident der Ärztekammer Sachsen-Anhalt