Dr. med. Jörg BöhmeHeute, Mitte September liegen nur noch wenige Tage bis zur nächsten Bundestagswahl vor uns. Muss sich nach der Wahl tatsächlich so viel ändern oder kann der eingeschlagene Weg so weiter fortgesetzt werden? Wie vor jeder Wahl haben uns die Vertreter der Parteien freundlich auf die Schulter geklopft, denn Wahlkampf im Wartezimmer kann niemand gebrauchen. Der Spagat der großen Parteien, den Leistungsträgern der Gesellschaft nicht zu viel zuzumuten und den Leistungsempfängern so viel wie nötig Wohltaten zu versprechen, wird nicht leichter. Den kleinen Parteien (bezogen auf die erreichten Wählerstimmen) scheint es egal zu sein, wer ihre Versprechen finanziert.

Konkrete Aussagen zur Sicherstellung der ambulanten und stationären Versorgung in der Fläche finde ich in den Parteiprogrammen wenig oder gar nicht. Es ist nicht zu erwarten, dass nach der Bundestagswahl ohne unsere Vorschläge etwas anders oder besser wird.
Die Selbstverwaltung stößt bei der Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung immer mehr an die Grenzen, die von der Politik vorgegeben sind. Mehr ist momentan nicht möglich.
Jetzt sind die Kommunen am Zug. Neben billigem Bauland, Unterstützung von jungen Familien und der Verbesserung der weichen Standortfaktoren muss jetzt um jeden einzelnen Bürger (auch um die Ärzte) gekämpft werden. Wir (die Stadträte in der Hansestadt Stendal) sollten den roten Teppich für den ärztlichen Nachwuchs nicht erst nach dem Studium ausrollen, sondern schon viel früher. Warum nicht das „Modell der Bundeswehr“ zur Sicherung der Versorgung nutzen. Das heißt, der Student hat mit dem 1. Studienjahr einen Arbeitgeber, der ihn bezahlt und zum Studium schickt, damit der Absolvent nach dem Studium wieder in die Region zurückkommt und hier die Patienten versorgt. Dies könnte für die Abiturienten der Region eine Möglichkeit des Zugangs zum Studium unabhängig von der ZVS (zentrale Vergabestelle für das Medizinstudium) werden. Ein Modell, über das sicher nachgedacht werden muss. Ich werde demnächst den Oberbürgermeister meiner Heimatstadt zu diesem Vorschlag konsultieren. Eine politische Mehrheit wird es dafür sicherlich geben. Die 10 Jahre bis zum Greifen dieser Maßnahme werden wir, ob in der ambulanten als auch in der stationären Versorgung, noch durchhalten. Am Mittwoch, dem 28.07.2013 sind in der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung richtungsweisende Entschlüsse zur Neustrukturierung der Notfalldienstbereiche gefasst worden. Ein Beschluss, um die Dienstbelastung der niedergelassenen Ärzte weiter zu verringern und damit auch die Attraktivität der Landarztpraxen zu erhöhen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, die Vergütung für die ambulante ärztliche Versorgung zu ändern. Die Abrechnung der Leistungen könnte im Rahmen eines Modellprojektes über die KV nach der GOÄ erfolgen. Schon jetzt sind in der östlichen Altmark mindestens 3 niedergelassene Ärzte ausschließlich privatärztlich tätig. Tendenz steigend.

Noch kompensiert der anhaltende Bevölkerungsrückgang insbesondere in der Altmark nicht die Anzahl der zunehmend frei werdenden Arztsitze.

Sicherlich sind meine Vorschläge nicht der Weisheit letzter Schluss. Weiteren Handlungsbedarf sehe ich auf jeden Fall.

Dr. med. Jörg Böhme
Stendal, 19. September 2013