
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Leserinnen, liebe Leser,
in diesem Jahr wird in vielen Neujahrswünschen auch Frieden genannt. War im letzten Jahr eine große Sorge die Corona-Pandemie, so stellt uns seit Februar 2022 der Angriffskrieg gegen die Ukraine so klar wie bisher selten vor Augen, welcher Terror und welches persönliche und gesellschaftliche Elend der Krieg immer ist. Durch die Nähe dieses Krieges in Europa wird uns das sehr deutlich – aber Krieg und gewalttätige Auseinandersetzung sind weltweit an vielen Orten zum Teil seit Jahrzenten fast die Regel. Die multilateralen Gesellschaften sind fragil und wir sind in jedem Lebensbereich von einer guten und gerechten internationalen Kooperation abhängig. Preisentwicklung und Inflation machen uns große Sorgen – und auch in unseren Praxen und in den Krankenhäusern werden wir mit den Konsequenzen von teurer Energie tagtäglich konfrontiert.
Wie schon bei der Corona-Pandemie sind auch durch den Angriff auf die Ukraine die Grenzen und die Verletzlichkeit des Gesundheitswesens sichtbar geworden. Das Gesundheitssystem wurde unter ökonomischen Gesichtspunkten seit Jahren „optimiert“. Die Krisensituationen beweisen, dass die Ökonomie allein für die Steuerung und Organisation im Gesundheitswesen ungeeignet ist. Medizin ist Daseinsvorsorge – die neben der Vergütung für die einzelnen Behandlungen der Patientinnen und Patienten weitere Finanzierung erfordert: für die Vorhaltekosten der Einrichtungen, für die Finanzierung der Facharztweiterbildung, für das Medizinstudium und die medizinische Forschung.
Die öffentliche Hand hat sich weit aus diesen Finanzierungsfragen zurückgezogen. Treibende Kraft in einem Teil des Gesundheitswesens ist auch die betriebliche Situation der hier tätigen privaten Unternehmen. Dass das Finanzierungsdrama in der Kindermedizin zuerst auftrat, war vorhersehbar. Es ist erforderlich, aus dem Schema der Fallpauschalen auszubrechen und weitere Finanzierungen für die Vorhaltekosten aus dem Budget der Krankenkassen zu erreichen. Ebenso muss die staatliche Finanzierung für die Krankenhäuser und die Universitätsmedizin verlässlich abgesichert werden. Definierte Budgets für das Gesundheitswesen müssen konsequent und auf Dauer in den Haushalten der Länder und des Bundes verankert sein.
Und die Frage nach mehr Studienplätzen für Medizin bleibt virulent. Die für die Neugründung einer Medizinischen Fakultät in Cottbus vorgeschlagene Zusatzfinanzierung über Mittel des Bundes ist interessant – aber alle bestehenden Fakultäten haben sicher die gleichen Finanzfragen.
Wir Ärztinnen und Ärzte sind die Expert:innen für das Gesundheitswesen – ich habe aber den Eindruck, dass andere Gruppen mit überaus großem Einfluss in der Politik unterwegs sind. Wir müssen über alle sektoralen und fachlichen Grenzen hinweg eine energische Lobbyarbeit machen und verhindern, dass weiter nur die Ökonomie im Vordergrund steht. Wir können und müssen privilegierte Gesprächspartner der Politik sein – unsere Fachkompetenz ist unverzichtbar.
Die Entwicklungen des vergangenen Jahres haben auch großen Einfluss auf die Tätigkeit der Ärztekammer Sachsen-Anhalt. Beim Ärzteblatt kommen Veränderungen auf uns zu, die Vorstand, Redaktion und die Kammerversammlung gemeinsam gestalten. Es sind technische Optimierungen und Anpassungen des Internet-Auftritt der Ärztekammer erforderlich – dabei soll auch die Homepage des Ärzteblattes modernisiert werden. Für das gedruckte Heft des Ärzteblattes müssen wir die Kosten für Druck, Papier und Zustellung reduzieren. Viele Mitglieder der Kammer nutzen bereits digitale Abonnements von anderen Zeitschriften und Magazinen. Daher möchten wir Ihnen das Angebot machen, das Ärzteblatt online zu erhalten. Die digitale Version hat den Vorteil, dass das Heft als Datei bereits am Tag der Druck-Freigabe digital zugestellt werden wird – das ist ungefähr 10 Tage vor dem Postversand des gedruckten Heftes. All diejenigen, die das Heft gedruckt haben möchten, können es weiter im Versand bekommen. Für diese Änderungen, die auch eine zunehmende Aktualität des Ärzteblattes ermöglichen, werden derzeit die technischen und logistischen Voraussetzungen geklärt, wir werden Sie über diese Entwicklung weiter informieren.
Als Ärzteschaft zusammenzuhalten und fest füreinander einzustehen – das ist unser Ziel – auch für das Jahr 2023, Ihnen alle guten Wünsche dafür.
Hermann-Josef Rothkötter
Chefredakteur des Ärzteblattes Sachsen-Anhalt