Die Rolle der Plastischen Chirurgie im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes

Einleitung

Die lokale Therapie der Weichteilsarkome hat in den vergangenen Jahrzehnten umfassende Änderungen erfahren. Primäre Amputationen sind funktionserhaltende Therapiestrategien unter Anwendung plastisch-rekonstruktiver Maßnahmen gewichen. Unterstützt durch adjuvante Verfahren, wie z. B. der Bestrahlung, zeigte sich, dass bei vergleichbaren Überlebensraten durch den Einsatz plastisch-chirurgischer Techniken ein deutlicher Zugewinn an Lebensqualität bei den Betroffenen erzielt werden konnte.

Weichteilsarkome sind seltene Tumore mesenchymalen Ursprungs, die etwa 1% der malignen Erkrankungen im Erwachsenalter und etwa 6% im Jugendalter ausmachen (1;2). Bei einer Inzidenz von 2 bis 4 Fällen pro 100.000 Einwohner ist in Deutschland von etwa 2500 bis 3000 Neuerkrankungen im Jahr auszugehen, geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es nicht. Bis zum Alter von 15 Jahren betrifft die Erkrankung der Weichteilsarkome in Deutschland etwa 100 Kinder und Jugendliche (2). In über 56% sind Weichteilsarkome bei großer anatomischer Variabilität im Bereich der Extremitäten lokalisiert (3). Das Verhältnis der Lokalisation bei den Weichteilsarkomen im Bereich der unteren Extremität zur oberen Extremität liegt hierbei bei 3:1 (4).

Häufigkeitsverteilung von Weichteilsarkomen  im Bereich der ExtremitätenBei unklarer Ätiologie ist davon auszugehen, dass Weichteilsarkome neu entstehen und nicht aus präexistierenden, gutartigen Veränderungen hervorgehen. Als mögliche Risikofaktoren für das Auftreten von Weichteilsarkomen werde neben einer Exposition mit ionisierender Strahlung (5) der Kontakt mit bestimmten Toxinen (z.B. Polyvinylchlorid, Chlorophenol) diskutiert, allerdings fehlt diesbezüglich eine gesicherte Datenlage (6-8). Weitere potenzielle assoziierte Faktoren sind eine genetische Prädisposition. Zahlreiche Sarkome sind durch chromosomale Translokationen für einen bestimmten Subtyp gekennzeichnet (9-13). Bei der Gruppe der Weichteilsarkome sind mehr als 50 unterschiedliche Subtypen bekannt (14;15). Die im Bereich der Extremitäten am häufigsten auftretenden Sarkome sind Liposarkome, maligne fibröse Histiozytome (MFH, pleomorphes Sarkom oder NOS Sarkom, Synovialsarkome, Leiomyosarkome, agressive Fibromatosen, periphere neuroektodermale Tumoren und Fibrosarkome (16).

Häufigkeitsverteilung von Weichteilsarkomen  im Kindes- und Jugendalter Im Kindes- und Jugendalter sind die am häufigsten auftretenden Weichteilsarkome die Rhabdomyosarkome (RMS) gefolgt von der Gruppe der sog. Ewing-Tumoren (extraossäre Ewing-Sarkome (EES) und periphere neuroektodermale Tumoren (PNET)) und den Synovialsarkomen (SySa) (2).

 

Anamnese

Initial verläuft die Erkrankung oft asymptomatisch bis eine Größenzunahme des Tumors die Aufmerksamkeit des Patienten oder der Angehörigen weckt. Schmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit treten häufig erst sehr spät, durch die zunehmende Kompression von Weichteilen und funktionellen Strukturen auf. Die häufig spät gestellte Diagnose erschwert oft die weitere Planung. Früh erkannt werden in der Regel oberflächlich, epifaszial gelegene Veränderungen. Diese werden nicht selten im Rahmen von ambulant-chirurgischen Eingriffen entfernt und diagnostiziert. Bei Einhaltung der entsprechenden onkologischen Kriterien entsteht für diese Patienten kein prognostischer Nachteil (2; 17-19).

Differenzialdiagnose

Die differenzialdiagnostischen Überlegungen schließen eine Vielzahl benigner Erkrankungen (Lipome, Leiomyome, Neurome) ein. Aber auch andere maligne Neubildungen müssen differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden (Metastasen, Melanome, Lymphome). Insbesondere bei zunehmender Größe einer Weichteilraumforderung (ab 3 cm) muss an das Vorliegen eines Weichteilsarkoms gedacht werden (20).

Verlauf

Der Verlauf der Erkrankung ist gerade in der Anfangsphase oft symptomarm. Das Tumorwachstum ist in der Regel lokal verdrängend mit infiltrativem Wachstum in benachbarte Strukturen. Gelegentlich finden sich eine „skip-lesion“ oder auch eine Ausbreitung entlang von Gewebeschichten. Der Metastasierungsweg ist hämatogen. Bei Erstdiagnose liegen schon bei mehr als 20% der Patienten Fernmetastasen vor (2).

Diagnostik

Die präoperative Diagnostik besitzt hinsichtlich der Beurteilung von Lokalisation, Ausdehnung, Infiltration, und der Lagebeziehung zu den funktionellen Strukturen bei der Therapie der Weichteilsarkome einen hohen Stellenwert (3).

Bildgebende Diagnostik

40-jährige Patientin mit einem histologisch gesichertem Liposarkom im Bereich des linken Unterschenkel dorso-medial Hinsichtlich bildgebender Maßnahmen ist die Kernspintomographie (MRT) mit Kontrastmittel der Goldstandard. Gegenüber der Computertomographie (CT) besitzt die MRT den höheren Weichteilkontrast, was eine gute Abgrenzung der Raumforderung zu benachbarten Muskelgruppen, Knochen, Fett sowie funktionellen Strukturen wie Nerven und Gefäße ermöglicht. Insbesondere bei der Abgrenzung der betroffenen Muskelgruppen ist die MRT der CT deutlich überlegen. Hierbei lässt sich eine Infiltration der Muskulatur durch ein Weichteilsarkom gut darstellen. Eine MRT ist im Vorfeld chirurgischer Maßnahmen obligat (21-23).

Die Sonographie ermöglicht im Vorfeld eines operativen Eingriffes Aussagen zu Größe, Ausdehnung und Lokalisation der Raumforderung, ggf. mit präoperativer Markierung. Darüber hinaus kann die Lagebeziehung zu benachbarten Strukturen, die Binnenstrukturen des Tumors und der Lymphknotenstatus beurteilt werden (23). (Abb. 1b). Bei der Positronenemissionstomographie (PET), eine funktionell-metabolische Untersuchung, kommen radioaktive Tracer zum Einsatz, die sich in malignen Zellen vermehrt anreichern, was dann für die Bildgebung genutzt wird (23;24). Der Einsatz der PET in der präoperativen Diagnostik kann eine Beurteilung des Gradings ermöglichen (25-27). Im Rahmen des Stagings erlaubt die PET-Untersuchung den Nachweis von Metastasen (27;28) Die Farbduplexuntersuchung kann Informationen zur Lagebeziehung zu Gefäßstrukturen zeigen (22).

Probeexzision (PE)

Zur Sicherung der Diagnose schließt sich die Durchführung einer Probeexzision (PE) an. Da diese Maßnahme ein zentraler Bestandteil des gesamten Therapiekonzeptes ist, sollte diese bereits in Zentren mit entsprechender Expertise durchgeführt werden (2;29). Da für eine repräsentative Beurteilung ausreichend Gewebe (mindestens 2 cm3) benötigt wird, sind Feinnadelbiopsien oder True-Cut-Nadelbiopsien nicht geeignet. Es empfiehlt sich die Durchführung einer diagnostischen Biopsie als Inzisionsbiopsie (2;30;31).
Im Vorfeld der PE erfolgt in Anwesenheit des Operateurs eine sonographische Untersuchung mit entsprechender Einzeichnung der Tumorausdehnung (Abb. 1c). Dies ermöglicht beim Ersteingriff der PE bereits die Berücksichtigung späterer Zugangswege. Inadäquate Inzisionen können gerade in Hinblick auf spätere plastisch-chirurgischer Maßnahmen vermieden werden. Der operative Zugangsweg für die Biopsie gilt von vornherein als kontaminiert und muss bei der definitiven Resektion mit entfernt werden.
intraoperative Planung mit Einzeichnung der Schnittführung unter Mitnahme der Inzision nach stattgehabter Biopsie, Einzeichnung der Tumorgrenzen sowie des geplanten Sicherheitsabstandes.Auch müssen bei der Operationsplanung Aspekte wie der Verlauf der Gefäßsysteme berücksichtigt werden, damit die Verwendung möglicher gefäßgestielter lokaler Lappenplastiken nicht gefährdet wird (31). Intraoperativ hat eine exakte Blutstillung zu erfolgen, da ein mögliches postoperatives Hämatom als potenziell mit Tumorzellen kontaminiertes Areal gilt (29).
Neben falsch gewählten Zugangswegen können auch fehlplatzierte Drainagewege zu einer unnötigen Ausdehnung der späteren Resektion führen. Bestätigt die histologische Untersuchung den Befund eines malignen Weichteiltumors, ist der Drainagekanal bei der Nachresektion mit zu exzidieren. Die Ausleitung von Drainagen sollte daher in direkter Nachbarschaft oder direkt aus der Wundfläche erfolgen. Eine Ausleitung durch benachbarte Muskelgruppen ist zu vermeiden (31).
Ergibt sich bei einem suspekten klinischen und radiologischen Befund eine negative oder unspezifische Begutachtung der Biopsie, hat eine neuerliche PE zu erfolgen. Die Durchführung einer Schnellschnittuntersuchung ist nicht hilfreich und somit überflüssig (32). Die Mitbegutachtung durch einen Referenzpathologen kann bei nicht sicher zu beurteilenden Präparaten hilfreich sein (16).

Histologie

Die Klassifikation der Weichgewebstumoren erfolgt auf der Grundlage einer Empfehlung der WHO aus dem Jahr 2002 (33). Die Definition der Entität bezieht sich hierbei auf die benigne Gewebeform, zu der eine histomorphologische Ähnlichkeit gegeben ist.

Histologische Klassifikation von WeichteilsarkomenDie aktuelle WHO-Klassifikation kennt hier adipozytische, fibroblastisch/myofibroblastische, so genannte fibrohistiozytische, glatt- und skelettmuskuläre, perizytische, vaskuläre und chondroossäre Tumoren. Liegt kein vergleichbares Normalgewebe vor, erfolgt eine Zuordnung in die Gruppe der Tumoren mit einer ungewissen Differenzierung. Benigne und maligne Nervenscheidentumoren werden in der aktuellen Einteilung der Weichgewebstumoren nicht mehr geführt, sie werden der Gruppe der Neubildungen des peripheren Nervensystems zugeordnet (34).

Die histologische Klassifikation der Weichteiltumoren ist keine statische Einteilung. Durch Erweiterungen im Bereich der diagnostischen Möglichkeiten muss die WHO- Klassifikation regelmäßig auf aktuelle Änderungen überprüft und ggf. angepasst werden.
Die lichtmikroskopische Diagnostik von Weichteilsarkomen basiert auf dem Erkennen der Liniendifferenzierung von Zellen des Tumorgewebes. Trotz zahlreicher neu entwickelter Untersuchungsmethoden bleibt dabei die HE-Diagnostik der Goldstandard bei der Erfassung der Entität sowie differenzialdiagnostischen Überlegungen.
Durch die Möglichkeit, geeignete Antikörper auch bei fixiertem und in Paraffin eingebettetem Gewebe zur Anwendung zu bringen, haben immunhistochemische Analysen einen breiten Einzug in die Diagnostik maligner Weichteiltumoren gefunden. Da es aber den „völlig spezifischen Antikörper“ nicht gibt, darf die Interpretation der immunhistochemischen Befunde nur im Kontext mit den Ergebnissen der HE-Präparate erfolgen (34).
Als erweitertes Diagnosetool steht die Genexpressionsanalyse („microarray-analysis“) zur Verfügung, bei der aus kleinsten RNA-Mengen aus dem Tumorgewebe die Expressionslevel von bis zu 30.000 Genen parallel untersucht werden können.

Der Nachweis von speziellen chromosomalen Translokationen kann bei der Einordnung von Weichgewebstumoren hilfreich sein. Zwei etablierte Untersuchungsverfahren sind hier die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) und die Reverse-Transkriptase-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR). Bei der FISH-Analyse handelt es sich um eine Zusatzmethode, mit der ein bestimmter Translokationsverdacht nur ausgeschlossen oder bestätigt werden kann. Durch die Begutachtung eines HE-Präparates muss im Vorfeld eine Verdachtsdiagnose erarbeitet werden. Auch die RT-PCR dient der Sicherung einer im Vorfeld erhobenen Arbeitsdiagnose (34;35).

Grading

GradingBei der histologischen Aufarbeitung des Präparates wird neben der Entität auch ein Grading vorgenommen. Hierbei handelt es sich um eine Einstufung für den Malignitätsgrad. Unterschieden werden gut differenzierte („low grade“) von mittelgradig differenzierten bzw. schlecht differenzierten („high grade“) Stufen.

Mit dieser Einteilung werden der histologische Typ, die Zellularität, der Pleomorphismus, die Mitoserate der Zellen sowie der Anteil der Nekrosen berücksichtigt (33;3).

Chirurgisch relevante Anatomie

Die Faktoren, die die Resektabilität der Sarkome bestimmen, sind die Tumorgröße und die Lokalisation. Bei extra-kompartimentaler Lage ist ein signifikant höheres Risiko bezüglich der Rezidivrate und dem Auftreten von Metastasen beschrieben. Liegt eine intra-kompartimentale Lage vor, d.h. bei kutan gelegenen, subkutanen oder intramuskulären Sarkomen, ist bei signifikant geringer Rezidivquote eine sehr gute lokale Tumorkontrolle gegeben (37) .

Hinsichtlich der Tumortiefe wird zwischen oberflächlichen (suprafaszial gelegen), nicht die Faszie infiltrierende, und tiefliegenden Weichteilsarkomen unterschieden. Daneben sind das Grading des Malignoms und die Tumorgröße entscheidend für die Prognose (38).
Folgende Faktoren gehen mit einem erhöhten Risiko für ein Fernrezidiv einher:Ein weiterer Faktor hinsichtlich der Resektabilität eines Weichteilsarkoms ist die Lokalisation im Bereich der Extremität. Je weiter die Tumorlokalisation distal gelegen ist, umso schwieriger wird bei der Resektion die Einhaltung entsprechend großer Sicherheitsabstände. Dieser Umstand macht in der Regel primär plastisch-rekonstruktive Maßnahmen erforderlich. Auch besitzen adjuvante Therapiekonzepte wie die Radiatio einen hohen Stellenwert. Da diese allerdings mit einem hohen Risiko für Wundheilungsstörungen behaftet ist, ist auch in diesem Zusammenhang eine adäquate Weichteildeckung nach der Resektion von größter Wichtigkeit (39).
Sarkome im Bereich der oberen Extremität unterscheiden sich zu Läsionen in Projektion auf die untere Extremität in Hinblick auf eine höhere Amputationsrate, während sich hinsichtlich der Langzeitergebnisse keine Unterschiede finden (37). Im Bereich der oberen Extremität ist die Durchführung eines radikalen operativen Vorgehens durch die begrenzte Weichteilsituation häufig erschwert (37;39).

Staging

Im Vorfeld der Tumorresektion haben entsprechende Staginguntersuchungen zu erfolgen (CT Thorax und Abdomen) damit eine Metastasierung ausgeschlossen werden kann. Das konventionelle Röntgen-Thoraxbild spielt beim Staging nur noch eine untergeordnete Rolle, da die CT eine wesentlich höhere Sensitivität für Lungenmetastasen besitzt (22;38). Die Abklärung des Lymphknotenstatus‘ ist insofern wichtig, da in seltenen Fällen auch ein Lymphom Ursache für die Raumforderung sein kann, darüber hinaus metastasieren Weichteilsarkome in seltenen Fällen auch in die regionalen Lymphknoten (29) Hilfreich beim Staging ist die Durchführung einer PET-Untersuchung, die den Nachweis von Metastasen ermöglicht (27;28).

Metastasen

Mehr als 20% der Patienten mit Weichteilsarkomen haben bereits zum Zeitpunkt des Primäreingriffes Metastasen (2). Liegen beim Weichteilsarkom Metastasen vor, ist die Perspektive limitiert. Überlebensraten zwischen 12 und 15 Monaten sind beschrieben (40;41). Solitäre Metastasen sollten, insbesondere wenn sie gut erreichbar sind, operativ entfernt werden. Vor allem dann, wenn der Primärtumor anfangs ein niedriges Grading hatte.
In der Regel handelt es sich hierbei um hämatogen gestreute Lungenmetastasen (23;42;43). Synchrone Lungenmetastasen sind zunächst neoadjuvant durch eine Chemotherapie zu behandeln, bevor eine chirurgische Resektion erfolgt. Gelingt diesbezüglich eine R0 Resektion, haben die Betroffenen eine gute Perspektive (44). Metachrone Lungenmetastasen sollten bei Operabilität der chirurgischen Resektion zugeführt werden (40;45;46).
Lebermetastasen oder ossäre Filiae finden sich selten. Liposarkome zeigen häufiger Metastasen in Regionen wie dem Retroperitoneum oder dem Mediastinum. Generell sollten extrapulmonale Metastasen unter palliativen Gesichtspunkten einer Chemotherapie zugeführt werden (38).
Lymphknotenmetastasen sind bei Weichteilsarkomen die Ausnahme. Sie finden sich bei etwa 5% der Weichteilsarkome, hierbei am häufigsten beim kindlichen Rhabdomyosarkom (bis 30%), beim Synovialsarkom und dem pleomorphen Weichteilsarkom (NOS) (23;47). Bei Vorliegen dieser Entitäten ist die Abklärung des Lymphknotenstatus zwingend erforderlich.

Therapie

Bis vor wenigen Jahrzehnten war die begrenzte lokale Resektion der Weichteilsarkome im Bereich der Extremitäten die Regel. Dieses Vorgehen ging allerdings mit einer hohen Rezidivquote sowie zahlreichen Amputationen in der Folge einher. Moderne Therapiestrategien beinhalten Konzepte mit Resektionen weit im Gesunden in Kombination mit plastisch-rekonstruktiven Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung funktioneller Aspekte. Darüber hinaus ist eine adjuvante Bestrahlungstherapie in Form der perkutanen Radiatio bzw. in einzelnen spezialisierten Zentren als Brachytherapie ein wichtiger Pfeiler im interdisziplinären Therapiekonzept maligner Weichteiltumoren (48-50). Vereinzelte Kliniken bieten zusätzlich die Durchführung einer isolierten Extremitätenperfusion zur lokalen Tumorkontrolle an (51-57). Eine weitere Option ist die intraoperative Strahlentherapie (IORT) mit oder ohne begleitende perkutane Radiatio (58).
Bei ausgedehnten Infiltrationen funktioneller Strukturen oder auch in den Fällen, in denen eine Resektion des Sarkoms im Gesunden nicht möglich ist bzw. rekonstruktive Konzepte nicht zum Tragen kommen können, müssen Optionen wie Amputationen weiterhin diskutiert werden (37). Die Amputation als kurative Therapiestrategie bei Sarkomen im Bereich der Extremitäten hat allerdings keinen Überlebensvorteil im Vergleich zu extremitätenerhaltenden chirurgischen Maßnahmen (59;60). Gerade in Kombination mit der Strahlentherapie hat sich gezeigt, dass die Amputation gegenüber den Resektionsverfahren keine Vorteile hat (59;61;62). In den 1970er Jahren waren Amputationen im Sinne von „weiten Resektionen“ noch bei 50% der Patienten Therapie der Wahl. Dennoch betrug die Rezidivrate 30%. Durch adjuvante Therapieverfahren sowie den Einsatz rekonstruktiver Maßnahmen konnte die Amputationsrate auf weniger als 10% reduziert werden (29).
Die 5-Jahresüberlebensrate aller Patienten im Durchschnitt beträgt 76%. Beeinflusst wird die Mortalität durch eine Tumorgröße >5 cm, Lokalrezidive, tiefliegende Lokalisation und dem Nachweis von Tumorausläufern im Resektionsrand (63).

Bei Extremitätenerhalt ging in den vergangenen Jahren die Inzidenz der Lokalrezidive auf 10 bis 15% zurück, allerdings zeigte sich keine Änderung hinsichtlich der Gesamtüberlebensrate (59;64-69). Lokale Kontrollraten belaufen sich bei den high-grade-Tumoren bei ca. 90%, bei den low-grade-Sarkomen 90-100% (59;63;65;70-74). Eine ungenügende lokale Kontrolle oder das Auftreten von Lokalrezidiven haben nachweislich einen negativen Einfluss auf das Gesamtüberleben der Betroffenen (60;75-78). Prognoselimitierend sind das Vorliegen von Fernmetastasen sowie ein kompartimentüberschreitendes Wachstum.
Die beste Ausgangssituation mit Möglichkeiten der lokalen Tumorkontrolle findet sich in den Situationen, bei denen nach histologischer Sicherung der Tumorentität eine entsprechend umfangreiche Operationsplanung erfolgen kann. Häufig werden Patienten mit malignen Weichteiltumoren allerdings, verspätet und nach nicht ausreichend radikaler chirurgischer Vorbehandlung (R1-oder R2-Resektion) in Zentren, die nach einer radikalen Resektion die Möglichkeit der plastisch-chirurgischen Rekonstruktion haben, vorgestellt (31;79-81). Nicht selten finden sich nach Resektionen, die nicht unter onkologischen Kriterien außerhalb von Zentren durchgeführt wurden, Tumorresiduen (79;82;83). Eine in einer solchen Situation erforderliche Nachresektion ist in der Regel weiteraus komplexer und ausgedehnter als der Primäreingriff (84).
Die Ergebnisse bei der operativen Behandlung von Weichteilsarkomen im Bereich der Extremitäten sind nachweislich besser, wenn bei Befunden mit möglicher maligner Entität vor Beginn von operativen Maßnahmen die Zuweisung an ein spezialisiertes Zentrum erfolgt (37).

Resektion

Wurde die Verdachtsdiagnose einer malignen Weichteilveränderung durch weiterführende histologische Untersuchungen bestätigt, schließt sich die Operationsplanung an, bei der unterschiedliche Aspekte wie z.B. Schnittführung, Ausmaß der Resektion und auch die Notwendigkeit rekonstruktiver Therapieschritte berücksichtigt werden müssen. Neben der Bestrahlung und der Chemotherapie kommt der operativen Resektion bei der Behandlung der Weichteilsarkome die zentrale Bedeutung zu. Im Vorfeld von operativen Maßnahmen ist es jedoch sinnvoll, den Patienten in einer interdisziplinären Tumorkonferenz (Tumorboard) vorzustellen. Nur so kann gewährleistet werden, dass neben der Planung adjuvanter postoperativer Therapieoptionen auch neoadjuvante Konzepte zum Tragen kommen können (31).

Resektionstechniken TabelleDas Ausmaß der Resektion nach der histologischen Sicherung hängt von der Größe, vom Grading und von der Lagebeziehung zu funktionellen Strukturen ab. Hiervon hängen auch Entscheidungen bezüglich weiterführender rekonstruktiver Maßnahmen ab. Bei der Planung der chirurgischen Resektion ist zunächst von Bedeutung, ob der Tumor größer oder kleiner als 5 cm ist. Darüber hinaus ist die Frage der Lokalisation zur Faszie mitentscheidend. Ein Drittel der Weichteilsarkome liegen subkutan und können ohne Mitnahme funktioneller Strukturen radikal reseziert werden. Vorrangig bei chirurgischen Maßnahmen ist die onkochirurgische Radikalität mit ausreichend weiten Sicherheitsabständen. Weichteilsarkome bilden sog. Pseudokapseln aus. Mikroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass der Tumor fingerförmig über diese scheinbare Grenze hinauswächst, sodass eine ausschließliche Resektion des Tumors einschließlich der Kapsel unter onkochirurgischen Gesichtspunkten nicht ausreichend ist (36).

In der Literatur wird häufig der Begriff „radikale Resektion“ verwendet. Diese Formulierung kann irreführend sein, da die Abstandsmaße, die eine radikale Exzision mit entsprechend weitem Sicherheitsabstand definieren, in der Literatur stark voneinander abweichen. Die in den Publikationen empfohlenen Sicherheitsabstände liegen zwischen 0,1 und 4 cm (86). In einer aktuellen Untersuchung von McKee fand sich eine deutlich erhöhte Rezidivrate bei einem Sicherheitsabstand von weniger als 10 mm (76).
Enneking (87) beschreibt bei einer intraläsionalen Resektion eine Rezidivquote von 80 bis 100% und bei marginalen Exzisionen 40-60%. Selbst bei einer „weiten“ Resektion („reaktive Zone“) beträgt die Lokalrezidivrate noch 10%, während sie sich hingegen bei einer radikalen Exzision mit ausreichend weitem Sicherheitsabstand nur auf 0,5% beläuft.

Unter anderem hängen die Empfehlungen zu den Resektionsabständen auch davon ab, ob adjuvante Maßnahmen geplant sind. Uneinigkeit besteht dahingehend, dass eine en-bloc Resektion vorzunehmen ist (88).
Postoperative klinisches und funktionelles ErgebnisZiel der Operation ist eine weite Excision bzw. Kompartementresektion unter Erhalt der betroffenen Extremität einschließlich der Funktion. Ist die Durchführung einer „wide excision“ nicht möglich, hat eine marginale Tumorentfernung mit nachfolgender Radiatio zu erfolgen (37).Postoperative klinisches und funktionelles Ergebnis
Das Einhalten von entsprechenden Abständen wird bei Sarkomen oftmals durch ein grenzüberschreitendes Wachstum erschwert. In den Fällen, bei denen sich Abgrenzungen zu benachbarten Organstrukturen finden, können diese bei den onkochirurgischen Überlegungen berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich um Faszien, Synovia, Periost und Gefäß-Nerven-Scheiden, solange sich hier keine Tumorinfiltration zeigt und eine vollständige Resektion möglich ist (76). Ist ein solches Vorgehen nicht möglich, sind angrenzende funktionelle Strukturen wie Knochen, Sehnen, Gefäße oder Nerven im Zuge der Radikalität mit nachfolgend entsprechenden Einschränkungen mit zu entfernen. Dies betrifft insbesondere subfaszial gelegene Weichteilsarkome mit einer Größe von mehr als 5 cm. In Hinblick auf möglicherweise erforderlich werdende plastisch-rekonstruktive Maßnahmen ist bei Planung und Durchführung der Resektion der Verlauf von Gefäßstrukturen zu beachten. Wichtige vaskuläre Strukturen sind potenzielle Anschlußgefäße für einen freien Gewebetransfer, Perforatorgefäße, die für die Haut-Weichteildurchblutung von großer Wichtigkeit sind, und axiale Lappen- und Transplantatgefäße (31).

Nachresektionen

Kommen im Vorfeld einer Sarkomresektion keine bildgebenden Verfahren zum Einsatz sind in einer Vielzahl der Fälle Reste der Tumorformation im Nachresektat (R1- Resektion) zu finden (66;79;82;83;89;90). Einen Einfluss auf die Rezidivrate, bzw. das Gesamtüberleben hat die Notwendigkeit einer Nachresektion allerdings nicht (66;90). Dennoch macht eine nochmalige Resektion eine Ausdehnung des initialen Eingriffes erforderlich, da auch potenziell kontaminiertes Gewebe mit entfernt werden muss (79;84).

 

Priv.-Doz. Dr. med. habil. Frank SiemersLiteratur beim Verfasser

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