Die Rolle der Plastischen Chirurgie im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes
Siemers, F., Klinik für Plastische- und Handchirurgie/ Brandverletztenzentrum
Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannstrost Halle
Plastisch-chirurgische Rekonstruktionsmöglichkeiten
Elementarer Bestandteil onkochirurgischer Therapiekonzepte nach Resektionen von Weichteilsarkomen sind plastisch-chirurgische Rekonstruktionsverfahren, da nach der Tumorentfernung nicht selten große Defektflächen und/oder -höhlen vorliegen sowie freiliegende funktionelle Strukturen wie Knochen, Sehnen, Nerven und Gefäße zu finden sind. Der hierbei durchgeführte Transfer gut durchbluteter Gewebeeinheiten erleichtert nach Resektion von Sarkomen auch die Einleitung adjuvanter Therapiemaßnahmen wie z.B. die Bestrahlung. Neben einer Verpflanzung von gut durchblutetem Gewebe steht der Ersatz funktioneller Strukturen wie Muskeln, Sehnen, Gefäßen und Nerven im Vordergrund.
Einfache rekonstruktive Verfahren wie eine Hauttransplantation kommen in der Regel schon deshalb nicht in Frage, da bei der hieraus resultierenden Weichteildeckung keine guten Bedingungen für eine adjuvante Bestrahlungstherapie gegeben sind. Können einfache Operationstechniken nicht zur Anwendung gebracht werden, kommen im Rahmen eines Stufenkonzeptes ausgedehntere und aufwendigere Verfahren wie fasziokutane (Abb. 3a-f) oder myokutane Lappenplastiken (Abb. 2a-i, 4a-f, 5a-f) zur Anwendung. Myokutane Lappenplastiken haben den Vorteil, dass sie das fehlende Gewebevolumen ersetzen. Auch können ossäre Oberflächen adäquat gedeckt und abgepolstert werden.
Stehen lokale Lappenplastiken nicht zur Verfügung, ist die Durchführung eines freien Gewebetransfers in Erwägung zu ziehen. Diese tolerieren sehr gut adjuvante Therapieverfahren wie Bestrahlung und/oder Chemotherapie (91).
Große Defekte lassen sich gut durch den freien Transfer eines myokutanen Latissimus-dorsi-Lappens plastisch-chirurgisch decken (Abb. 2a-i). Als gestielte Lappenplastik kann der M. latissimus dorsi auch als funktionelle Ersatzoperation, z.B. als Bizepssehnenersatz, zum Einsatz kommen (Abb. 5a-f).
Bei kleineren Defekten ist die Verwendung einer freien fasziokutanen Radialis-Lappenplastik ein etabliertes Verfahren. Diese Form der Lappenplastik hat den Vorteil, dass Sehnen (M.palmaris longus, M. flexor carpi radialis) mit in die Lappenplastik integriert werden können (Abb. 3a-f).
Mit den sogenannten Perforator-Lappenplastiken (z.B. Anterolateral Thigh-Lappen-Plastik, kurz ALT-Lappenplastik) konnte in den vergangenen Jahren eine neue Gruppe der freien Lappen etabliert werden, die ebenfalls eine gute Defektversorgung ermöglichen.
Rekonstruktive Maßnahmen nach einer Tumorresektion stellen im Bereich der oberen Extremität im Vergleich zur unteren Extremität eine größere Herausforderung dar. In vielen Fällen sind aufgrund der engen Nachbarschaft funktionell relevanter anatomischer Strukturen aufwendigere plastisch-chirurgische Rekonstruktionen wie z.B. der Ersatz von Nerven, Gefäßen, Muskeln oder Knochen erforderlich (37;39).
Knochen
Die überwiegende Zahl der Weichteilsarkome arrodiert ossäre Strukturen nicht. Die Mitnahme des Periosts mit nachfolgender adjuvanter Bestrahlung gilt in diesen Fällen als anerkanntes Therapieverfahren. Kleinere knöcherne Defekte können durch Anlagerung körpereigener kortikospongiöser Transplantate, z. B. vom Beckenkamm versorgt werden. Auch stehen zahlreiche alloplastische Verfahren zur Verfügung. Bei größeren ossären Defekten stehen Operationstechniken wie der Segmenttransfer zur Verfügung. Auch für gefäßgestielte Knochentransplantate (Fibula, Beckenkamm) gibt es als freie oder lokale Verlagerungen Indikationen im Zuge einer plastisch-chirurgischen Rekonstruktion.
Gelenke
Gelenknahe Weichteilsarkome, die eine teilweise oder sogar vollständige Gelenkresektion erforderlich machen, können im weiteren Verlauf aufwendige orthopädisch-unfallchirurgische Maßnahmen erforderlich machen. Neben der Anwendung alloplastischer Spacer können hierbei modulare Endoprothesensysteme zum Einsatz kommen (86;92) (Abb. 2a-i).
Sehnen
Wird bei der Tumorresektion die Mitnahme von Sehnen erforderlich, stehen zahlreiche Rekonstruktionsverfahren zur Verfügung. In einem gut durchbluteten Umfeld können freie Sehnentransplantate (z.B. Sehne des M. palmaris longus, Tensor fasciae latae usw.) aus einer anderen Körperregion zur Anwendung kommen. In Einzelfällen kann ein zweizeitiges Vorgehen mit einer Sehnenrekonstruktion zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll sein (Abb. 1a-i, 3a-f).
In Einzelfällen besteht die Möglichkeit, durch eine Sehnenkopplung distale Sehnenanteile an benachbarte, intakte Sehnenstrukturen zu koppeln.
Bei Ausfall komplexer Funktionen, möglicherweise auch bedingt durch nervale Ausfälle kann die Durchführung von motorischen Ersatzoperationen erforderlich werden.
Freie Lappenplastiken können neben Hautweichteilen oder Muskulatur auch funktionelle Komponenten wie Sehnen beinhalten (Abb. 3a-f).
Nerven
Ist aus Gründen der Radikalität die Resektion von Nerven erforderlich, kann im Verlauf oder auch primär eine Rekonstruktion (z.B. mit autologen Nervus-suralis-Interponaten) durchgeführt werden. Hierbei ist zu beachten, das autologe Transplantate nur begrenzt zur Verfügung stehen, was die Wiederherstellung langstreckiger Defektstrecken großer Nerven unmöglich macht. In solchen Fällen kann dann ggf. auch einmal eine motorische Ersatzoperation mit Umsetzungen von Muskelgruppen sinnvoll sein (Abb. 2a-i, 4a-f).
Gefäße
Ist bei der Sarkomresektion die Mitnahme von durchblutungsrelevanten Gefäßstrukturen erforderlich, kann auch auf autologes Gewebe zurückgegriffen werden. Die Gefäßresektion wird erforderlich, wenn eine Infiltration oder Ummauerung durch die Tumorformation vorliegt. Die Verwendung autologer Veneninterponate ist eine in der Mikrochirurgie bewährte Technik (Abb 4a-f).
Amputationen
Eine Indikation zur primären Amputation findet sich nur noch sehr selten. Eine solche Situation kann einmal gegeben sein, wenn nach adäquater Tumorresektion im Bereich der betroffenen Extremität keine relevante Funktion mehr zu erwarten ist (29). Diese Problematik kann vorliegen, wenn ausgedehnte Tumorinfiltrationen funktionell relevanter nervaler Strukturen, Knochen oder Gelenke gegeben sind. Bei ausgedehnten Befunden, bei denen auch durch rekonstruktive Maßnahmen nicht zufriedenstellende funktionelle Ergebnisse resultieren und die dann möglicherweise mit einer hohen perioperativen Morbidität vergesellschaftet sind, muss frühzeitig auch einmal eine primäre Amputation in Erwägung gezogen werden. Weitere Gründe für den Verzicht auf rekonstruktive Verfahren könnten Umstände wie z.B. eine noch geringe Lebenserwartung oder eine bereits deutlich reduzierte Lebensqualität sein. Die Indikation zur Amputation muss darüber hinaus diskutiert werden, wenn ein sehr hohes Risiko für das Auftreten eines Lokalrezidives vorliegt. Das alleinige Vorliegen segmentaler Nervendefekte nach einer Resektion begründet allerdings nicht die Erwägung einer Amputation, da durch eine Rekonstruktion die Wiederherstellung einer Schutzsensibilität bzw. Restfunktion im Bereich des Möglichen liegt (31)
Adjuvante Therapiemaßnahmen
Bestrahlung
Weichteilsarkome besitzen nur eine mäßige Strahlensensibilität. Die Heterogenität bei dieser Tumorentität bedingt allerdings eine hohe Variabilität bezüglich der Strahlenempfindlichkeit. Es finden sich keine Korrelationen zum histologischen Subtyp, dem Grading oder der Ploidie (93;94).
Als besonders strahlensensibel gelten Liposarkome, MFH, Synovialsarkome, und Fibrosarkome (95;96). Eine Bestrahlungstherapie sollte bei low-grade-Tumoren mit den gleichen Prinzipien zur Anwendung kommen wie bei den high-grade-Sarkomen (97).
Studien haben gezeigt, dass die Kombination von resezierenden Maßnahmen mit einer adjuvanten Strahlentherapie zwar eine verbesserte lokale Tumorkontrolle ergeben, allerdings keine signifikante Senkung der Metastasierungsraten und der Überlebensrate erbrachten (63;98).
Die Kombination aus R0-Resektion und adjuvanter Bestrahlung gilt ab einer Tumorgröße von mehr als 5 cm (pT2), bei tiefsitzenden Läsionen (pT1b) sowie bei allen R1-resezierten Sarkomen als Standard und senkt die Rezidivrate signifikant. Bei oberflächlichen Sarkomen (pT1a, pT2a) und bei weit im Gesunden resezierten kleinen Weichteilsarkomen (pT1b) kann der Verzicht auf eine adjuvante Radiatio diskutiert werden (49;99).
Dennoch beträgt die Rezidivrate auch bei einer adjuvanten Bestrahlung im Falle einer R1-Resektion 30% und bei
R2-Resektionen nach 5 Jahren sogar 60% (49). Diese Daten resultieren aus der Zusammenstellung einer Vielzahl von Studien und belegen den hohen Stellenwert eines radikalen chirurgischen Vorgehens.
Die Effektivität der perkutanen Bestrahlung (59;98) und auch der Stellenwert der Brachytherapie (99) konnte in prospektiven randomisierten Studien belegt werden.
Pisters et al. (63) zeigten in einer prospektiven Studie zwar keinen signifikanten Vorteil der Brachytherapie in Kombination mit einem radikalen chirurgischen Vorgehen in Hinblick auf Fernmetasierung und Überlebensrate, die Häufigkeit der Lokalrezidive ließ sich in der Gruppe mit Bestrahlung allerdings signifikant senken. Dies betraf insbesondere die Gruppe der high-grade-Sarkome. In einer weiteren prospektiven Studie von Yang et al (98), bei der Patienten nach R0-Resektion eines Sarkomes mit bzw. ohne eine adjuvante Bestrahlungstherapie behandelt wurden lag nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9,6 Jahren die Lokalrezidvrate bei insgesamt 91 Patienten mit high-grade-Sarkomen signifikant niedriger in der Gruppe mit adjuvanter Bestrahlung. Einen Unterschied hinsichtlich der Überlebensrate zeigte sich nicht. Bei 50 Patienten mit low-grade-Sarkomen fand sich nur eine grenzwertige Signifikanz.
Als mögliche Nachteile einer adjuvanten Bestrahlung sind Wundheilungsstörungen, rezidivierende Ödembildungen und eine Verminderung der Gelenkbeweglichkeit zu nennen (100). Der Beginn der Bestrahlungseinheiten darf daher erst nach Abschluss der Wundheilung begonnen werden. Im Verlauf der Therapiezyklen ist gerade die Komponente der Schwellneigung unter einer konsequenten Kompressionstherapie und regelmäßiger Lymphdrainage rückläufig (98).
Der Gefahr von lokalen Wundheilungsstörungen kann durch den Einsatz der Brachytherapie entgegengewirkt werden. Hierbei handelt es sich um ein an nur wenigen Zentren (62;101;102) etabliertes Bestrahlungsverfahren, bei dem Katheter im Abstand von 1 bis 1,5 cm im Tumorbett platziert werden. Über die Katheter werden postoperativ radioaktive Nuklide eingebracht. Im Vergleich zur perkutanen Radiotherapie ist bei der Brachytherapie aufgrund der lokal direkten Wirkung der Strahlenkörper die Rate der Wundheilungsstörung niedriger (49;50). Ein Beginn der Bestrahlungssitzung ist frühzeitig, ab dem 5. postoperativen Tag möglich, ohne dass die mikrochirurgisch durchgeführten Anastomosen von freien Lappenplastiken gefährdet werden (48) (Abb. 5a-f).
Im Vorfeld einer Bestrahlungstherapie erfolgt die Durchführung einer Planungs-CT. Mit Hilfe dieser Untersuchung erfolgt die Festlegung des Zielvolumens. Hilfreich ist dabei eine intraoperative Clipmarkierung des Tumorbettes. Vorzugsweise werden hierbei Titanclips verwendet, da diese bei späteren MR-Untersuchungen die wenigsten Artefakte verursachen (49).
Eine weitere Option mit der Möglichkeit der lokalen Tumorkontrolle findet sich in der intraoperativen Strahlentherapie (IORT) mit oder ohne eine begleitende perkutane Strahlentherapie (58). Die IORT erlaubt eine einmalige hohe intraoperative Bestrahlung des Tumorbettes und erfasst noch mögliche vorhandene mikroskopische maligne Veränderungen nach vorangeganger Tumorresektion. Im Verhältnis zu konventionellen extremitätenerhaltenden operativen Maßnahmen konnten bei der Anwendung der IORT vergleichbar hohe gewebstoxische Folgen festgestellt werden. Die funktionellen Ergebnisse werden bei Anwendung im Bereich der Extremitäten mit „gut“ eingestuft (58).
Chemotherapie
Ein Ansprechen auf Chemotherapeutika zeigen rundzellige Liposarkome, Synovialsarkome, Leiomyosarkome, PNET und Rhabdomyosarkome im Gegensatz zu dedifferenzierten Liposarkomen und Fibrosarkomen (38;103). Das Standardtherapeutikum in der systemischen Therapie sind hierbei die Anthrazykline (38).
Bislang durchgeführte Studien konnten allerdings keine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens durch eine adjuvante Chemotherapie aufzeigen. Hierdurch gibt es in aktuellen Leitlinien keine entsprechenden Empfehlungen (45;104). Zusammengefasst bleibt die Bedeutung der adjuvanten Chemotherapie bei der Behandlung von Weichteilsarkomen unklar.
Neoadjuvante Therapieoptionen
Alle neoadjuvanten Therapiekonzepte verfolgen das Ziel, durch z.B. eine Verkleinerung der Tumorgröße einen initial inoperablen Befund in eine operable Situation zu transferieren. Auch die Durchführung neoadjuvanter Therapiemaßnahmen ist im Vorfeld einer radikalen Resektion im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz zu diskutieren. Allein dieser Umstand macht eine frühzeitige Vorstellung in spezialisierten Zentren erforderlich (38;49). Die interdisziplinäre Konzepterstellung besitzt einen hohen Stellenwert und wurde daher auch in Leitlinien verankert (38;45;105;106).
Eine präoperative Bestrahlungstherapie hat mögliche Vorteile bei großen chirurgisch schlecht zu resezierenden Tumorformationen. Durch eine neoadjuvante Radiatio ist ein Downstaging in Form von Nekrosenbildung oder Devitalisierung möglich (49). Auch wenn sich bei diesem Vorgehen mehr Wundheilungsstörungen, insbesondere im Bereich der unteren Extremitäten einstellen, beruhen die Vorteile auf einer Reduktion der benötigten Strahlendosis (73;100;107;108). Die histologische Begutachtung kann allerdings im Zuge der Resektion erschwert sein.
Eine Option für die Durchführung einer neoadjuvanten Chemotherapie kann eine erschwerte Resektionssituation sein. Mit der Option, die Resektabilität zu verbessern, kann eine Chemotherapie diskutiert werden (38).
In einzelnen Zentren wird im Zuge eines neoadjuvanten Therapiekonzeptes die Durchführung einer isolierten Extremitätenperfusion mit rekombinanten TNF-α und Melphalan (TM-ILP) in Kombination mit einer milden Hyperthermie von 39°C durchgeführt (51-57). Während die Hyperthermie zu einer Steigerung der Durchblutung und Erhöhung der Tumorendothelpermeabilität führt, schädigt das TNF-α das Tumorendothel. Dies sorgt im Weiteren für eine intraläsionale Erhöhung der Melphalankonzentration. Dieses Verfahren geht mit den höchsten Remissionsraten lokaler Tumoren einher. In einem aktuellen Review beziffert Taeger (57) die lokale Remissionsrate mit 79,7%. 30% der Betroffenen zeigten eine komplette Remission.
Die hohe Regressionsquote erklärt sich durch die hohe lokale Konzentration der Chemotherapeutika. Hierbei ist für die Durchführung der isolierten Extremitätenperfusion im Vorfeld die Schaffung eines extrakorporalen Kreislaufes erforderlich. Der Übertritt von TNF-α in den Systemkreislauf muss bei der Durchführung der Therapie unbedingt vermieden werden. Sollte sich diese Situation dennoch einstellen, drohen hämodynamische Komplikationen bis hin zum Schockgeschehen. Lokale Reaktionen wie leichte Ödeme, Brennen und Hyperämien in der betroffenen Extremität werden bei 60-75% der Patienten beobachtet. Seltener sind schwerwiegendere Komplikationen wie Epidermolysen oder Kompartmentsyndrome (2-6%). Weitreichende Gewebeschädigungen mit Nekrosen bis zum Verlust der Extremität werden mit einen Häufigkeit von weniger als 2% beziffert.
Nachsorge
Ein Großteil der Todesfälle (80%) findet sich in den ersten 2-3 Jahren (38;109). In diesem Zeitraum sind neben engmaschigen klinischen Kontrollen alle 3 Monate und eine Thorax-CT-Untersuchung in einem Abstand von 6 Monaten durchzuführen. Einen hohen Stellenwert im Rahmen des „Follow-up“ hat in den ersten Jahren die MRT-Untersuchung zur Beurteilung des Lokalbefundes. Neu entstandene kontrastmittelanreichernde Veränderungen sind hierbei hochsensitiv. Narben nehmen bis zu einem Zeitraum von 6 Monaten vermehrt Kontrastmittel auf und stellen sich im weiteren Verlauf dann vorwiegend signalarm da (22). Wenn möglich, sollten die MRT-Kontrollen im Verlauf immer vom gleichen Untersucher vorgenommen werden. Dies erleichtert die Vergleichbarkeit mit den Vorbefunden.
Nachsorgeintervalle
Bei high-grade-Sarkomen sind innerhalb der ersten zwei Jahre alle 2 bis 4 Monate Nachsorgekontrollen angezeigt. In der Folgezeit empfehlen sich 2- bis 3-mal jährlich Kontrolluntersuchungen. Low-grade-Sarkome bedürfen 2- bis 3-mal im Jahr Kontrolluntersuchungen.
Lokalrezidive
Lokalrezidive treten häufig nach nicht ausreichender Vorbehandlung auf und gehen mit einer deutlichen Verschlechterung der Gesamtprognose einher. Neben dem drohenden Verlust der betroffenen Extremität besteht eine erhöhte Gefahr für eine hämatogene Streuung (110).
Klinisch imponieren Lokalrezidive in der Regel als in der Narbenregion neu aufgetretene, knotige Veränderungen. In den meisten Fällen kommt es innerhalb der ersten 2 Jahre nach dem Primäreingriff zum Auftreten eines Lokalrezidives (111).
Eine signifikant erhöhte Lokalrezidivrate ergab sich in einer Multivariatanalyse von 1041 Patientendaten beim Vorliegen folgender Faktoren (63):
Die Analyse ergab keinen Einfluss der Faktoren Malignitätsgrad, Tumorlokalisation und –größe auf die Lokalrezidivrate.
Das Vorgehen bei Vorliegen eines Lokalrezidives unterscheidet sich nicht grundlegend von den Behandlungsmaßstäben bei der Primärerkrankung. Neben der Berücksichtigung funktioneller Aspekte mit Erhalt der betroffenen Extremität ist eine weite Resektion anzustreben (112). In einer Vielzahl der Fälle ist allerdings eine Amputation unumgänglich. Nach erfolgreicher Nachresektion ist eine Bestrahlungstherapie obligat. Allerdings ist bei einer Vielzahl der Patienten aufgrund der Vorbehandlung die lokal maximale Strahlendosis erreicht. Auch bei diesen Fällen bietet die Option der Brachytherapie eine gute Möglichkeit mit lokal höheren Strahlendosen das umliegende, nicht betroffene Gewebe zu schonen.
Palliativmaßnahmen
Bei fortgeschrittener Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung haben auch palliative Maßnahmen einen festen Platz im multimodalen Behandlungskonzept der Weichteilsarkome. Oberflächlich wachsende Tumorformationen mit Exulzerationen, Infektgeschehen sowie persistierenden Blutungen sind Indikationen für palliative Operationen, da sie u.a. eine deutliche Reduktion der Lebensqualität mit sich bringen. Neben einer psychologischen Mitbehandlung und auch der Schmerztherapie können plastisch-chirurgische Therapiekonzepte eine sinnvolle Ergänzung im onkologischen Gesamtkonzept darstellen.
Die durchzuführenden Operationskonzepte orientieren sich wie die Primäreingriffe an der plastisch-rekonstruktiven Leiter. Palliativ-chirurgische Operationen bedürfen allerdings andere konzeptionelle Überlegungen als es bei Primäreingriffen der Fall ist. So hat bei begrenzter Lebenserwartung der Betroffenen eine sorgfältige Risikobewertung zu erfolgen, eine möglichst kurze stationäre Behandlung ist einzuplanen. Ein besonderes Augenmerk ist auch auf die Schmerzsituation zu richten (113).
Neben operativen Therapiestrategien empfiehlt sich in jedem Fall eine Vorstellung der Betroffenen im Tumorboard. Im Zuge von interdisziplinären Behandlungskonzepten kann es auch in einer Palliativsituation sinnvoll sein, adjuvante Radio- und/oder Chemotherapien zu diskutieren.
Die Indikation zur Amputation ist auch in Palliativsituationen kritisch zu stellen. Extremitäten erhaltende Maßnahmen sollten selbst bei einer nur noch geringen Lebenserwartung der Patienten den Vorzug gegeben werden. Ausnahmen stellen hier nur große Tumormassen, die zu einem Gebrauchsverlust sowie schweren allgemeinen Einschränkungen führen, dar (113).
Perspektiven
Mögliche Ansätze hinsichtlich verbesserter Therapiestrategien könnte in der Zukunft der Einsatz von Tumorzellvakzinen, Zytokinen, Antikörpern gegen tumorspezifische Zellstrukturen und Substanzen, die die Resistenz der Tumorzellen beeinflussen, sein (2).
Durch neue Analyseverfahren wie die Genexpressionsanalyse zur Klassifizierung von Weichteilsarkomen mittels Gencluster können möglicherweise neue, multimodale Therapieverfahren entwickelt werden (12;114;115). Darüber hinaus kann die Genexpressionsanalyse eine zusätzliche Hilfestellung bei der Prognoseabschätzung und der Kontrolle des Therapieansprechens ermöglichen (12;116).
Die Abbildungen 2c-h, 3a-f, 4a-f und 5a-e sind in der Online-Blätter-Ausgabe 11/2013 vom Ärzteblatt bzw. in der Print-Variante zu finden.
Literatur beim Verfasser
Korrespondenzanschrift:
Priv.-Doz. Dr. med. habil. Frank Siemers
Plastische Chirurgie und Handchirurgie/ Brandverletztenzentrum
Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannstrost Halle
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06112 Halle (Saale)
Tel.: 0451-5002061
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