Prof. Dr. med. Andreas Stang MPHStang, A. 1,2,3, Stabenow, R.4

1  Institut für Klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität
    Halle-Wittenberg, 06097 Halle (Saale)
2  School of Public Health, Department of Epidemiology Boston University,
    715 Albany Street, Talbot Building, Boston, MA 02118, USA
3  Profilzentrum für Gesundheitswissenschaften (PZG) der Medizinischen Fakultät
    der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Magdeburger Str. 8, 06097 Halle (Saale)
4  Gemeinsames Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,
    Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen. Brodauer Str. 16-22, 12621 Berlin

Deutschlandweit erkrankten im Jahr 2010 schätzungsweise 68.710 Frauen an invasivem Brustkrebs (1). In 2005 begann das organisierte Mammographie-Screening-Programm (MSP) in Deutschland, welches für eine Bevölkerung von 10,5 Millionen anspruchsberechtigte Frauen im Alter von 50-69 Jahren geplant ist. Das MSP und seine Qualitätskontrollmaßnahmen sind in der deutschen Leitlinie (2) geregelt. Ein Einfluss des MSP auf die Brustkrebsmortalität ist erst in einigen Jahren zu erwarten (3).

Mit Einführung des MSP ist mit einem anfänglichen Anstieg der Brustkrebsinzidenz zu rechnen, da klinisch inapparente Krebse besonders in der ersten Screening-Runde (Prävalenzscreening) aufgedeckt werden. In den Folgerunden des Screenings fällt die Inzidenz dann typischerweise wieder ab. Es wird außerdem erwartet, dass sich die Verteilung der stadien-spezifischen Inzidenzraten des Brustkrebses zu Gunsten niedrigerer Stadien verschiebt. Weiterhin ist anzunehmen, dass sich das Verhältnis der brusterhaltenden Operation zur Mastektomie verbessert.
Die Brustkrebs-Operationsraten hängen von der Phase der Implementation des MSP ab. Generell lassen sich drei Phasen unterscheiden: Prä-Screening Phase, MSP-Einführungsphase, Phase nach Einführung des MSP. Weiterhin hängen Brustkrebs-Operationsraten auch von säkularen Trends der Brustkrebsinzidenz, Aktualisierungen von Therapie-Leitlinien und anderen Faktoren ab (4-8).

Die Einführung des MSP in Sachsen-Anhalt stellt im Vergleich zu den übrigen Bundesländern eine Besonderheit dar, weil
1) bis Ende 2007 praktisch kaum Screening im MSP stattfand, 2) bereits 2009 rund 30 % der 50-69 jährigen anspruchsberechtigten Frauen in diesem Jahr im MSP untersucht wurden, und 3) bis Ende 2009 praktisch alle Screening-Untersuchungen im MSP als Erstrunden-Screening (Prävalenzscreening) stattfanden.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, einen aktuellen epidemiologischen Überblick zum weiblichen Brustkrebs in Sachsen-Anhalt zu geben. Hierbei werden insbesondere die bundeslandweiten Inzidenz- und Operationsraten zur Behandlung von Brustkrebs auf Grundlage der DRG-Statistik unter besonderer Berücksichtigung der Einführung des MSP ausgewertet.

Material und Methoden

Krebsneuerkrankungen sind in Sachsen-Anhalt meldepflichtig und werden an eines der Tumorzentren in Magdeburg, Dessau oder Halle (Saale) gemeldet. Die Tumorzentren leiten die Daten an das Gemeinsame Krebsregister der Neuen Bundesländer und Berlin (GKR) weiter. Das GKR fügt Neuerkrankungen, die alleine aufgrund des Leichenschauscheines zur Kenntnis gelangen, hinzu. Vollzähligkeitsschätzungen für Brustkrebs der Diagnosejahre 2007-2008 in Sachsen-Anhalt ergaben einen Wert von über 95 % (9). Die Anzahlen an invasivem Brustkrebs (ICD-10: C50) neuerkrankter Frauen der Jahre 1995-2010 wurden vom GKR zur Verfügung gestellt. Ebenso wurde die mittlere weibliche Bevölkerung pro Kalenderjahr und Altersgruppe zur Verfügung gestellt.

Seit 2004 ist für die Bemessung der Erlöse von Krankenhäusern das DRG (diagnosis related group) System eingeführt worden. Bis auf sehr wenige Ausnahmen (wenige psychiatrische und psychotherapeutische Abteilungen, Bundeswehrsoldatinnen mit Behandlungen in Bundeswehrkrankenhäusern, Gefängniskrankenhäuser) tragen alle individuellen stationären Aufenthalte inklusive der Diagnose- und Prozeduren-Codes zur bundesweiten DRG-Statistik bei. Für jeden stationären Aufenthalt können eine primäre Diagnose und maximal 89 Nebendiagnosen, ICD-10-kodiert, vergeben werden. Weiterhin können bis zu 100 Prozeduren mit Hilfe des OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) kodiert werden.
Die Krankenhäuser übermitteln nach § 31 des Krankenhausentgeltgesetzes jährlich ihre Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK). Nach einer Plausibilitätskontrolle leitet das InEK die anonymisierten Hospitaldaten an das Statistische Bundesamt weiter, welches die DRG-Daten für wissenschaftliche Fragestellungen ab 2005 zur Verfügung stellt.
Das methodische Vorgehen wurde in mehreren Arbeiten bereits publiziert (10-14). Wir schlossen für unsere Analysen die Behandlungsjahre 2005-2009 ein und identifizierten alle Krankenhausaufenthalte von Frauen, bei denen ein invasiver Brustkrebs (ICD-10: C50) oder ein in-situ Brustkrebs (ICD-10: D05) als Hauptdiagnose kodiert wurde. Für die Auszählung von Operationen an der Brust wurden nur Frauen gezählt, die mit Wohnsitz in Sachsen-Anhalt gemeldet sind. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass diese Operationen alle im Bundesland Sachsen-Anhalt stattfanden.
Anschließend identifizierten wir aus diesen Fällen alle Aufenthalte, bei denen eine Operation der Brust (OPS-Code: 5-870 bis 5-879) kodiert wurde. Wir unterteilten die Brust-Operationen in brusterhaltende Operationen (BET) (OPS-Code: 5-870, 5-871), Mastektomien (MET) (5-872 bis 5-876) und andere Operationen (OPS-Code: 5-879). Da weniger als 0.6 % der Operationen in die Kategorie „Andere Operationen“ gehörten, wurden diese Fälle von der Analyse ausgeschlossen. Informationen zum Geschlecht oder Wohnort (Bundesland) der Fälle fehlten in weniger als 1 %. Diese Fälle wurden von der Auswertung ausgeschlossen.
Das MSP hat in 2005 mit dem Aufbau begonnen. Frauen im Alter von 50-69 Jahre werden demnach alle 2 Jahre zu einem Screening eingeladen (2). Bis 2009 wurden bundesweit alle 94 Screening-Einheiten initialisiert. Wir extrahierten die Anzahl der MSP Teilnehmerinnen pro Kalenderjahr und Bundesland (15;16). Wir korrigierten die Anzahlen untersuchter Frauen für Verzögerungen zwischen dem Einladungs- und Untersuchungsdatum. Methodische Details sowie die hier präsentierte Tabelle 1 wurden kürzlich hierzu publiziert (17).
Nach der Europäischen Screening-Leitlinie sollten mindestens 70 % der Frauen im Alter von 50-69 Jahren teilnehmen, damit ein nachhaltiger Effekt für die brustkrebs-spezifische Mortalität auf Bevölkerungsebene beobachtet werden kann (18). Bei einem zweijährlichen Einladungsverfahren bedeutet das, dass pro Jahr 35 % aller Frauen im Alter von 50-69 Jahren zu untersuchen sind.

Statistische Methoden

Wir ermittelten die jährlichen (1995-2010) altersspezifischen (< 50, 50-69, ≥ 70 Jahre) und rohen Inzidenzraten für den gesamten Altersbereich. Altersstandardisierungen erfolgten anhand des Europastandards. Für die Operationsraten der Jahre 2005-2009 wurden die Fallzahlen und mittleren Bevölkerungszahlen des Landes Sachsen-Anhalt verwendet. Aufgrund der Kürze dieses Zeitintervalls und der Datenschutzauflagen wurde auf eine Altersstandardisierung der Operationsraten verzichtet.

Ergebnisse

Bundesweit wurden im Jahr 2009 24,2 % aller anspruchsberechtigten Frauen im MSP untersucht. Sachsen-Anhalt stellt im Aufbau des MSP eine besondere Position dar. Noch in 2007 wurden nur 1.8 % der anspruchsberechtigten Frauen untersucht. In den beiden folgenden Jahren jedoch stieg der Anteil der untersuchten anspruchsberechtigten Frauen zügig auf 30,2 % in 2009 an (Tabelle 1).

Die Inzidenzraten des invasiven Brustkrebses bei Frauen im Alter von unter 50 Jahren zeigen zwischen 1995 und 2010 einen Anstieg von 25,5 auf 47,3 pro 100.000 Personenjahre (rohe Raten) bzw. von 24,6 auf 32,4 pro 100.000 Personenjahre (altersstandardisierte Raten). Der auf relativer Skala stärkere Anstieg der rohen (um 85 %) als der altersstandardisierten Inzidenz (um 32 %) ist auf die deutliche Änderung der Alterszusammensetzung der unter 50-jährigen Frauen zwischen den Jahren 1995 und 2010 zurückzuführen: beispielsweise stieg der Anteil der 40-49-jährigen Frauen von 1995 bis 2010 von 20,7 % auf 31,1 %; weiterhin hat sich der Anteil der 0-19-jährigen Frauen von 35,0 % auf 26,7 % vermindert.
Die Inzidenzen des Brustkrebses im Alter von 50-69 Jahren zeigten praktisch keine Unterschiede zwischen den rohen und altersstandardisierten Raten, weswegen hier nur die altersstandardisierten Raten besprochen werden. Die altersstandardisierten Raten der 50-69-Jährigen zeigten von 1995 bis 2007 einen nahezu monotonen Aufwärtstrend (altersstandardisierte Raten, 1995: 140,5 pro 100.000; 2007: 214,3 pro 100.000; relativer Anstieg: um 53 % in 12 Jahren). Von 2007 auf 2008 kam es dann zu einem Inzidenzanstieg um 124 pro 100,000 (2008: 338,3 pro 100.000; relativer Anstieg: um 58 % in einem Jahr). Zugleich stieg von 2007 bis 2008 der Anteil der im MSP untersuchten Frauen von 1,8 % auf 24,4 %. Von 2008 bis 2010 kam es dann wieder zu einem Abfall der Inzidenz auf 259,1 pro 100.000 in 2010 (relativer Abfall: um 23,4 %). Die altersstandardisierten Inzidenzraten der ≥ 70 Jährigen zeigte einen nahezu monotonen Anstieg zwischen 1995 und 2010 (altersstandardisierte Raten; 1995: 169,5 pro 100.000; 2010: 256,8 pro 100.000; relativer Anstieg: um 51,5 %) (Abbildung 1).

In den Jahren 2005 bis 2009 wurden insgesamt 10.097 Operationen an der Brust im Zusammenhang mit der Hauptdiagnose eines invasiven Brustkrebses durchgeführt. Hierbei betrug der Anteil der MET 34,3 %. Bei Frauen im Alter von < 50 Jahren und ≥ 70 Jahren betrug der MET-Anteil an allen Brustoperationen 30,7 % bzw. 50,3 % und änderte sich nicht über die Zeit. Bei Frauen im Alter von 50-69 Jahren hingegen kam es zu einem deutlichen Rückgang des MET-Anteils von 33,4 % in 2005 auf 21,7 % in 2009. Das Studium der Operationsraten bei Hauptdiagnose eines in-situ Tumors der Brust musste sich aufgrund des Bundesdatenschutzes auf Frauen im Alter von 50 Jahren und mehr beschränken.

Insgesamt wurden bei dieser Hauptdiagnose zwischen 2005 und 2009 1.148 Brustoperationen durchgeführt (hiervon 81,4 % als BET). Bei 50-69-jährigen Frauen stieg die Anzahl der Operationen von 95 in 2005 auf 347 in 2009. Insbesondere stieg die Anzahl zwischen 2007 und 2008. Der Anteil der MET fiel von 22,1 % in 2005 auf 15,0 % in 2009 in dieser Altersgruppe ab. Im Alter von ≥ 70 Jahren waren die Anzahlen von Operationen sehr klein, was zu einer großen statistischen Fluktuation führte. Hierdurch waren keine klaren Trendänderungen in dieser Gruppe zu erkennen (Tabelle 2).

in Vergleich der BET und MET Operationsraten pro 100.000 Sachsen-Anhaltinerinnen bei einer Hauptdiagnose eines invasiven Brustkrebses der Jahre 2005 bis 2009 zeigt, dass die größten relativen Änderungen der BET-Operationsraten in der Altersgruppe der 50-69-jährigen Frauen auftraten (2005: 155 pro 100.000; 2009: 306 pro 100,000; relativer Anstieg um 97 %).
Insbesondere zeigte sich zwischen 2007 und 2008 die deutlichste relative Veränderung. Die MET-Raten bei diesen Frauen zeigten hingegen nur geringfügige Änderungen (Abbildung 2). Die BET und MET Operationsraten bei einer Hauptdiagnose eines in-situ Tumor der Brust zeigten in der Altersgruppe der 50-69 jährigen Frauen ab 2007 einen starken Anstieg. Die BET-Raten stiegen von 26,2 (2007) auf 84,4 pro 100.000 (2009). Die korrespondierenden MET-Raten stiegen von 6,8 auf 14,9 pro 100.000. Bei Frauen ≥ 70 Jahre ließ sich aufgrund der geringen Fallzahlen und der damit einhergehenden hohen statistischen Fluktuation keine Trendänderung erkennen (Abbildung 3).

Invasiver Brustkrebs

Brusterhaltende Operationen



Mastektomien


In-Situ Brustkrebs

Brusterhaltende Operationen


Mastektomien

Diskussion

Die Einführung des MSP in Sachsen-Anhalt erfolgte praktisch erst in den Jahren 2008 und 2009. Innerhalb dieser beiden Jahre stieg der Prozentsatz der Frauen, die pro Kalenderjahr untersucht wurden, rasch auf 30,2 % an. Im Vergleich mit den anderen Bundesländern stellt damit Sachsen-Anhalt eine der Spitzenpositionen bezüglich der Teilnahme am MSP dar. Bundesweit gesehen ist das MSP noch deutlich von der in den Europäischen Leitlinien geforderten 70 % Teilnahme (d.h. pro Jahr 35 %) entfernt (BRD im Jahre 2010: 24,2 %).

Mit der Einführungsphase des MSP in Sachsen-Anhalt kam es zeitgleich zu einem deutlichen Anstieg der Inzidenz des invasiven Brustkrebses in der anspruchsberechtigten Bevölkerung. Im Jahr 2010, also dem ersten Jahr von Folge-Screening-Untersuchungen im MSP in Sachsen-Anhalt ist bereits ein deutlicher Rückgang der Brustkrebsinzidenz zu beobachten. Dieser Rückgang kann mit dem Beginn des Folge-Screenings erklärt werden: die Aufdeckraten von Brustkrebs nehmen nach dem ersten Screening deutlich ab (19). In den Jahren 2008-2009 betrug die deutschlandweite Detektionsrate von Brustkrebs in der ersten Screening-Runde (sogenanntes Prävalenzscreening) 8,2 Fälle pro 1.000 Frauen, während diese Rate in den Folge-Runden 5,6 pro 1.000 Frauen betrug (16). Wieweit die Inzidenzraten wieder rückläufig sind, hängt unter anderem von dem Ausmaß der Überdiagnose von Brustkrebs ab (19).
Operationsraten für Frauen < 50 und ≥ 70 Jahren veränderten sich nur wenig. Hingegen zeigten BET-Operationsraten bei den 50-69-jährigen Frauen deutliche Zunahmen, die zeitlich sehr eng mit der Einführung des MSP in Sachsen-Anhalt einhergingen. Ein MSP-bedingte Anstieg der Operationsraten bis inkl. 2009 ist, wenn überhaupt, nur auf das Screening im Rahmen der Prävalenzrunde zurückführbar, da Frauen noch keine Möglichkeit hatten, im Rahmen der zweijährlichen Einladungen bis 2009 in einer Folge-Runde untersucht worden zu sein. Ähnlich wie für die Inzidenz ist anzunehmen, dass die Operationsraten nach 2009 wieder rückläufig sind.
Ein Vergleich zwischen der Prä-Screening Phase (1993-1995) und der Einführungsphase des MSP in Norwegen (1996-2004) zeigte, dass die MET-Rate bei MSP eingeladenen Frauen im Alter von 50-69 Jahren um 9 % stieg, während diese Rate bei den 40-49-jährigen und ≥ 70-jährigen Frauen, die nicht eingeladen wurden, um 17 % bzw. 13 % abfielen (6).
Die Einführung des MSP in Florenz resultierte in einem Anstieg der BET-Raten und einem Abfall der MET-Raten für die Behandlung von invasiven und in-situ Brustkrebs bei Frauen im Alter von 50-69 Jahren (20). Die Validität dieser Studie wurde aber von einigen Wissenschaftlern angezweifelt (21).  Eine gepoolte Analyse mehrerer Regionen Italiens, die ein MSP zwischen 1990 (Florenz) und 1999 (Verona) einführten, zeigte, dass die MET-Raten zur Behandlung von invasiven und in-situ Brustkrebsen zwischen 1997 und 2001 von 110 auf 89 pro 100.000 Frauen abfielen während die BET-Raten von 183 auf 242 pro 100.000 Frauen anstiegen (22). Der Süden der Niederlande führte ein MSP in der Zeit zwischen 1992 und 1996 ein. Mit der Einführung des MSP stieg bis 1998 die Anzahl der Frauen, die einer BET oder einer MET unterzogen wurden, um 71 % bzw. 84 % an (5) (23). Im Jahre 1990 war das MSP in England aufgebaut. Bis 2001 stieg die absolute Anzahl von MET für invasiven Brustkrebs von 9.226 auf 12.522 (um 36 %) und für in-situ Brustkrebs von 199 auf 1.039 (um 422 %) an. Die Anzahl von BET für invasiven Brustkrebs stieg im selben Zeitraum von 11.270 auf 16.246 (um 44 %) und für in-situ Brustkrebs von 438 auf 2.052 (um 368 %) an (24). Während Nordirland sein MSP für 50-64-jährige Frauen in 1993 begann, startete die Republik Irland sein MSP in 2000. BET-Raten in Nordirland (Frauen, 50-64 Jahren) waren im Jahre 1993 deutlich höher als in der Republik Irland (140 versus 79 pro 100.000 Frauen). Die MET-Raten in Nordirland stiegen zwischen 1994 und 1999 nur bei Frauen im Alter von 65 Jahren und mehr an (jährlicher Anstieg um 8,1 %), während diese Raten im selben Zeitraum nur um jährlich 2.9 % in der Republik Irland anstiegen (25).
Verschiedene Gründe können dazu beitragen, dass die MET-Raten in Sachsen-Anhalt kaum angestiegen sind: 1) der Anteil der BET bei Brustkrebs war schon vor der Einführung des MSP in Sachsen-Anhalt hoch, was möglicherweise bewirkt hat, dass die MET-Raten bei den anspruchsberechtigten Frauen in Sachsen-Anhalt – wenn überhaupt – nur gering angestiegen sind; 2) Opportunistisches Mammographie-Screening, d.h. Screening außerhalb des MSP war in Deutschland vermutlich stark verbreitet, auch wenn empirische Daten hierzu fehlen. Bereits 1999 betrug der Anteil von in-situ Tumoren an allen Brustkrebsen im Alter von 50-69 Jahren 11-12 % (z.B. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern), was einen starken Hinweis für opportunistisches Screening liefert (26). Vermutlich ist deswegen die Stadienverteilung von MSP-aufdeckbaren Tumoren bereits mit Einführung des MSP günstiger gewesen als in anderen Ländern, die MSP eingeführt haben und weniger starkes opportunistisches Screening hatten. Diese günstigere Stadienverteilung hat möglicherweise einen Anstieg der MET-Raten konterkariert. Verschiedene Faktoren limitieren die Aussagekraft der Ergebnisse. Eine stadien-spezifische Analyse sowohl der Inzidenz- und als auch Operationsraten war nicht möglich. Neben dem MSP als Erklärungsfaktor für die Änderungen der Inzidenz- und Operationsraten kann es weitere Faktoren geben, die wir nicht näher untersucht haben. Hierzu zählen säkulare Trendänderungen der Inzidenzraten und Änderungen von Therapiekonzepten zur Versorgung des Brustkrebses (21). Der Bundesdatenschutz verhinderte leider die Auswertung von Operationsraten zur Behandlung von in-situ Tumoren bei Frauen unter 50 Jahren.

Literatur beim Verfasser

Korrespondenzanschrift: Prof. Dr. med. Andreas Stang MPH,
Institut für Klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät,
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
Magdeburger Str. 8, 06097 Halle, Tel. +49-345-557-3567,
Fax +49-345-557-3565, e-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!