
Bewertung der neuen endoskopischen Therapieverfahren
Blankenburg T.1, Krüger M.2, Schütte W.1
1 Klinik für Innere Medizin II, Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau
2 Klinik für Thoraxchirurgie, Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau
Einleitung
Die COPD mit den Phänotypen Chronisch-Obstruktive Bronchitis sowie Lungenemphysem tritt weltweit immer häufiger auf. In Deutschland liegt die Prävalenz bei Personen ab 40 Jahren bei 13 %1. Die Behandlung der COPD stellt eine der wesentlichen Herausforderungen für die Medizin in den nächsten Jahrzehnten dar 2.
Die Gemeinsamkeit der COPD ist eine pathologische, progrediente inflammatorische Reaktion auf inhalative Noxen. Die Schweregradeinteilung der COPD erfolgt nach den aktuellen GOLD (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease) Empfehlungen anhand des FEV1, der Exazerbationshäufigkeit sowie anhand patientenzentrierter Outcomes 2. Damit geht sowohl die individuelle Schwere der Erkrankung als auch das Risiko für eine schnelle Krankheitsprogression in die Therapieentscheidung ein. Während bei Patienten mit bronchitischem Phänotyp der Schweregrad der COPD durch die aktuelle Einteilung adäquat abgebildet werden kann, wird der emphysematische Phänotyp (Tabelle 1) durch die aktuelle Einteilung oft nicht adäquat beurteilt. Bei Patienten mit dem emphysematischen Phänotyp (im Folgenden „Emphysem“) hat beispielsweise nicht der Grad der Atemwegsobstruktion (gemessen am FEV1) Einfluss auf das Ausmaß der Atemnot, sondern die Überblähung (Residualvolumen) und die Gasaustauschstörung (Diffusionskapazität) 2.
Bei einem Teil der Lungenemphysempatienten kann unabhängig vom FEV1 die Lungenvolumenreduktion sowohl die Prognose verbessern als auch die Atemnot lindern und die Belastbarkeit und Lebensqualität verbessern3,4,5,8. Im Folgenden wird ein Überblick über die pathophysiologischen Mechanismen der Atemnot bei Lungenemphysem, die Lungenemphysemtherapie sowie über die aktuelle Datenlage gegeben und über eigene Erfahrungen berichtet.
Atemnot bei Lungenemphysem
Bei fortgeschrittenem Lungenemphysem sind die Ursachen von Atemnot vielschichtig. Atemnot ist das subjektive Empfinden vermehrter Atemarbeit und wird beim Lungenemphysem durch ungünstige Atemmechanik, durch die Notwendigkeit vermehrter Ventilation infolge verminderten Gasaustausches (Verlust alveolärer Oberfläche) und nicht zuletzt durch erhöhten Atemwiderstand (Atemwegsobstruktion) verursacht. Daneben wird Atemnot bei diesen Patienten oft durch eine ungünstige Energiebilanz sowie durch eine depressive Stimmungslage verstärkt.


Unter körperlicher Belastung kommt es schneller zu Atemnot bei verminderter inspiratorischer Kapazität (fehlende Lungenfunktionsreserve) sowie durch die dynamische Überblähung (Verschiebung der Atemmittellage in Richtung Inspiration, Vergrößerung des endexspiratorischen Lungenvolumens). Bei Untergewichtigkeit wird die beschriebene Situation durch verminderte Energiereserven aggraviert.
Die Atemnot führt häufig dazu, dass Betroffene jegliche Form von Bewegung meiden. Die Folgen davon sind neben sozialer Deprivation und psychischen Problemen wie Depressionen und Angststörungen der weitere körperliche Abbau12.
Therapieprinzipien der stabilen COPD
Da das Lungenemphysem zur Krankheitsgruppe der COPD gehört, gelten die Therapieprinzipien der COPD, die hier schlaglichtartig hervorgehoben werden: Basismaßnahme der COPD-Therapie ist die Rauchentwöhnung. Zusätzlich ist eine indikationsgerecht angewandte inhalative Therapie als Basistherapie indiziert2. Neben den Basismaßnahmen kann die individuelle Situation des Patienten durch verschiedene zusätzliche Optionen verbessert werden. Wirksame Therapien sind beispielsweise die Langzeitsauerstofftherapie, Ernährungsintervention oder die Heimbeatmungstherapie.
Die verschiedenen Phänotypen der COPD werden in den aktuellen Therapieempfehlungen berücksichtigt. So werden bei häufigen Exazerbationen des Bronchitikers inhalative Kortikosteroide oder Phosphodiesterase-5-Inhibitoren erfolgreich eingesetzt. Beim emphysematischen Phänotyp stehen andere Therapieansätze im Vordergrund: So kann bei relevanter Hypoxämie eine Langzeitsauerstoffbehandlung die Lebensqualität sowie die Prognose verbessern2. Erfolgreiche Ernährungsintervention kann bei untergewichtigen COPD-Patienten die Lebensqualität und die Prognose verbessern14,15. Bei übergewichtigen Patienten zielt die Ernährungsintervention darauf ab, die Beweglichkeit zu verbessern und die Energiebilanz der Muskulatur, bezogen auf das Körpergewicht, zu verändern.
Aus dem zuvor Dargelegten geht hervor, dass die vorhandenen Therapieoptionen der Atemnot insbesondere bei Lungenemphysem, im Vergleich zu anderen chronischen Erkrankungen, begrenzt sind. An dieser Stelle kann der gezielte Einsatz der endoskopischen oder chirurgischen Emphysemtherapie einen Benefit erbringen.

Endoskopische und chirurgische Therapieoptionen beim Lungenemphysem
Für Patienten mit schwergradigem symptomatischen Lungenemphysem empfiehlt die GOLD Maßnahmen zur Lungenvolumenreduktion2. Ziel dieser Maßnahmen ist eine Abnahme der Überblähung und damit Verbesserung der Beweglichkeit der Lunge durch Volumenzugewinn sowie durch eine bessere Umsetzung der Zwerchfellkraft in Ventilation (das Zwerchfell steht in Exspiration wieder gewölbter und höher im Thorax). Mit der Verbesserung der funktionellen Kapazität der Ventilation wird die Grundlage dafür geschaffen, dass sich die Belastbarkeit und damit die Lebensqualität des Patienten verbessern. Grundvoraussetzung ist, dass die physische Leistung des Patienten, d. h. die atemmuskulären Reserven und vor allem die allgemeine physische Leistung, trainierbar sind. Letztere wird durch Komorbidität, Alter und Motivation zum Training beeinflusst.
Die wissenschaftliche Basis der Maßnahmen zur endoskopischen Lungenemphysemtherapie liegt vor allem in den Ergebnissen der NETT-Studie (National Emphysema Treatment Trial) zur Belastbarkeit und in positiven Langzeitüberlebensdaten nach chirurgischer Lungenvolumenreduktion4,5. Die neuen endoskopischen Verfahren zur Lungenvolumenreduktion wurden entwickelt, um ohne einen thoraxchirurgischen Eingriff eine Lungenvolumenreduktion zu erreichen. Zu den endoskopischen Techniken liegen inzwischen valide Daten kontrollierter Studien vor8,16,17. Bisher haben die Verfahren mit dem Einsatz von Ventilen und Coils positive Ergebnisse erbracht, die einen klinischen Einsatz bei ausgewählten Patienten rechtfertigen. Andere Verfahren sind in der klinischen Testung.
Den Spontanverlauf der COPD bessern auch lungenvolumenreduzierende Maßnahmen nicht, sodass es sich bei diesen Verfahren jeweils um eine symptom-, funktions- und lebensqualitätsverbessernde Therapie handelt. Nach endoskopischer Lungenvolumenreduktion ist, bei gegebener Indikation, eine Lungentransplantation aus technischer Sicht machbar und nicht mit erhöhtem Infektionsrisiko verbunden18. Die Indikationen für eine Lungenvolumenreduktion stellt folgende Übersicht zusammengefasst dar.
Chirurgische Verfahren zur Lungenvolumenreduktion
Bullaresektion
Bei Patienten mit isolierten großen Bullae, die das umgebende weniger befallene Lungengewebe komprimieren, führt eine uni- oder bilaterale Bullaresektion zu deutlicher Verbesserung der Lungenfunktion (Überblähung) und der Belastbarkeit. Für diese Patienten ist der chirurgische Eingriff die Therapie der Wahl (Abb. 1). Die Entfernung auch sehr großer Bullae ist operationstechnisch i. d. R. unproblematisch. Durch die Entfaltung der zuvor durch die Bulla komprimierten Anteile des Lungenparenchyms ist bereits frühpostoperativ eine Verbesserung der respiratorischen Situation des Patienten zu erwarten. Die Indikation zur Bullaresektion kann bei sicherem CT-morphologischen Nachweis von durch die Bullae kompromiertem Lunngenparenchym relativ großzügig gestellt werden.
Chirurgische Lungenvolumenreduktion im engeren Sinne
Im Gegensatz zur Bullaresektion profitiert von der chirurgischen Lungenvolumenreduktion im eigentlichen Sinne nur eine sehr umschriebene Patientengruppe. Im Rahmen der Lungenvolumenreduktion erfolgt die Resektion der am stärksten destruierten Emphysemareale mit dem Ziel, die Atemmechanik zu verbessern sowie die Belastbarkeit der Patienten (können besser durchatmen) zu erhöhen.
Im Rahmen der NETT-Studie konnten längerfristige funktionelle Vorteile (> 2 Jahre) und ein Überlebensbenefit für Patienten mit geringer Belastbarkeit und oberlappenbetontem Emphysem nachgewiesen werden5 . Dieser Benefit ist jedoch bei Patienten mit erheblicher Leistungseinschränkung und weit fortgeschrittenen pulmonalen Funktionsstörungen nicht erkennbar. Ebenfalls basierend auf den Ergebnissen der NETT-Studie, sind Patienten mit erheblicher Leistungseinschränkung (6-min-Gehstrecke < 140 m) und sehr weit fortgeschrittener pulmonaler Destruktion (FEV1 < 20 % des Sollwertes TLCO < 20 %) oder Patienten mit einem homogenen Emphysem von der Operation auszuschließen7.
Aktuelle Publikationen zeigen, dass unter Einhaltung dieser Auswahlkriterien eine sichere Durchführung der Lungenvolumenreduktion möglich ist und auch langfristige funktionelle Verbesserungen erzielt werden können8.
Endoskopische Verfahren zur Lungenvolumenreduktion
Ventile zur Funktionsverbesserung bei Lungenemphysem
Als erste endoskopische Therapiemethode wurde der bronchoskopische Einsatz von Ventilen zur Lungenvolumenreduktion bei Lungenemphysem untersucht. Die Ventile verhindern das Einströmen von Atemluft während der Inspiration über den Bronchus in die überblähten Areale. Bei der Exspiration erlaubt der Ventilmechanismus den Austritt von Luft und Sekreten. Infolge dessen kommt es zur Reduktion der Überblähung und zum Auftreten einer Absorptionsatelektase. Die Applikation der Ventile erfolgt über einen Katheter in Segment bzw. Subsegmentbronchien. Dieses Verfahren ist reversibel19.
Die erste kontrollierte randomisierte Studie zu diesem Verfahren ist die sogenannte VENT-Studie (Endobronchial Valve for Emphysema PalliatioN Trial), eine prospektive multizentrische randomisierte Studie an 321 Patienten mit heterogenem Lungenemphysem. Sechs Monate nach dem Eingriff war das FEV1 in der mit Ventilen therapierten Gruppe um 6,8 % besser, ähnliche Ergebnisse wurden beim 6-Minuten-Gehtest beobachtet. Die Verbesserungen waren zwar jeweils signifikant, aber klinisch nicht relevant. Nach 90 Tagen wurden in der Ventil-Gruppe häufiger hospitalisationspflichtige Exazerbationen festgestellt als in der Kontrollgruppe (7,9 % vs. 1,1 %). Auch Hämoptysen traten bei Patienten mit Ventilen häufiger auf (6,1 % vs. 0,0 %). Als Patienten mit dem größten Nutzen wurden in zwei verschiedenen post-hoc-Analysen der genannten Studie Patienten mit heterogenem Lungenemphysem und fehlender sog. „kollateraler Ventilation“ identifiziert 8, 20.
Kollaterale Ventilation beschreibt einen transseptalen Luftstrom zwischen benachbarten Lungenarealen, der bei Lungenemphysem häufig nachweisbar ist. In dieser Situation ist dieses Verfahren nicht effektiv. Kollaterale Ventilation wird mit einem speziell dafür entwickelten Messgerät während einer Bronchoskopie gemessen. Mit der BeLieVeR-HIFi-Studie wurde im Jahr 2014 eine randomisierte kontrollierte Studie an 50 Patienten mit den aus der VENT-Studie definierten Effektivitätskriterien (heterogenes Lungenemphysem, fehlende kollaterale Ventilation) publiziert. Drei Monate nach dem Eingriff war eine Verbesserung des FEV1 um 8,77 % versus 2,88 % in der Kontrollgruppe nachweisbar21. Weitere Untersuchungen mit verschiedenen endoskopisch zu platzierenden Ventilen zeigten signifikante Verbesserung der Lebensqualität22,23.
Coils zur Funktionsverbesserung bei Lungenemphysem
Eine neuere Therapiemethode im Bereich der interventionellen Therapieoptionen ist die beidseitige Implantation von Coils. Die Spiralen aus Nitinoldraht werden im Rahmen einer flexiblen Bronchoskopie in gestrecktem Zustand in einen Segment- bzw. Subsegmentbronchus eingebracht. Nach der Freisetzung aus dem Trägerkatheter nehmen die Coils wieder ihre Spiralform an und raffen das Lungengewebe. Die kleinen Spiralen erfüllen drei Aufgaben:
- Kompression des überblähten Lungengewebes
- Verbesserung der elastischen Retraktionskraft
- Stabilisation der kleinen Atemwege.
Im Gegensatz zu den Ventilen erzeugen die Coils keine Atelektase, d. h. es geht keine gasaustauschende Fläche verloren. Aufgrund des Wirkprinzips kann dieses Verfahren unabhängig von kollateraler Ventilation angewendet werden. Studien zeigen zudem, dass Coils neben dem heterogenen auch beim homogenen Emphysem zum Einsatz kommen können24. Das Coil-Verfahren ist irreversibel, d. h. Coils können nur in Einzelfällen endoskopisch wieder entfernt werden. Dies ist auch in nahezu allen Fällen nicht notwendig. Als erste randomisierte, kontrollierte Studie zur Verwendung von Coils zur Behandlung des fortgeschrittenen Lungenemphysems wurde im Jahr 2013 die RESET-Studie (RePneu Endobronchial Coils for the Treatment of Severe Emphysema with HyperinflaTion trial) publiziert16. 23 Patienten mit einem schweren Emphysem wurden mit Coils behandelt und mit 23 Patienten eines Kontrollarms verglichen. Nach drei Monaten konnten signifikante Verbesserungen der Lungenfunktion sowie eine signifikante und klinisch relevante Verbesserung der Belastbarkeit in der mit Coils behandelten Gruppe festgestellt werden. Die FEV1-Verbesserung nach Coilimplantation betrug 14,19 % (ohne Coils 3,57 %). Die 6-Minuten-Gehstrecke war um 51,15 m und damit klinisch relevant länger, während sie sich in der Kontrollgruppe um 12,39 m verschlechterte. Das Residualvolumen verbesserte sich ebenfalls signifikant. Als Komplikationen traten COPD-Exazerbationen, pulmonale Infektionen und Pneumothoraces auf, wobei es zwischen der Therapie- und der Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede bezüglich schwerwiegender Komplikationen gab.
Die im Januar 2016 publizierte REVOLENS-Studie (Reduction Volumique Endobronchique par Spirales) zeigte ähnliche Ergebnisse19. Die randomisierte, kontrollierte Studie wurde an 100 Patienten durchgeführt und vom französischen Gesundheitsministerium finanziert. Nach sechs Monaten zeigten mit Coils behandelte Patienten signifikant häufiger eine Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke um mindestens 54 m als Patienten des Kontrollarms (36 % vs. 18 %). Die Verbesserung des FEV1 betrug 0,06 l, Patienten ohne Coils wiesen eine Verschlechterung um 0,03 l auf. Die Ergebnisse blieben über zwölf Monate stabil. Häufigkeit und Schweregrad der schwerwiegenden Komplikationen (pulmonale Infektionen und Pneumothoraces) waren mit den vorherigen Studien vergleichbar. Den langfristigen klinischen Nutzen des Verfahrens demonstrieren beispielhaft Daten einer kleinen klinischen Studie über drei Jahre11: Bei etwa der Hälfte der behandelten Patienten war eine Verbesserung der Dyspnoe-Scores und der körperlichen Belastbarkeit nach drei Jahren noch klinisch relevant. Zudem wird der Nutzen der Coil-Behandlung im „Real Life“ zurzeit im größten prospektiven Register zur endobronchialen Lungenemphysembehandlung europaweit untersucht. Derzeit sind Daten von insgesamt 573 Patienten aus Österreich, Deutschland, Spanien und der Schweiz enthalten. Eine Gegenüberstellung der Wirkprinzipien der endoskopischen Verfahren zur Funktionsverbesserung bei schwergradigem Lungenemphysem gibt die Tabelle 4.

Lungenvolumenreduktion: Praktische Erfahrungen
Die zugelassenen Verfahren zur chirurgischen und endoskopischen Lungenvolumenreduktion werden im Krankenhaus Martha-Maria für Patienten mit symptomatischem Lungenemphysem seit 2011 indikationsgerecht und mit Erfolg angewandt. Zwischen März 2014 und April 2016, also in den letzten zwei Jahren wurden insgesamt 67-mal endoskopische Lungenvolumenreduktionen durchgeführt. Das mittlere Alter der Patienten betrug 67 Jahre, der jüngste Patient war 43 Jahre, die älteste Patientin 76 Jahre alt. Bei allen Patienten lag ein schwergradiges Lungenemphysem vor (Residualvolumen > 200 % des Sollwertes). Die Art des endoskopischen Verfahrens wurde in Abhängigkeit vom Emphysemtyp entsprechend den individuellen Gegebenheiten gewählt. Ventile kamen bei bullösem Lungenemphysem mit hochgradiger pulmonaler Destruktion zum Einsatz. Patienten mit bullösem Lungenemphysem, die nicht für eine Ventilimplantation infrage kommen, werden mit den Kollegen der thoraxchirurgischen Klinik diskutiert und bei entsprechender Indikation chirurgisch behandelt. Einzelne Lungenemphysempatienten, die wegen erheblicher Belastungsdyspnoe vorgestellt wurden, mussten direkt in einem Lungentransplantationszentrum vorgestellt werden.
Erfahrungen mit CoilimplantationIm Rahmen der Nachuntersuchung 12 Wochen nach Coilimplantation wurde eine Verbesserung der Überblähung (Abfall des RV um mind. 400 ml) bei 19 von 31 Patienten (61 %) sowie eine signifikante Besserung der körperlichen Belastbarkeit (6-Minuten-Gehstrecke um mehr als 30 m) bei 22 Patienten (71 %) dokumentiert. Der Erfolg der Coilbehandlung war im vorgestellten Patientenkollektiv von verschiedenen Faktoren abhängig. Es hat sich insbesondere gezeigt, dass Patienten mit relevanter Komorbidität oder Kachexie nicht profitieren. Hier wurde die spiroergometrische Belastungsuntersuchung als Entscheidungshilfe erfolgreich angewandt. Nur wenn die Spiroergometrie erbrachte, dass die Leistungslimitation des Patienten primär durch das Lungenemphysem verursacht war, kam die endoskopische Emphysemtherapie zum Einsatz.
Die im präsentierten/im eigenen Kollektiv dokumentierten Komplikationsraten weichen von den Literaturdaten nach unten ab. Die Rate an perioperativen Exazerbationen liegt bei < 5 % und ist damit geringer als in der Literatur beschrieben. Die Häufigkeit an Pneumothoraces ist ebenso im Vergleich zur Literatur geringer (5 %). In den letzten zwei Jahren sind bei unseren Patienten insgesamt drei schwere Komplikationen (4,5 %), die den Krankenhausaufenthalt verlängerten, einen ITS-Aufenthalt oder ein chirurgisches Eingreifen notwendig machten, aufgetreten. Damit kann gezeigt werden, dass in der klinischen Routine eines aktiven Behandlungszentrums die endoskopische Emphysemtherapie effektiv und sicher anwendbar ist und für ausgewählte Patienten zu einer spürbaren Verbesserung der Lungenfunktion und Belastbarkeit führt.
Alle Verfahren zur Lungenvolumenreduktion bei Lungenemphysem werden aktuell einer kritischen Bewertung durch das Institut für Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQUiG) hinsichtlich Nutzen, Risiken und Kosteneffizienz unterzogen. In einem Vorabbericht, der den Autoren vorliegt, kommt dieses Institut zu folgenden Aussagen:
- für die chirurgische Lungenvolumenreduktion ergibt sich, verglichen mit keiner zusätzlichen Therapie, mittelfristig ein Hinweis auf Nutzen durch verringerte Gesamtmortalität
- (für die bronchoskopischen Verfahren wurden, aus Sicht der Autoren, nicht alle randomisierten klinischen Studien referiert) für endoskopische Lungenvolumenreduktion mit Ventilen ergibt sich ein Nutzen hinsichtlich gesundheitsbezogener Lebensqualität, für die bronchoskopische LVR mit Spiralen (Coils) ergab sich ein Anhaltspunkt für einen Nutzen hinsichtlich der körperlichen Belastbarkeit.
Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Wenngleich das IQUiG positive Aspekte bei allen lungenvolumenreduzierenden Verfahren beschreibt, wird die Bewertung durch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie kritisiert, weil positive Studienergebnisse aus Sicht der Fachgesellschaft nicht vollständig berücksichtigt wurden.
Fazit
Die nicht-medikamentösen Verfahren zur funktionellen Verbesserung bei schwergradigem symptomatischen Lungenemphysem sind ein Bestandteil der Therapie bei ausgewählten Patienten mit Lungenemphysem. Von diesen Verfahren profitieren Patienten, bei denen die fortgeschrittene pulmonale Destruktion Ursache für die Atemnot ist und die noch Ressourcen für eine Leistungssteigerung besitzen. Wenngleich viele Fragen noch ungeklärt sind (z. B. prädiktive Faktoren für Ansprechen, Dauer des Effektes, Zielparameter, Folgeoptionen usw.), sollten mit symptomatischen Lungenemphysempatienten die beschriebenen Therapieoptionen diskutiert und die Verfahren indikationsspezifisch, unter Beachtung der engen Indikation und der Kontraindikationen angewandt werden. Eine differenzierte Anwendung der verschiedenen Verfahren – Ventilimplantation, Coils, Bullaresektion, chirurgische Lungenvolumenreduktion oder Lungentransplantation – verbessert für viele Patienten in dieser Situation die Belastbarkeit und damit die Lebensqualität.
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Korrespondenzadresse:
Dr. med. Thomas Blankenburg
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