
Asperger, W.*; Meyer, F.*; Wolf, M. #; Lippert, H.; Gastinger, I.
* gleichberechtigte Erstautoren
Aus dem AN-Institut für Qualitätssicherung in der operativen Medizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg;
# Abteilung Qualitätssicherung, Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Magdeburg; Deutschland
Einführung
Nach der Etablierung eines einheitlichen Systems der chirurgischen Leistungserfassung (ICD, ICP) und Qualitätssicherung durch flächendeckende, prospektive, multizentrische Beobachtungsstudien Anfang der neunziger Jahre [1] in Ostdeutschland ergab sich die Notwendigkeit, die Ergebnisse transparent und vergleichbar zu machen. Damit wurden Grundlagen für eine gemeinsame Auswertung geschaffen, die es letztlich ermöglichten, die externe Qualitätssicherung auf eine breite Basis zu stellen und flächendeckend durchzuführen.
Besondere Bedeutung erlangte in diesem Zusammenhang die mit dem Gesundheitsstrukturgesetz verbundene Einführung der Fallpauschalen und Sonderentgelte. Niemals vorher waren Krankheitsbilder und dazugehörige chirurgische Therapien so genau definiert und auch bindend in die Praxis eingeführt worden. Das war die unabdingbare Voraussetzung für eine regionale Etablierung der externen Qualitätssicherung über die Landesärztekammern.
Vorreiter war die LÄK Baden-Württemberg [2]. Bis zum Jahre 1993 gesellten sich Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hinzu. Anderen Ländern blieb die Teilnahme durch nicht geklärte Finanzierung versagt, einige gingen den Weg auch ganz allein und schafften sogenannte Insellösungen (z. B. LÄK Brandenburg), welche jedoch den direkten Vergleich schwierig gestalteten, da sie Unterschiede sowohl in den Fragestellungen als auch bei der Auswertung zeigten.
Tracerdiagnose Cholelithiasis und CESAQ-Studie
(CholecystEktomieStudie der AG Qualitätssicherung)
Mit dem Begriff Tracer belegte man in der externen Qualitätssicherung zunächst eine Diagnose, welche geeignet erschien, das Verfahren an Hand von ausgewählten Qualitätsindikatoren zu prüfen. Im Zeitraum 1985/86 wurde bereits von der „AG Qualitätssicherung“ der Gesellschaft für Chirurgie der DDR eine regionale multizentrische Beobachtungsstudie zur Gallenchirurgie durchgeführt [1,3]. Dabei wurden 929 Eingriffe bei Cholelithiasis erfasst. Die unmittelbar vor der MIC–Methode ausgewerteten Daten der offenen Chirurgie boten sich als gute Vergleichsmöglichkeit an. Die Einführung und flächendeckende Etablierung der laparoskopischen Cholezystektomie (LCE) zur Behandlung der Cholelithiasis Anfang der neunziger Jahre wurde von einer prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie (CESAQ) nach der 1985/86 inaugurierten Methode qualitätssichernd begleitet [4,5].
Diese beiden Studien bildeten zusammen mit den Arbeiten von W. Schega und O. Scheibe die Grundlagen für die Weiterentwicklung strukturierter regionaler Programme zur Qualitätssicherung über die Landesärztekammern [6,7]. Im Zeitraum vom 01.09.1994 bis zum 31.08.1995 wurde die regionale prospektive multizentrische klinische Beobachtungsstudie (CESAQ) unter Beteiligung von 29 ostdeutschen Kliniken zur Behandlung der Cholelithiasis durchgeführt. Die Einbeziehung von Kliniken unterschiedlichster Größe und Prägung sowie die Beteiligung aller Universitätskliniken der Region sollte eine breite Aussage ermöglichen. Die Daten zu Fragestellungen des prä-, intra- und postoperativen Vorgehens und Verlaufes wurden anhand eines Erhebungsbogens prospektiv erfasst und zentral ausgewertet. Der Hauptgrund für die rasante Geschwindigkeit der flächendeckenden Etablierung der LCE in die Praxis war sicher der offensichtliche und überzeugende Benefit für den Patienten. Faszination der Operationsmethode, Medienwirksamkeit und Drängen der Industrie dürften jedoch auch eine gewisse Rolle gespielt haben.
Eine Gegenüberstellung von Patientengruppen oder gar Randomisation war nicht mehr oder nur noch bedingt möglich, da zumindest in dieser Phase eine Selektion des Krankengutes stattfand und die schwierigeren, komplikationsträchtigeren Eingriffe sowie Patienten mit erhöhtem Risiko der konventionellen Operationsmethode vorbehalten blieben. In dieser Situation wurde die Begleitung eines vor der flächendeckenden Einführung nicht wissenschaftlich evaluierten Operationsverfahrens (z. B. durch die Universitätskliniken) durch eine multizentrische prospektive Qualitätssicherungsstudie dringend notwendig. Durch Beteiligung von Kliniken unterschiedlichsten Profils (Grund– und Regelversorgung bis Universitätsklinik) konnte versucht werden, die unterschiedlichen perioperativen Vorgehensweisen anhand der Ergebnisse vergleichend zu werten und zu wichten. Besonders die CESAQ–Studie erlaubte zu diesem Zeitpunkt bereits mit den multizentrisch gewonnenen Erkenntnissen die Qualitätssicherungsprojekte der Landesärztekammern von sechs Bundesländern, in denen die Cholezystolithiasis zu den Tracerdiagnosen gehörte, zu unterstützen. Dies betraf vor allem die praxisrelevante Festlegung aussagefähiger Qualitätsparameter.
- Ärztekammer Baden-Württemberg: Qualitätssicherung Chirurgie 1995
- Ärztekammer Nordrhein: Qualitätssicherung Chirurgie 1995
- Ärztekammer Sachsen: Qualitätssicherung Chirurgie 1995
- Ärztekammer Schleswig-Holstein: Externe Qualitätssicherung Chirurgie 1995
- Ärztekammer Westfalen-Lippe: Qualitätssicherung Chirurgie 1995
- Ärztekammer Sachsen–Anhalt Chirurgie 1995
Vergleich ausgewählter Ergebnisse der regionalen Programme zur Qualitätssicherung der Gallenchirurgie über die Landesärztekammern (LÄK)
1995 wurde in den neuen Bundesländern nur in Sachsen-Anhalt die Zweidrittelgrenze bei primär LCE übertroffen. Insgesamt erreichten die westlichen Bundesländer einen Gesamtdurchschnitt von 66,3 % gegenüber 62,6 % in den östlichen. Der Anteil primär offener Operationen steht im Verhältnis 26,4 % zu 31,7 %. Der Unterschied war insgesamt nur noch gering und aus der Entwicklung der Zahlen seit 1993 konnte man am Beispiel Sachsen-Anhalts konstatieren, dass sich dieser geringfügige Unterschied wohl in den nächsten 2-3 Jahren insgesamt ausgleichen würde. So lag die Rate primär laparoskopischer Operationen dort im Jahr 1993 bei 57,5 %, 1994 bei 61,6 % und stieg 1995 auf 67,1 % an [6]. Die wohl folgenreichste Komplikation der Gallenchirurgie stellen die Läsionen des Hauptgallenganges dar. Nach Literaturangaben bewegte sich 1995 die Inzidenz zwischen 0 und 11,3 % bei laparoskopischem (im Mittel 0,4 %) und 0-5,4 % bei konventionellem Vorgehen (im Mittel 0,3 %) [8] – Abb. 1.
Ein Vergleich der Qualitätssicherungsprojekte der Länder zeigte, dass die Raten bei beiden Verfahren zwischen 0,2 und 0,6 % lagen, in der offenen Chirurgie höher als beim laparoskopischen Verfahren. In der CESAQ–Studie lag die höchste Rate der Hospitalletalität in der Gruppe der konventionellen (offenen) Cholezystektomien (LCE) mit Choledochusrevision von 3,3 % vor, damit ein Vielfaches höher als bei einfacher KCE (0,7 %) – Tab. 1/Abb. 2.
Abb. 1 und Abb. 2 siehe Online-Artikel:
www.t1p.de/mf-3-22
Die Hospitalletalität nach „intent-to-treat“-LCE wurde mit 0,34 % und in der Konversionsgruppe mit 0,03 % angegeben. Dies deckt sich ebenfalls mit den Angaben der Qualitätssicherungsprojekte der Länderärztekammern.
Damit zeigten die Ergebnisse der Qualitätssicherungsprojekte in der Gallenchirurgie der LÄK die angestrebte Vergleichbarkeit als Grundlage für ein valides Benchmarking der beteiligten Kliniken.

Beispiel „externe Qualitätssicherung der Tracerdiagnose Cholelithiasis/Cholezystektomie“ an einer Landesärztekammer (Sachsen-Anhalt)
1991 begannen die Vorarbeiten für die Beteiligung Sachsen-Anhalts an laufenden Qualitätssicherungsprojekten. Dabei kam es zum Erfahrungsaustausch mit den Chefärzten der Chirurgischen Kliniken des Landes sowie zu Informationsfahrten zu den Projektgeschäftsstellen der Landesärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe. 1992 folgte die Konstituierung der Arbeitsgruppe Qualitätssicherung in der Chirurgie sowie die organisatorische Vorbereitung des Verfahrens in der Geschäftsstelle der Landesärztekammer. Obwohl die Verhandlungen mit Kassen und Krankenhausgesellschaften um sogenannte dreiseitige Verträge nach SGB V § 137 noch nicht zustande gekommen waren und damit auch die Finanzierung nicht gesichert war, entschloss man sich einmütig, 1993 die Qualitätssicherung in der Chirurgie mit der Tracerdiagnose Cholelithiasis zu beginnen. Nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen konnte dann auch die Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung an der Ärztekammer Sachsen-Anhalt ihre Tätigkeit aufnehmen.
Die Tracerdiagnose Cholelithiasis bot in dieser Zeit natürlich eine exzellente Möglichkeit, einerseits den zweithäufigsten chirurgischen Eingriff in Deutschland nach der Leistenhernienreparation, andererseits einen Eingriff, welcher in seiner Durchführung eine geradezu revolutionäre Metamorphose durchlief, zu beobachten. Mit der breiten Einführung der LCE wurden nicht das therapeutische Vorgehen an sich, jedoch der Zugangsweg und die Durchführung der Operation grundlegend geändert. So erschien die Fokussierung einer Qualitätssicherungsmaßnahme auf das sich in der Entwicklung befindende minimalinvasive Operationsverfahren sinnvoll und bedeutsam.
Insgesamt konnte man feststellen, dass das Qualitätssicherungsprojekt „Cholelithiasis / Cholezystektomie“ der LÄK Sachsen-Anhalt mit Erfolg in die Praxis eingeführt werden konnte. Die Beteiligung der Kliniken war so bei einer primär hohen spontanen Bereitschaft 1995 auf alle chirurgischen Kliniken des Landes auszudehnen. Es lassen sich natürlich mit einem solchen Verfahren der externen Qualitätssicherung nur Eckpunkte, sogenannte Qualitätsindikatoren, unter laufender klinischer Routine erfassen. Eine tiefergehende Analyse von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität gerade auch, um die entsprechenden und aussagekräftigen Qualitätsindikatoren und deren Streuungsbreite zu definieren, ist jedoch in einem solchen Rahmen nicht möglich. Dies ist nur unter Studienbedingungen (z. B. CESAQ-Studie) oder aber durch Qualitätssicherungsprojekte (einerseits unter klarer zeitlicher Begrenzung, aber mit erhöhtem Aufwand und Erfassung aller wichtigen Items) zu erreichen, deren Ergebnisse auf Grund einer hohen freiwilligen Beteiligung und entsprechender Fallzahl signifikante Aussagen erlauben. Diese wiederum können dann die Auswahl entsprechender und evaluierter Qualitätsindikatoren ermöglichen.
Weitere externe Qualitätssicherungs-projekte zur Gallenchirurgie auf Länder- und Bundesebene und der Bezug zur CESAQ-Studie
Das 1993 angeschobene Projekt der externen Qualitätssicherung auf dem Gebiet der Cholezystektomie wurde von 1996 bis zum Jahr 2000 auf Grund der Beteiligung aller chirurgischen Kliniken und seiner erfolgreichen Einführung mit ersten positiven Ergebnissen sowie der Finanzierung auf dem Boden dreiseitiger Verträge zwischen
- der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalts,
- der Ärztekammer Sachsen-Anhalt (sowie)
- den Verbänden der Krankenkassen
fortgeführt. Die Organisation wurde mittels der auf Grund der Finanzierung bereitgestellten Mittel durch die an der Ärztekammer angesiedelte Projektgeschäftsstelle umgesetzt. Die Kontrolle mit jährlicher Berichterstattung über die Ergebnisse erfolgte im sogenannten Lenkungsgremium, welches sich paritätisch aus Vertretern der drei Organisationen zusammensetzte. Aus heutiger Sicht kann man feststellen, dass es sich um ein äußerst loyales und konsensuelles sowie ergebnisorientiertes Zusammenwirken der drei Parteien handelte. Letztlich zeichnete dieses Gremium auch für alle in den Jahren hinzukommende Projekte verantwortlich. Ab dem Jahr 2000 wurden die Cholezystektomie und weitere Projekte nun bundeseinheitlich zunächst über die BQS (Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH), ab 2010 durch das AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH und ab 2015 über das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) weitergeführt. So konnte letztlich eine durchgehende Gesamtstatistik von 1993 bis 2014 erreicht werden. Mit dem Erfassungsjahr 2015 wurde die Cholezystektomie dann sicher auch auf Grund der Stabilisierung der Ergebnisse aus dem Katalog zunächst herausgenommen.
Eine Wiedereinführung im Geltungsbereich der Richtlinie zur datengeschützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung unter Verantwortung des Gemeinsamen Bundesausschusses erfolgte zum Erfassungsjahr 2019. Erste belastbare Auswertungen sind hier durch die Einbeziehung von Sozialdaten der Krankenkassen im Rahmen des „follow up“ ab 2022 zu erwarten. In Bezug auf das Projekt Cholezystektomie zeichnete sich im Laufe der Jahre eine positive Entwicklung hinsichtlich der Qualitätsindikatoren ab, sodass auf Grund dessen sowie des Einwirkens der Fachgruppe Chirurgie auch durch persönliche Gespräche im Rahmen eines kollegialen Dialogs ein Niveau erreicht werden konnte, welches dann eine stabile Konsolidierung zuließ. Inwiefern aus der DRG-Basisdokumentation praxisrelevante qualitätssichernde Daten im Rahmen der Gallenchirurgie zu eruieren sind, ist u. E. noch nicht ausreichend evaluiert worden.
Fazit
Die Cholezystektomie ist nach den Eingriffen bei Hernien in Deutschland mit einer Häufigkeit zwischen 165.000 und 180.000 Operationen jährlich der zweithäufigste Eingriff auf dem Gebiet der Allgemein- und Viszeralchirurgie. In Sachsen-Anhalt werden zwischen 5.000 und 6.000 solcher Operationen jährlich durchgeführt, insgesamt konnten in den 22 Jahren allein in Sachsen-Anhalt 119.088 durchgeführte Gallenoperationen durch die Arbeitsgruppe ausgewertet werden. Die laparoskopische Cholezystektomie (LCE) wurde dabei zum „Pilotprojekt“ eines revolutionär neuen Konzeptes des Zugangs zum Abdomen. Daher ergab es sich fast zwangsläufig, gerade diese Operation auch zum Gegenstand von Pilotprojekten auf dem Gebiet der regionalen externen Qualitätssicherung unter Einbindung der Landesärztekammern, der Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaft zu machen. Es blieb zunächst bei diversen Insellösungen. Letztlich aber konnten Qualitätssicherungsprojekte der Landesärztekammern von sechs Bundesländern mit der Tracerdiagnose Cholezystolithiasis/Cholezystektomie etabliert werden.
Wichtige wissenschaftliche Voraussetzungen für diese Methode der regionalen Qualitätssicherung erbrachten die flächendeckenden klinischen Beobachtungsstudien zur Gallenchirurgie 1988 [2] und 1995 [4,5] in Ostdeutschland. Nach Etablierung einer zentralen Stelle der BQS (s.o.) lief das Projekt Cholezystektomie dann von 2000-2014. Ein langer Zeitraum, in dem es eher weniger gelungen ist, wichtige Eckpunkte einer chirurgischen Therapie aufzuzeigen und über viele Jahre zu verfolgen, insbesondere in einer Entwicklungs- und Etablierungsphase einer neuen Operationsmethode. Der Nachteil dieser administrierten Erfassung war die Schaffung riesiger sogenannter „Datenfriedhöfe“, die bis heute nur marginal ausgewertet und auch nicht adäquat publiziert wurden. Für die beteiligten Kliniken waren zeitnahe praxisrelevante Ergebnisse rar und erreichten in keiner Weise den Stellenwert der Qualitätssicherungsprojekte der Landesärztekammern bzw. die Wertigkeit der Beobachtungsstudien im Rahmen der klinischen Versorgungsforschung.
Ähnlich zu beurteilen ist in diesem Zusammenhang auch die Tätigkeit des ab 2010 existierenden AQUA (s. o.). Diese Erfahrungen sollten bei der Etablierung neuer Methoden z. B. durch das IQTIG (s. o.) Berücksichtigung finden. Aber auch hinsichtlich der hier aufgezeigten regionalen QS–Projekte sind Überlegungen notwendig, die vor allem die Praktikabilität und Akzeptanz durch die beteiligten Kliniker betreffen. Aus Autorensicht sollte man solche Projekte wie die „Externe Qualitätssicherung Cholezystektomie Sachsen-Anhalt“ zukünftig nicht mehr über einen langen Zeitraum durchführen. Es war von einmaliger Relevanz und diese Singularität resultierte aus der Umwälzung einer 100 Jahre alten Operationstechnik. Wenn man aber die Ergebnisse der letzten 10 Jahre bis 2014 betrachtet, zeigt sich, dass sich in der Gesamtheit in dieser Zeit nur noch marginale Änderungen darstellen lassen, welche aber für die Praxis tatsächlich keine Bedeutung erlangten. Sieht man andererseits den Arbeitsaufwand für das Ausfüllen der Fragebögen, die Versendung, die Berechnung, die Auswertungen und schließlich die Analyseversuche für etwa 170.000 „Fälle“ pro Jahr, muss man diesen Weg insgesamt mittlerweile sehr in Frage stellen. Letztlich interessieren in der Einzelanalyse nur ganz wenige Patienten, nämlich die so genannten „sentinel events“. Diese machen aber nur maximal 10 % aller Patienten aus. Für 90 % aller erfassten Patienten ist die ganze Arbeit der Erfassung eigentlich umsonst gemacht. Die Frage jedoch nach entsprechenden Alternativen lässt sich nur dahingehend beantworten, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit diese für eine intensive Auswertung erforderlichen 10 % aller Patienten mit einer eingeschränkten Ergebnisqualität einfacher mit Hilfe der sogenannten Routinedaten identifizieren lassen.
Patienten mit einer längeren überdurchschnittlichen Verweildauer, mit Reeingriffen oder verstorbene Patienten sollte es heute bei der Behandlung des Gallensteinleidens nur wenige geben. Aber diese können an Hand weniger, oben genannter Daten erfasst und dann in der Fachgruppe der Einzelfallprüfung unterzogen werden. Dies würde allen viel Arbeit und Ressourcen ersparen. Leider gibt es da im Moment noch unüberbrückbare Hürden. Somit sind die verschiedenen Formen der Qualitätssicherung wichtige Instrumente, chirurgische Arbeit zu prüfen, zu analysieren, die entsprechenden Schlussfolgerungen daraus zu ziehen und damit die Qualität zu verbessern. Sie sind die Voraussetzung, uns kritisch mit den eigenen Ergebnissen auseinander zu setzen. Die Vergleiche im größeren Maßstab vor allem bei Eingriffen, welche auch in Kliniken unterschiedlicher Größe und Prägung alltäglich und häufiger durchgeführt werden, sind wichtig und nur sie können die Situation in der Breite widerspiegeln. Gerade auch in Situationen, in denen neue Operationsmethoden in den Fokus geraten und sich ausbreiten, ist es wichtig, die Praxistauglichkeit und deren Nutzen und Risiko in diesem größeren Maßstab zu evaluieren. Die Aussagekraft des in 2019 wieder eingeführten Leistungsbereiches muss sich nach Vorliegen erster Auswertungen einer dahingehenden Beurteilung stellen. Die kontrolliert-randomisierte Studie hat ihre Berechtigung nur noch bei ganz bestimmten, gezielten Fragestellungen. Die Ergebnisse dieser Studien müssen sich dann aber in der Praxis bestätigen lassen. Dabei können vorzugsweise die Qualitätssicherungsstudien oder Registerstudien, aber durchaus auch externe Qualitätssicherungsprojekte ein wichtiges Instrument darstellen [9].
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. habil. I. Gastinger
AN-Institut für Qualitätssicherung in der operativen Medizin, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland
Tel.: 0391 611 7 284
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Literatur
- Herwig H, Gastinger I. Untersuchungen zur Schaffung eines einheitlichen Systems der Erfassung und Auswertung stationär-operativer Leistungen in der Chirurgie. Habilitationsschrift, Humboldt-Universität zu Berlin, Bereich Medizin (Charité), 1990
- Scheibe O. Qualitätssicherung in der Chirurgie Erfahrungen aus der klinischen Praxis. Deutsches Ärzteblatt 1994;91(20)
- Herwig H, Gastinger I. Qualitätskontrolle als Grundlage der Qualitätssicherung chirurgischer Tätigkeit, dargestellt am Beispiel der Gallenwegschirurgie. Zentralbl Chir 1988;113:1166-1174
- Lippert H, Gastinger I, Asperger W, Koch A. Zur aktuellen Behandlungssituation des symptomatischen Gallensteinleidens. Min Invas Chir 1996; 5: 56-62
- Asperger W, Lippert H, Gastinger I. Die aktuelle chirurgische Behandlungssituation des Gallensteinleidens in Ostdeutschland. Zentralbl Chir 1998;123:25-30
- Asperger W, Reinhardt H. Qualitätssicherung der stationären chirurgischen Versorgung im Land Sachsen-Anhalt Fazit nach 3 Jahren. Z Ärztl Fortbildung Qual Sich ZaeFQ 1998; 241-248
- Gastinger I, Lippert H, Brandt U, Koch A, Hell K. Notwendigkeit einer Antibiotikaprophylaxe bei laparoskopischer und konventioneller Cholecystektomie. Min Invas Chir 1996;5:143-149
- Hosch SB, Zornig C, Izbicki JR, Prenzel KL, Thonke F, Broelsch CE. Operative Korrektur von Gallengangsverletzungen nach laparoskopischer Cholecystektomie. Zentralbl Chir 1996;121:290-293
- Gastinger I, Lippert H, Köckerling F, Dralle H (Hrsg). Chirurgische Qualitätssicherung - Ergebnisse der klinischen Versorgungsforschung. eBook [https://lhmdb.gbv.de/DB=6/SET=3/TTL=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=1007&SRT=YOP&TRM=1745290672] (http://www.aninstitut.de/de/Home.html; Zugriff: 12. 05. 2021)