am Universitätsklinikum Magdeburg
Am 6. November 2013 fand im Universitätsklinikum Magdeburg das erste Symposium des im Herbst neu etablierten Klinischen Kompetenzzentrums Allergologie Sachsen-Anhalt mit sehr guter Resonanz statt.
Allergische Erkrankungen gehören zu den bedeutsamsten aktuellen Gesundheitsproblemen. So leidet nahezu jeder 5. Mensch an einer allergischen Erkrankung. Dies sind häufig schwerwiegende und die Lebensqualität dauerhaft erheblich einschränkende Erkrankungen, die zu unrecht oft noch von manchen Gesundheitspolitikern bagatellisiert werden. Darüber hinaus sind allergische Krankheiten mit einer erheblichen Mortalität, z.B. bei anaphylaktischen Reaktionen oder beim schweren allergischen Asthma bronchiale vergesellschaftet. Die Häufigkeit und Schwere zahlreicher allergischer Krankheiten bedingt ihre außerordentliche gesundheits- und volkswirtschaftliche Bedeutung.
Dem stehen erhebliche Defizite in der allergologischen Betreuung der betroffenen Patienten gegenüber. Aktuellen Schätzungen zufolge werden nur ca.
10 % der Betroffenen leitliniengerecht behandelt. Die aktuelle Vergütungssituation allergologischer Leistungen hat bereits zu einem sehr besorgniserregenden Rückgang der allergologischen Diagnostik und Therapie, vor allem der Hyposensibilisierung als kausalem Therapieansatz, geführt.
Die Differenzialdiagnostik und -therapie allergischer Erkrankungen kann im Einzelfall schwierig sein. Dies kann seltene Allergene, seltene Krankheitsbilder, Krankheitsmanifestationen an verschiedenen Organen oder den Einsatz von neuen Medikamenten wie Biologicals betreffen. In diesen schwierigen Situationen kann eine interdisziplinäre Behandlung der Patienten die Betreuungsqualität deutlich verbessern.Die klinische Allergologie ist ein Querschnittsfach. Allergische Erkrankungen treten in nahezu allen klinischen Fachrichtungen auf – von der Dermatologie, Pneumologie, HNO-Heilkunde, Pädiatrie, Gastroenterologie und Arbeitsmedizin bis hin zur Orthopädie/Traumatologie (Implantatallergie), Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und vielen anderen Fächern. Darüber hinaus sind immunologische Mechanismen an zahlreichen weiteren Erkrankungen beteiligt – von Infektionen bis zu Autoimmunkrankheiten. Deshalb sind wir überzeugt, dass der auf europäischer Ebene diskutierte „Facharzt für Allergologie (und klinische Immunologie)“, der von der dermatologischen, pneumologischen, rheumatologischen, immunologischen infektiologischen etc. Differenzialdiagnostik und -therapie bis hin zum Methodenspektrum von der Broncho- bis zur Arthroskopie, vom Säugling bis zum Greisenalter alles beherrscht, weltfremd und für die Versorgungsqualität gefährlich ist. Unsere Bemühungen müssen mit Nachdruck darauf zielen, die allergologische Weiterbildung als Zusatzbezeichnung in hoher Qualität zu sichern und die fachgebietsüberschreitenden Aspekte durch Interdisziplinarität zu garantieren. Daher haben sich auch die betroffenen Fächer für die neue Weiterbildungsordnung wieder auf eine Verlängerung der Weiterbildungszeit gegenüber den jetzt völlig unzureichenden 6 Monaten auf insgesamt 18 Monate geeignet, um die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualität zu steigern und zu sichern.
Auf Grund dieser Situation und der vielfältigen Probleme der Allergologie war eine weitere Vernetzung und als Plattform die Gründung des Klinischen Kompetenzzentrums Allergologie Sachsen-Anhalt (KKASA) erforderlich. Ziele des KKASA sind die Weiterentwicklung der interdisziplinären Betreuung von komplexen allergologischen Patienten und seltenen allergischen Erkrankungen, z.B. durch die Durchführung von interdisziplinären Sprechstunden, die auch gerade spezielle Fälle der niedergelassenen Allergologen versorgen wird. Weiterhin soll das KKASA in enger Kooperation mit dem Ärzteverband deutscher Allergologen (ÄDA) als Plattform für die Interessenvertretung der klinischen Allergologie in Sachsen-Anhalt dienen. Das KKASA ist für jeden allergologisch tätigen Arzt Sachsen-Anhalts offen und wir laden alle Kolleginnen und Kollegen herzlich zur Mitarbeit ein. In der Gründungsphase sind Prof. H. Gollnick (Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Magdeburg) Sprecher, Prof. J. Schreiber (Abteilung für Pneumologie des Universitätsklinikums Magdeburg) stellvertretender Sprecher und Prof. B. Bonnekoh (Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Magdeburg) Sekretär des KKASA.
Das erste Symposium des KKASA, das gemeinsam mit den 12. Magdeburger Allergologiegesprächen, die sich als allergologische Weiterbildungs- und Kommunikationsveranstaltung bereits sehr gut etabliert haben, im Universitätsklinikum Magdeburg durchgeführt wurde, zeigte nicht nur das sehr große Interesse an allergologischen Themen, sondern auch die Bereitschaft und Notwendigkeit die Interessen der Allergologie zu vertreten.
In seinem Eingangsreferat über zukünftige Strukturen und Entwicklungen der Allergologie gab Prof. H. Gollnick eine Analyse der aktuellen Situation der Allergologie, drohende Fehlentwicklungen und mögliche Lösungswege sowie einen Überblick über die Konzeption des KKASA.
Es folgte ein Vortrag von Prof. C. Arens, Direktor der Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Magdeburg zur Diagnostik und Therapie der chronischen Rhinosinusitis. Gerade bei diesen Patienten liegen häufig auch bronchopulmonale Probleme oder Pseudoallergien vor, was eine interdisziplinäre Betreuung erforderlich machen kann.
Im pathogenetischen Verständnis der atopischen Dermatitis gibt es faszinierende neue Entwicklungen und daraus resultierend neue Therapieansätze. Das Referat von Prof. B. Bonnekoh zeigte eindrucksvoll die rasante Entwicklung der Allergologie am Beispiel dieser Erkrankung und regte auch zum Nachdenken an, das Anstrengungen erforderlich sein werden, damit diese Entwicklungen auch unseren Patienten zugute kommen.
Allergische Erkrankungen im Kindesalter können eine Herausforderung darstellen. Das gilt besonders für Nahrungsmittelallergien. Frau Dr. I. Adams aus der Universitätskinderklinik Magdeburg gab einen sehr praxisrelevanten Überblick über die häufigsten Ursachen, das differenzialdiagnostische Vorgehen und mögliche therapeutische Konsequenzen.
Ein relevanter Teil der Patienten mit einem schweren allergischen Asthma erreicht trotz maximaler Ausschöpfung der konventionellen Therapie keine Krankheitskontrolle. Hier bieten Biologicals vielversprechende neue Behandlungsmöglichkeiten. Seit nunmehr über 8 Jahren konnte mit dem monoklonalen Anti-IgE-Antikörper Omalizumab für zahlreiche Patienten eine eindrucksvolle Besserung erzielt werden. Zahlreiche weitere Biologicals, wie Anti-IL5, Anti-IL4, Anti-IL13 sind in der Entwicklung. Die bisherigen klinischen Daten sind vielversprechend und eine personalisierte Therapie des Asthma bronchiale ist absehbar.
Prof. J. Schreiber gab in seinem Referat einen Überblick über diese Entwicklungen.
Die anschließende sehr angeregte kollegiale Diskussion, dem Anlass angemessen bei einem Glas Sekt und einem Imbiss, bestätigte das Konzept des Klinischen Kompetenzzentrums Allergologie Sachsen-Anhalt.
Parallel zum KKAS wurde zur wissenschaftlichen Untersetzung an der Universitätsmedizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entsprechend den allgemeinen Empfehlungen des Wissenschaftsrates für die Forschung in Deutschland ein Profilzentrum Allergologie eingerichtet, das im wissenschaftlichen Schwerpunkt der Medizinischen Fakultät „Immunologie und Molekulare Medizin der Entzündung“ die Probleme der klinisch-experimentellen Allergologie bearbeitet.
Wir laden Sie herzlich zu unserem nächsten Symposium des KKASA am 12,03.2014 und vor allem zur aktiven Mitarbeit im Interesse unserer Patienten und des Fachgebiets ein.
Prof. Dr. med. Harald Gollnick
Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg/Medizinische Fakultät
Klinik f. Dermatologie u. Venerologie
Prof. Dr. med. Jens Schreiber
Otto-von-Guericke-Universität
Magdeburg/Medizinische Fakultät
Klinik f. Kardiologie, Angiologie u. Pneumologie