Selten und doch häufig
Am 29. 1. 2014 wurde in Anwesenheit von Eva Luise Köhler, Schirmherrin der ACHSE e.V., das Mitteldeutsche Kompetenznetz für Seltene Erkrankungen (MKSE) eröffnet. Die ACHSE e.V. ist die Dachorganisation der gesundheitlichen Selbsthilfeverbände, die sich mit Seltenen Erkrankungen befassen. Die Universitätsklinika Magdeburg und Halle sowie weitere überregionale Krankenhäuser, spezialisierte Ärzte sowie Wissenschaftler aus der Region und aus anderen Teilen Deutschlands verwirklichen mit dem MKSE die Zielstellungen des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE).
Prof. Dr. Hermann-Josef Rothkötter, Dekan der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität, be-
grüßte in seiner Eröffnungsansprache den Vorsitzenden des Beirates des MKSE, Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident a.D., der beim Aufbau des MKSE seine Unterstützung zusagte. Dr. Heidemarie Willer, Ministerium für Soziales und Gesundheit des Landes Sachsen-Anhalt, betonte die Verpflichtung der politischen Entscheidungsträger, auf diesem Wege das MKSE zu begleiten. In seinem Festvortrag erläuterte der Vorsitzende der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V., Christoph Nachtigäller, Zielstellungen, Maßnahmenvorschläge und den Zeitplan des am 28. August 2013 von ACHSE e.V., BMBF und BMGS mit den 28 wesentlichen Akteuren im Gesundheitswesen publizierten Nationalen Aktionsplanes. Bundesweit agierende Selbsthilfeverbände wiesen in ihren Beiträgen auf die langjährige Zusammenarbeit mit den Ärzten und Kliniken des MKSE hin: Patricia Carl, 1. Vorsitzende des BV Kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien (BKMF e.V.), Bianca Claße, AGS (Adrenogenitales Syndrom)-Initiative und Petra Robbin, Smith-Lemli-Opitz-Syndrom (SLO)-Deutschland e.V.Neue Möglichkeiten über Fallkonferenzen und Ärzteberatung, die das MKSE bietet, und die Notwendigkeit bestehende bürokratische Grenzen zu überwinden wurden von Prof. Dr. Wieland Kiess, Universität Leipzig, und Fachvertretern des MKSE in ihren Beiträgen dargestellt. Unterstützung für die beteiligten Kliniken und Fachärzte erwächst sich aus der Zusammenarbeit mit der gesundheitlichen Selbsthilfe, die innerhalb der MKSE-Struktur fest etabliert ist.
„Waisenkinder der Medizin“ werden die Seltenen Erkrankungen des Menschen auch genannt. In Deutschland leben etwa vier Millionen Menschen, die von einer der 7.000 bis 8.000 verschiedenen Seltenen Erkrankungen betroffen sind. Als selten wird von der Europäischen Union definiert, dass nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen an dieser Krankheitsform erkrankt sind. „Mit dem MKSE wollen wir die erste Anlaufstelle für Patienten mit Seltenen Erkrankungen in Sachsen-Anhalt bieten. Informationen und Expertise sind für viele einzelne spezifische Erkrankungen vorhanden. Es ist daher wichtig, das Wissen dem Arzt vor Ort und seinen Patienten zur Verfügung zu stellen“, so der Initiator des MKSE und Leiter der Pädiatrischen Endokrinologie am Universitätsklinikum Magdeburg, Prof. Dr. Klaus Mohnike. Seltene Erkrankungen sind oft genetisch bedingt, so dass im Regelfall die Beschwerden schon im Kindesalter beginnen. Dies trifft jedoch nicht auf alle zu. Die Vielzahl von möglichen Ursachen und teilweise sehr unspezifischen Symptomen führen dazu, dass die Diagnose häufig erst nach Jahren gestellt und inzwischen verfügbare, wirksame Therapien nicht oder verspätet angewandt werden.
Die moderne Forschung hat Untersuchungsverfahren entwickelt, die eine exakte Diagnosestellung und vielfach auf dieser Basis eine kausale Therapie ermöglichen. So hat in den letzten zehn Jahren die europäische Zulassungsbehörde für Medikamente (EMA) mehr als 900 sogenannte „orphan drugs“ registriert, die entweder bereits zugelassen sind oder in klinischen Studien geprüft werden sollen.
Mit dem MKSE werden die Maßnahmen zu Zentren für Seltene Erkrankungen verwirklicht, die im Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen niedergeschrieben wurden. Der Nationalplan wurde vom NAMSE (Nationales Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen) im August 2013 im Bundesgesundheitsministerium vorgestellt. Er geht zurück auf eine Empfehlung der Mitglieder der Europäischen Union im Juni 2009 zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Seltenen Erkrankungen. Das NAMSE, bestehend aus allen maßgeblichen Akteuren des deutschen Gesundheitswesens, hat im Nationalplan verschiedene Vorhaben und Maßnahmen vereinbart, die sowohl die Diagnostik und Behandlung, als auch die Forschung, Lehre und Weiterbildung auf dem Gebiet der Seltenen Erkrankungen verbessern sollen.
Im Nationalen Aktionsplan wurde der gesundheitlichen Selbsthilfe im Bereich Seltene Erkrankungen eine wichtige Rolle zuerkannt. Betroffene und deren Angehörige lernen gemeinsam die Isolation zu überwinden und trotz der Behinderung ein selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft zu führen. Das große Wissen über die einzelnen Erkrankungen, das die Selbsthilfe sammelt und zur Verfügung stellt, macht sie außerdem zu einer unverzichtbaren Säule im Gesundheitssystem. Aus der Zusammenarbeit einzelner Selbsthilfevereine für Seltene Erkrankungen entstand im Jahr 2005 die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. als Netzwerk der gesundheitlichen Selbsthilfe im Bereich Seltene Erkrankungen.
Hier möchte das Kompetenznetz Seltene Erkrankungen helfen und die Kompetenz zahlreicher Spezialisten aus der Region auch in ständiger Kommunikation mit Ärzten und Wissenschaftlern aus anderen Teilen Deutschlands und der Welt bündeln. Es stellt die Kontakt- und Zuweisungsschnittstelle dar, um die mühevolle und nicht immer einfache Suche nach einer geeigneten Anlaufstelle zu erleichtern. Prof. Mohnike: „Dabei arbeiten wir eng mit Patientenverbänden zusammen und können dabei die persönliche Erfahrung in der Selbsthilfe mit dem medizinischen Kenntnissen und den neuesten Forschungsergebnissen verbinden.“
Anmeldungen und Rückfragen bitte über die Homepage: www.mkse.ovgu.de oder per Brief an die Lotsin des MKSE.
Dr. Katja Ziegenhorn,
Fachärztin für Kinderheilkunde
Medizinische Fakultät, MKSE, Hs. 10
Leipziger Str. 44
39120 Magdeburg
Studienassistenz: Susann Empting
Tel.: 0391-67-24031
Fax: 0391-290038
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: http://www.mkse.ovgu.de/
MKSE-Arbeitsgruppe:
Prof. Dr. Klaus Mohnike,
Universitätskinderklinik Magdeburg
Prof. Dr. Rainer Finke,
Universitätsklinik für Kinderchirurgie Halle,
Prof. Dr. Martin Zenker,
Institut für Humangenetik des
Universitätsklinikums Magdeburg