Über 70 Interessierte nahmen an der Konferenz am 14. Juni 2014 anlässlich des Welt-Hirntumor-Tags im Städtischen Klinikum Dessau teil und reisten dafür auch aus Frankfurt/Main und Königs Wusterhausen an.

„Das ist eine sehr gute und überregionale Resonanz für eine Erstveranstaltung zu diesem Randgruppenthema“, bestätigt Julia Schwarzenberger, die im Dienst der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. bundesweit an Aktionen mitwirkt: „Seit 1998 gibt es den Verein und seit 15 Jahren schaffen Veranstaltungen rund um den Welt-Hirntumor-Tag am 8. Juni ein öffentliches Forum der Solidarität und des Mitgefühls für die Betroffenen. In den neuen Bundesländern engagieren sich bisher nur wenige Krankenhäuser.“ Umso positiver gestaltet sich die Initiative der Dessauer Klinik für Neurochirurgie, die zusätzlich zur Konferenz einen Spendenaufruf startete.

Zeichen setzen

„510 Euro kamen in kurzer Zeit zusammen, das ist ein kleiner Beitrag für die großen Aufgaben der Deutschen Hirntumorhilfe“, freut sich Chefarzt Privatdozent Dr. med. Christof Renner. Der Neurochirurg behandelt mit seinem Team und in enger Zusammenarbeit mit Neuroradiologen, Radioonkologen sowie Neuroonkologen und Psychologen jährlich rund 1.200 Patienten. Bernhard M. aus der Gemeinde Muldestausee ist einer von ihnen. Der 65-Jährige litt unter nächtlichen Kopfschmerzen. Zeitweise konnte er nichts mehr sehen, war orientierungslos und bemerkte Lähmungserscheinungen. Auf Druck seiner Familie ging er Anfang Januar zum Hausarzt, der eine Augenärztin zu Rate zog. Bei der augenärztlichen Untersuchung wurde ein sehr hoher Augeninnendruck festgestellt und die sofortige Einweisung in die Dessauer Klinik für Neurochirurgie empfohlen. Am 7. Januar bestätigte sich der schlimme Verdacht nach einer Computertomografie. „Ich hatte ein faustgroßes Keilbeinflügelmeningeom im Kopf, sehr nah am Sehnerv“, berichtet Bernhard M. Auf den Schock folgte am 22. Januar die operative Entfernung des Hirntumors und kurz darauf die gute Nachricht. Er war gutartig. Inzwischen ist die Narbe fast verheilt und Bernhard M. hat bis auf eine verminderte Sehkraft des rechten Auges keine Einschränkungen. Die Reha liegt hinter ihm, regelmäßige Nachuntersuchungen mittels MRT sind nötig. „Die Angst bleibt trotz des guten Verlaufs. Ich habe Glück gehabt“, schätzt Bernhard M. und meint damit auch seine Frau, die ihm in der schweren Zeit zur Seite stand.

Innovativ und interdisziplinär

So wie Bernhard M. erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 8.000 Menschen an einem Hirntumor. Bei Kindern sind Hirntumore sogar die zweihäufigste Krebsart.

Nach einer Statistik des Tumorzentrums Anhalt am Städtischen Klinikum Dessau e.V. wird künftig jeder zweite Bundesbürger im Laufe seines Lebens von einer Tumorerkrankung betroffen sein. Jedes Tumorleiden ist tragisch, viele sind allerdings inzwischen heilbar. Hirntumore zählen weiterhin zu den komplexen Formen. Sie betreffen die Schaltzentrale des menschlichen Körpers und sind im bösartigen Fall besonders heikel. „Das Gehirn lässt keinen Sicherheitsabstand zu. Wir operieren funktionserhaltend und schonend, aber auch so radikal wie möglich“, informiert PD Dr. Renner speziell über die Therapie bei Gliomen. Diese in der Regel bösartigen Tumore gehen vom Hirngewebe aus und können auch in tiefen, funktionell wichtigen Hirnregionen auftreten.

Bereits vor der Operation kommen heute moderne Verfahren – funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) und Neuronavigation – zum Einsatz. In der Dessauer Klinik wird seit einigen Monaten auch das intraoperative Monitoring (IOM) während der OP angewandt. „Wir arbeiten dabei eng mit der Klinik für Neurologie zusammen und profitieren von der leistungsfähigen Technik“, bestätigt Dr. Renner.

Überlebensqualität als Behandlungsziel

Wie ein Linearbeschleuniger funktioniert, dazu konnten die Konferenzteilnehmer des ersten Welt-Hirntumor-Tags in Dessau genau nachfragen. Die Besichtigung der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie diente ebenso wie die Vorträge der Spezialisten vom Universitätsklinikum Leipzig und vom Städtischen Klinikum Dessau der Wissensvermittlung. Für die anwesenden Ärzte, die Betroffenen und ihre Angehörigen ermöglichte der Aktionstag darüber hinaus den Erfahrungsaustausch und den Abbau von Ängsten. Diagnostische Möglichkeiten und mikrochirurgische Fortschritte garantieren heute auf jeden Hirntumorpatienten individuell zugeschnittene Behandlungskonzepte. „In interdisziplinären Tumorkonferenzen besprechen wir jeden Fall und ein Ärzteteam entscheidet gemeinsam über die Behandlung. Wir haben hier ein Zentrum, welches räumlich und organisatorisch eng alle für die Behandlung notwendigen Disziplinen beherbergt. Wir können somit eine umfassende Therapie auf sehr hohem Niveau anbieten.“ Davon ist Chefarzt PD Dr. Renner überzeugt und weiß genau wie die Deutsche Hirntumorhilfe e.V., wie wichtig die neuroonkologische For-schung ist. „Wissen schafft Zukunft“ lautet das Motto der unabhängigen Organisation. „Als zentrale Anlauf- und Kontaktstelle für Hirntumorpatienten sind wir inzwischen bundesweit etabliert. Gemeinsam mit engagierten Partnern wie hier in Dessau-Roßlau können wir viel erreichen“, ist sich Julia Schwarzenberger sicher.

Logo Städtischs Klinikum DessauWeitere Infos:
www.klinikum-dessau.de

www.hirntumorhilfe.de

l Pi und Fotos: SKD