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„Der Wunde Punkt“ ist mittlerweile eine feste Institution. Mit dem Thema „Keimfalle Wunde – Antiseptik & Hygiene“ wurde bewusst ein aktuelles Querschnittsthema gewählt, das für alle ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Behandler von Bedeutung ist. Alljährlich im Frühling treffen sich auf Einladung des MVZ „Herderstraße“ und des Klinikums Magdeburg Wundexperten aus ganz Sachsen-Anhalt, um Erfahrungen auszutauschen, neueste Informationen und Erkenntnisse zu optimierten Diagnose- bzw. Therapieverfahren aufzunehmen.

Rund 250 Teilnehmer waren am letzten Maiwochenende ins Herrenkrug Parkhotel zur sechsten Interdisziplinären Fachtagung gekommen. Im Mittelpunkt stand diesmal: Keimfalle Wunde, Antiseptik & Hygiene. Auch für Prof. Dr. Dr. Reinhard Nehring vom Gesundheitsministerium des Landes ein brisantes Thema. Er sprach über gesundheitspolitische Herausforderungen der Alltagspflege. Ohne Politik wären sinnvolle Rahmenbedingungen für eine notwendige vernetzte Wundversorgung, die die Pflege mit einschließt, gar nicht denkbar. „Die Pflege“, so Nehring, „ist ein zeitnahes Thema. Derzeit leben in Deutschland rund 2,5 Millionen pflegebedürftige Menschen.“ 2050 werden es zwischen 3,2 und 4,3 Millionen sein. So die Schätzungen. „Trotz Bevölkerungsrückgangs wird es mehr Pflegebedürftigkeit geben.“ Hohe Priorität habe deshalb die Sicherung der Fachkräfte, insbesondere der Hausärzte auf dem Lande. Gleichzeitig läge in der Verlängerung der Lebenserwartung eine große hygienische Verantwortung. „Ohne Hygiene hätten die Stufen des menschlichen Fortschritts gar nicht genommen werden können.“ Trotz allen Wissens gebe es Defizite, sowohl im Hygienemanagement als auch in der Verordnung und Therapie von Antibiotika – in der Human- und der Veterinärmedizin. Notwendige Anstrengungen will das „Landeskind“ HYSA unterstützen. „Das interdisziplinäre Netzwerk zur Prävention und Reduktion multiresistenter Erreger“, so Prof. Nehring, „wurde 2010 auf Initiative des Landes gegründet.“ Die vier Arbeitsgruppen wenden sich sowohl an das medizinische Personal, an Mitarbeiter des öffentlichen Gesundheitswesens, an betroffene Patienten und Angehörige.

Ein Ziel der HYSA sei die Entwicklung eines Konzeptes zum Aufbau der Antibiotikaresistenz im Bundesland und die Etablierung weiterer regionaler Netzwerke. Solche Beispiele brauche es mehr, meint denn auch Prof. Dr. Gernot Geginat, stellvertretender Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Magdeburg, der dort zugleich die Krankenhaushygiene verantwortet. „Die Vermeidung von Infektionen, insbesondere die Bekämpfung multiresistenter Erreger, steht nicht nur im Vordergrund meiner Arbeit, sie muss und wird in den kommenden Jahren in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten immer mehr an Bedeutung gewinnen“, so Geginat im Gespräch. Allein in Deutschland seien mehr als 2.000 verschiedene Antibiotikapräparate zugelassen, zwei Drittel davon werden in der Tierhaltung eingesetzt. Ihr unbestrittener Segen ist gleichzeitig Fluch. Im Laufe der Zeit haben sich resistente Bakterien entwickelt, die auf kein gängiges Antibiotika mehr ansprechen. Schon heute sterben in Deutschland jährlich etwa 15.000 Menschen an multiresistenten Keimen. „Wie geht man angesichts dieser Tatsachen verantwortungsbewusst mit Antibiotika um? Das wird die Frage der Fragen in der Zukunft“, so der Wissenschaftler. Antibiotika, sagt er, seien in der Medizin nicht wegzudenken. Operationen, vor allem Transplantationen sind ohne Antibiotika undenkbar. Sie werden dringend gebraucht, um Bakterien außer Gefecht zu setzen. Selbst Standard-Operationen könnten tödlich verlaufen und Krankheiten, wie Tuberkulose, wieder grassieren. Ein unbedingtes Erfordernis seien deshalb laut Prof. Geginat gute und kontinuierliche Fortbildungen für Fachkräfte in allen medizinischen Einrichtungen, die Hygieneverhalten und -maßnahmen mit einschließen. Darüber hinaus müsste eine europäische Vernetzung angestrebt werden. Der Anfang ist gemacht. Die EU kümmere sich um viele Details. Doch wenn in einigen südlichen Ländern Europas Antibiotika frei in Drogerien verkauft werden, kommt das einer tickenden Zeitbombe gleich, die insbesondere die Maximalmedizin extrem gefährde. „Das Immunsystem von Patienten, die beispielsweise Chemotherapien oder eine neue Herzklappe erhalten haben, ist sehr geschwächt. Eine Infektion kann bei resistenten Keimen tödlich verlaufen. Dieser Gefahr müssen wir uns bewusst sein.“

v. l. n. r.: Dr. rer. nat. Horst Braunwarth, Dr. med. Mareike Alter, Uwe Joneck, Dr. med. Beate Brinkers, Rene Kerkmann, Prof. Dr. med. Gernot Geginat, Dr. med. Olaf Jannasch, PD Dr. med. Jörg Tautenhahn, Dr. med. Hans-Hermann Ladetzki, Prof. Dr. Dr. med. Reinhard Nehring
v. l. n. r.: Dr. rer. nat. Horst Braunwarth, Dr. med. Mareike Alter, Uwe Joneck, Dr. med. Beate Brinkers, Rene Kerkmann, Prof. Dr. med. Gernot Geginat, Dr. med. Olaf Jannasch, PD Dr. med. Jörg Tautenhahn, Dr. med. Hans-Hermann Ladetzki, Prof. Dr. Dr. med. Reinhard Nehring



Kontakt:
Christin Fels
Medizinisches Versorgungszentrum „Herderstraße“
Herderstraße 21, 39108 Magdeburg, Tel.: 0391/735830
Mobil: 0174/1797356, Fax: 0391/7317075
E-Mail: c.fels@mvz-herderstraße.de