Husten, Luftnot, terminales Rasseln, Schmerzen …. Dr. Ina Dittrich hat die Symptome in ihrer Präsentation für den Vortrag zum Krebskongress in Sachsen-Anhalt aufgeführt. Die Lungenfachärztin hat die Daten anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Palliativstation in der Lungenklinik Lostau der Pfeifferschen Stiftungen zusammengestellt. In der 113 Jahre alten Lungenklinik werden pro Jahr von Dr. Dittrich und ihren Kollegen über 250 Patienten palliativmedizinisch behandelt. Das Haus ist eines von nur zwei anerkannten Lungenkrebszentren in Sachsen-Anhalt. Über 90 % der Patienten, die auf der Palliativstation behandelt werden, leiden an bösartigen Erkrankungen, vor allem an Lungenkrebs.
In Deutschland sterben jährlich etwa 81.000 Menschen an einer ischämischen Herzerkrankung, 48.000 an einer terminalen Herzinsuffizienz und ca. 21.000 an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung. Viele dieser Erkrankungen führen häufig in kurzer Zeit zum Tod. In der Palliativmedizin ist bisher eine der häufigsten nicht-onkologische Erkrankung die amyotrophe Lateralsklerose (ALS), eine Erkrankung mit aufsteigenden Lähmungen. Todesursache ist schließlich eine Ateminsuffizienz, wenn nicht eine Beatmungstherapie gewünscht und durchgeführt wird.
Über 70 % ihrer Palliativpatienten empfinden in den letzten Wochen vor dem Versterben die eigene Atmung als unangenehm bis hin zu „nicht ausreichend“. Weitere wesentliche Beschwerden sind Schmerzen, Appetitlosigkeit, Abmagerung, Abgeschlagenheit und Leistungsschwäche.
Dr. Dittrich kennt die Defizite in der symptomatischen Therapie. Sie weiß um die Angst, die Schmerzen und Unruhe ihrer Patienten, vor allem bei Luftnot. Die Ärztin will sensibilisieren und wirbt bei ihren Kollegen für die spezielle Palliativversorgung. Krankheitsverläufe von Patienten mit Lungenbeschwerden, die nicht auf eine Krebserkrankung zurückzuführen sind, will die Oberärztin daher gezielt thematisieren. „Häufig setzen die Öffentlichkeit und die Medien die palliativmedizinische Versorgung automatisch gleich mit der Behandlung einer Krebserkrankung im Endstadium. Dieses Bild trifft jedoch nicht zu.“
In den letzten Jahren wurde allgemein ein Bild der Medizin geprägt, dass man inzwischen fast alles medizinisch reparieren kann, nahezu alles heilbar ist, so Dr. Dittrich. Dieses Bild ist ein Idealbild, das der Wirklichkeit nicht gerecht wird. Das erschwert eine palliative Begleitung von Patienten im Endstadium einer chronischen Erkrankung von Herz, Lunge und Nieren, weiß die Ärztin und ergänzt: „Ich erlebe immer wieder, wie wichtig an dieser Stelle die Beratung ist. Wenn Symptome ein-treten, die typisch sind für die letzte Lebensphase, dann wollen wir natürlich den Patienten alle Möglichkeiten der palliativmedizinischen Versorgung eröffnen.“
Aber auch in der Palliativmedizin sieht Dr. Dittrich Handlungsbedarf: „Nicht-onkologischen Erkrankungen kommt in der Palliativmedizin bisher eine untergeordnete Rolle zu. Aufgrund der großen Anzahl von Patienten, die z. B. an weit fortgeschrittenen internistischen Erkrankungen versterben, stellt sich für die Palliativmedizin in den nächsten Jahren ein weites Aufgabenfeld. Physischen, psychosozialen und spirituellen Nöten dieser Patienten wurde bisher nicht ausreichend Rechnung getragen. Im Versorgungsalltag erleben wir, dass Patienten von palliativmedizinischer Unterstützung profitieren können.“ Eine notwendige Lösung sieht sie darin, krankheitsspezifische Therapien in enger Kooperation mit Spezialisten durchzuführen.
Die Herausforderung der palliativmedizinischen Versorgung liegt hier – anders als bei onkologischen Patienten – in den unterschiedlichen Krankheitsverläufen. Die meisten Patienten mit Krebserkrankungen haben häufig über eine lange Zeit einen relativ guten Allgemeinzustand. Schreitet die Erkrankung weiter fort, verschlechtert sich der Zustand des Patienten meist rasch in den letzten Wochen und Tagen vor dem Tod.
Im Gegensatz hierzu haben Patienten mit chronischem Organversagen von Herz, Nieren und Lunge einen relativ langen Krankheitsverlauf mit zunächst geringen Einschränkungen im Alltagsleben. Durch Komplikationen kommt es aber immer wieder zu akuten Verschlechterungen. Viele dieser Episoden werden überlebt, oft mithilfe intensivmedizinischer Betreuung.
Dr. Dittrich erläutert: „Das macht es uns behandelnden Ärzten schwer zu prognostizieren, wann die Patienten am ehesten von einer palliativmedizinischen Betreuung profitieren und wann von einer intensivmedizinischen Therapie. Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und die chronische Herzinsuffizienz gehören zu den häufigsten Erkrankungen. Die Patienten leiden unter einer Vielzahl von Symptomen. Einschränkungen im täglichen Leben führen häufig zu sozialer Isolation. Medizinische Angebote stehen diesen Patienten selten für die dauerhafte Versorgung mit ganzheitlichem Ansatz zur Verfügung.“ Palliativmedizinische Fragen betreffen bei diesen Patienten neben der Symptomkontrolle Aspekte des Lebensendes, das Verhalten bei Komplikationen und den Einsatz lebensverlängernder Maßnahmen. „Hier können Beratung und fachübergreifende Zusammenarbeit der behandelnden Ärzte die Lebensqualität erheblich verbessern. Das zeigt unsere Erfahrung in der Lungenklinik“, so Dr. Dittrich abschließend.
| Pi und Foto: Pfeiffersche Stiftungen