Faktenblätter geben erstmals Aufschluss
Wie sieht es eigentlich mit dem Gesundheitsverhalten von Schülern aus? Das wird in der international durchgeführten HBSC-Studie (Health Behaviour in School-aged Children) der Weltgesundheitsorganisation WHO erfasst, für die Professor Dr. Matthias Richter, Direktor des Institutes für Medizinische Soziologe der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, den deutschen Teil leitet. Nun liegen die ersten Ergebnisse der Studie in Form von Faktenblättern für den Befragungszeitraum 2013/14 vor.
Diese zeigen beispielsweise die Häufigkeit des Frühstücks, die schulische Belastung, den Fernsehkonsum an Schultagen oder die psychosomatische Beschwerdelast von Kindern und Jugendlichen. Einige Ergebnisse im Überblick:
Mehr als die Hälfte aller Schüler frühstückt an Schultagen, davon jedoch mehr Jungen (65,1 %) als Mädchen (57,3 %). Zudem frühstücken mehr Kinder mit hohem familiären Wohlstand. Die Zahl derjenigen, die jeden Tag frühstücken, verringert sich allerdings mit zunehmendem Alter. Der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund ist unter den „Nie-Frühstückern“ am höchsten (Mädchen 39,3 %; Jungen 32,8 %). Weil das Frühstück aber eine wichtige Basis für gute schulische Leistungen ist, müssen insbesondere bei Jugendlichen sowie bei Familien mit Migrationshintergrund und geringem sozioökonomischen Status wirksame Interventionen entwickelt werden.
Mehr als ein Viertel aller Jungen (26,9 %) und Mädchen (28,9 %) fühlt sich – fast unabhängig von familiärem Wohlstand und Herkunft – einigermaßen oder sehr stark von den schulischen Anforderungen belastet. Dieses Gefühl nimmt mit dem Alter insbesondere bei Mädchen noch zu. Interventionen wie beispielsweise ein gutes Schulklima, positives Feedback oder Interessenförderung können helfen, die Belastung zu mindern und damit psychischen Erkrankungen entgegenwirken.
Mehr als die Hälfte aller Befragten weist einen problematischen Fernsehkonsum auf (Mädchen 52,4 %; Jungen 58,8 %), der sich mit zunehmendem Alter noch steigert. Je höher der familiäre soziale Status, desto geringer der Fernsehkonsum. Kinder mit Migrationshintergrund schauen häufig mehr als vier Stunden an Schultagen fern und dabei Mädchen ausgeprägter als Jungen. Intervention und Prävention sollten auf stärkere körperliche Aktivität und Maß-nahmen zur Konsumreduzierung ausgerichtet sein.
Unter zwei oder mehr psychosomatischen Beschwerden pro Woche leiden Mädchen (31,3 %) deutlich häufiger als Jungen (17,3 %) und jene Kinder mit Migrationshintergrund ebenfalls stärker als jene ohne. Mit steigendem Alter verdoppelt sich der Anteil der Mädchen mit regelmäßigen psychosomatischen Beschwerden (11-Jährige 20 %, 15-Jährige 41,4 %). Zu solchen Beschwerden zählen beispielsweise Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder am häufigsten Einschlafprobleme (14 %; 8,3 % bzw. 20,1 % der Jugendlichen). Obwohl Kinder und Jugendliche zum gesündesten Teil der Bevölkerung zählen, zeigt sich in diesem Bereich großer Handlungsbedarf, der zudem geschlechts- und sozioökonomisch sen-sibel ausgerichtet sein sollte.
Die HBSC-Studie untersucht unter Schirmherrschaft der Weltgesundheits-organisation (WHO) seit 1982 alle vier Jahre den Gesundheitszustand und das gesundheitsrelevante Verhalten von 11-, 13- und 15-Jährigen in Europa und Nordamerika. Insgesamt sind derzeit 44 Länder beteiligt. In Deutschland werden die Befragungen seit 1993/94 durchgeführt, wobei für die nun vorliegenden Ergebnisse erstmals Daten aller 16 Bundesländer erhoben wurden. Bundesweit wurden 5.961 Schüler und Schülerinnen im Alter von 11, 13 und 15 Jahren aus 188 allgemeinbildenden Schulen und acht Förderschulen anonym, freiwillig und mit Einverständnis der Eltern befragt sowie in Hamburg und Hessen repräsentative Länderstichproben durchgeführt. In jeder Altersgruppe sind mindestens 1.500 Kinder und Jugendliche befragt worden.
Dem deutschen Studienverbund gehören neben der Universität Halle (Prof. Dr. Matthias Richter, Leitung) auch die Universität Bielefeld (Prof. Dr. Petra Kolip), das Universitätsklinikum Ham-burg-Eppendorf (Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer), die Frankfurt University of Applied Sciences (Prof. Dr. Andreas Klocke), die Technische Universität Dresden (Prof. Dr. Wolfgang Melzer), die Hochschule Magdeburg-Stendal (Prof. Dr. Ludwig Bilz) und die Universität Tübingen (Prof. Dr. Gorden Sudeck) an, die gemeinsam die HBSC-Studie Deutschland repräsentieren.
Die Ergebnisse aus der internationalen Studie wurden im März 2016 von der Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlicht. Für weitere Informationen stehen zur Verfügung: Prof. Matthias Richter (Tel. 0345/557-1166, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) oder Irene Moor (Tel.: 0345/557-1172, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!).
Mehr zu der Studie auf
http://hbsc-germany.de
Die Faktenblätter können zudem heruntergeladen werden unter:
http://hbsc-germany.de/downloads/
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