Bevor die klinische Prüfung eines Arzneimittels am Menschen begonnen werden darf, muss sie gemäß §§ 40-42a AMG durch eine Ethik-Kommission zustimmend bewertet werden. Das elfköpfige Gremium der Ethik-Kommission des Landes Sachsen-Anhalt ist eine von vier medizinischen Ethik-Kommissionen des Bundeslandes. Es ist am Landesamt für Verbraucherschutz in Dessau angesiedelt und bewertet alle klinischen Arzneimittelprüfungen, die in Sachsen-Anhalt außerhalb der beiden Universitätsklinika stattfinden. Neben einem Biometriker, einem Juristen, zwei Patientenvertretern und einem Theologen bzw. Ethiker ist die Kommission mit sechs ärztlichen Mitgliedern und der entsprechenden Anzahl von stellvertretenden Mitgliedern besetzt.
Bis 2017 werden weitere Mitglieder aus zentralen medizinischen Fachrichtungen gesucht, die entweder an den Beratungen teilnehmen oder als sachverständige Mitglieder schriftlich in den Bewertungsprozess eingebunden werden können.
Struktur in Sachsen-Anhalt
Die vier Ethik-Kommissionen in Sachsen-Anhalt wurden ent-sprechend Landesrecht gebildet und sind Mitglieder im „Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e.V.“, dem 50 der insgesamt 52 landesrechtlichen Ethik-Kommissionen in Deutschland angehören. Sie werden von der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, von den beiden Medizinischen Fakultäten oder unmittelbar vom Land getragen. Die Zuständigkeit der unterschiedlichen Kommissionen richtet sich nach dem Forschungsgegenstand und den zugrundeliegenden rechtlichen Normen sowie nach der lokalen Anbindung des geplanten Forschungsprojekts (Tab. 1).
Was sind die Aufgaben der Kommissionen
Basis des Handelns der Ethik-Kommission ist die revidierte Deklaration von Helsinki. Sie fordert seit 1975, dass jedes Forschungsprojekt vor Beginn durch ein unabhängiges Gremium zu beraten ist.
Das Gremium beurteilt die wissenschaftliche Qualität, die rechtliche Zulässigkeit und die ethische Vertretbarkeit medizinischer Forschungsvorhaben. Es entscheidet darüber, ob ein Forschungsvorhaben wissenschaftlich anerkannten Regeln entspricht sowie ethisch vertretbar und den Patienten zumutbar ist. Bei der Beurteilung der Prüfpläne, Patienteninformationen und weiterer Dokumente sind fächerübergreifende Aspekte zu berücksichtigen, weshalb die Ethik-Kommission interdisziplinär mit Mitgliedern aus den Bereichen klinische und theoretische Medizin, Rechtswissenschaften, Biometrie/Statistik und Ethik/Theologie sowie mit medizinischen Laien besetzt ist. Das konkrete Bewertungsspektrum umfasst Forschungsvorhaben, die durch die ärztliche Berufsordnung sowie in verschiedenen Bereichen der medizinischen Forschung durch gesetzliche Regelungen wie dem Arzneimittelgesetz (AMG), dem Medizinproduktegesetz (MPG), der Röntgen- und der Strahlenschutzverordnung (RöV bzw. StrSchV) sowie dem Transfusionsgesetz (TFG) und dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) vorgegeben sind.
In der Praxis
Die Ethik-Kommission des Landes Sachsen-Anhalt findet sich im vierwöchigen Turnus in den Räumen des Landesamtes für Verbraucherschutz in Dessau zusammen. Den Mitgliedern werden sämtliche Unterlagen, die in der klinischen Prüfung Verwendung finden sollen, zur Bewertung vorgelegt. In einer mündlichen Beratung werden die verschiedenen Aspekte vorgetragen, diskutiert und schließlich zu einer gemeinsamen Stellungnahme zusammengeführt. Die Geschäftsstelle der Ethik-Kommission setzt dann den Beschluss der Kommission gegenüber den Antragstellern um.
Die durchschnittliche Sitzungsdauer beträgt derzeit ca. 2 ½ Stunden. Bei ihren Entscheidungen sind die Kommissionsmitglieder unabhängig und an keine Weisung gebunden. Für ihre Aufwendungen werden die Mitglieder entschädigt und es werden Reisekosten erstattet.
Zukünftige Aufgaben und Verknüpfung mit EU-Recht
Mit der Umsetzung der EU-Verordnung 536/2014 (absehbares Inkrafttreten ab Oktober 2018) werden die Verfahren der Ethik-Kommissionen den modernen europäischen Anforderungen einer internationalen klinischen Prüfung angepasst. Die Antragstellung erfolgt dann in elektronischer Form über ein zentrales EU-Portal. Die zentralen Dokumente, wie z. B. der Prüfplan, werden bereits seit 2005 vorrangig in englischer Sprache eingereicht. National verwendete Dokumente, wie z. B. die Patienteninformationen und Einwilligungserklärungen sowie die Unterlagen zur Eignung von Prüfstellen, werden auch weiterhin in deutscher Sprache bereitgestellt. Ein wesentlicher Unterschied zur bisherigen Praxis wird sein, dass nicht mehr mehrere deutsche Kommissionen gemeinsam eine ausschließlich für Deutschland gültige Bewertung erarbeiten, sondern dass in Deutschland nur noch eine einzige Ethik-Kommission mit dem Bewertungsverfahren befasst sein wird. Diese Ethik-Kommission erstellt dann in Abstimmung mit den zuständigen Behörden und mit den Ethik-Kommissionen anderer EU-Mitgliedstaaten eine europäische Stellungnahme. Auf diese zukünftigen internationalen Anforderungen müssen sich die Ethik-Kommissionen bereits heute vorbereiten.
Wer wird gesucht
Es werden Fachärztinnen und Fachärzte gesucht, vorrangig (aber nicht zwingend) aus den Bereichen
- Pharmakologie,
- Kinder- und Jugendmedizin,
- Innere Medizin (insbesondere Gastroenterologie),
- Onkologie/Hämatologie
Idealerweise sollten die Mitglieder über Erfahrungen in der Durchführung klinischer Prüfungen verfügen. Neue Mitglieder werden durch die Ethik-Kommission auf ihre Mitarbeit vorbereitet. Wie alle Kommissionsmitglieder können sie außerdem an den regelmäßigen Fortbildungsveranstaltungen des Arbeitskreises Medizinischer Ethikkommissionen teilnehmen.
Ärztinnen und Ärzte, die sich für eine Mitgliedschaft in der Ethik-Kommission des Landes Sachsen-Anhalt interessieren, können weitere Informationen unter folgender Kontaktmöglichkeiten erhalten:
Geschäftsstelle der Ethik-Kommission
des Landes Sachsen-Anhalt
Kühnauer Straße 70
06846 Dessau – Roßlau
Tel.: 0340 / 6501 – 291
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