Dr. med. Anke Lasserre
Dr. med. Anke Lasserre

Medizinischer Dienst Sachsen-Anhalt leistet Beitrag für eine gute und wirtschaftliche Versorgung

Seit 1. Oktober 2021 ist Dr. med. Anke Lasserre die Leitende Ärztin im Geschäftsbereich Medizin des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt. Zuvor war sie medizinische Klinikgeschäftsführerin in Schleswig-Holstein. Jetzt trägt sie unter anderem die Verantwortung für die Struktur- und Qualitätsprüfungen der Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt.

Frau Dr. Lasserre, mit Ihrer neuen Tätigkeit im Medizinischen Dienst Sachsen-Anhalt haben Sie einen neuen Blick auf den Klinikalltag gewonnen. Wie empfinden Sie diese Veränderung?
Für mich ist das eine ganz spannende Herausforderung. Vor allem, weil die übergeordnete und übergreifende Sicht im Medizinischen Dienst noch viel umfassender ist. Zur Klinik bestehen natürlich thematisch einige Schnittstellen. Neben den strategisch-organisatorischen Führungsaufgaben und der Personalverantwortung, sind das im Bereich der stationären Versorgung zum Beispiel Abrechnungs- und Qualitätsaspekte sowie grundsätzlich die gute Versorgung der Patienten.

Qualität ist ein gutes Stichwort, denn mit Ihrem Start im Medizinischen Dienst konnten Sie die neuen Aufgaben der Struktur- und Qualitätsprüfungen für die Krankenhäuser im Land begleiten. Was können Sie dazu sagen?
Mit den Strukturprüfungen richten die Krankenhäuser erstmals selbst Anträge an den Medizinischen Dienst, um Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen zu können. 2021 sind wir vor diesem Hintergrund 543 Mal für die Krankenhäuser aktiv geworden und haben nach den Strukturvoraussetzungen für verschiedene Behandlungen geschaut. Darüber hinaus hat der Medizinische Dienst Sachsen-Anhalt im Auftrag der Krankenkassen in sieben Krankenhäusern die Qualität der Notfallstrukturen überprüft.

Was sind solche Strukturvoraussetzungen, nach denen der Medizinische Dienst schaut?
Für gewisse Behandlungen setzt der Gemeinsame Bundesausschuss, kurz G-BA, konkrete Mindestanforderungen voraus. Das betrifft zum Beispiel komplexe Behandlungen, sogenannte Komplexcodes, bei denen besonders qualifiziertes Personal oder eine bestimmte Ausstattung erforderlich sind.

Warum ist es wichtig, dass der Medizinische Dienst diese überprüft?
Das ist wichtig, weil die Patienten mit den erforderlichen Voraussetzungen versorgt und behandelt werden sollen. Halten Krankenhäuser diese vor, sind Leistungen abrechenbar. Gleichzeitig führt dieser Weg dazu, dass die zentralen Stellen mit guter Strukturqualität erkennbar werden. Daraus können sich im Land auch Anregungen für die künftige Struktur- und Versorgungsplanung ergeben.

In Sachsen-Anhalt wird ja zum Teil über Schließungen von Krankenhäusern diskutiert. Was sind die Gründe dafür? Ist die Lage so schlecht?
Sagen wir so, die Krankenhauslandschaft muss sich über kurz oder lang verändern, um den Gegebenheiten und Entwicklungen gerecht zu werden.

Wie ist das zu verstehen und welche Veränderungen sind aus Ihrer Sicht notwendig?
Sachsen-Anhalt ist ein Bundesland, in dem die Menschen mit durchschnittlich 48 Jahren am ältesten in ganz Deutschland sind. Knapp 30 Prozent der Bevölkerung sind älter als 65 Jahre. Das stellt unser Gesundheitssystem vor entsprechende Herausforderungen. Die stationäre Versorgung muss diesem demografischen Rahmen Sorge tragen. In weiten Teilen ist der Sektor allerdings stark operativ ausgerichtet, wobei der medizinische Fortschritt hier dazu führt, dass die Verweildauern sinken. Fast die Hälfte aller Krankenhausfälle sind inzwischen Kurzlieger. Eine stärkere Ambulantisierung könnte diese zum Teil abfangen. Doch hohe Bettenkapazitäten erzeugen bei den Krankenhäusern auch ökonomischen Druck, die Betten zu belegen, um nicht in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Dafür wäre wiederum ausreichend Personal erforderlich, das auch immer knapper wird.

Wohin muss die Reise also gehen?
Wichtig ist auf jeden Fall eine viel stärker sektorenübergreifende Versorgung, gerade in den Regionen mit Versorgungsdefiziten. Daran muss sich auch das Abrechnungssystem anpassen. Spezielle Versorgungsschwerpunkte werden sich qualitativ an einzelnen Standorten bündeln. Nicht jede Klinik muss immer alles anbieten und vorhalten. Qualitätsaspekte, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit müssen im Einklang stehen, auch mit den ambulanten Gegebenheiten.

Viele Menschen fürchten ja, dass Krankenhausschließungen dazu führen, dass dann bei einem Notfall die Hilfe zu spät kommt. Ist diese Sorge berechtigt?
Ich kann gut nachvollziehen, dass die Menschen, gerade in den ländlichen Regionen mit oft langen Fahrtwegen, diese Befürchtung haben. Bei allen Veränderungen kann und wird die Notfallversorgung nicht aus dem Blick geraten. Ihre Sicherstellung ist wichtig, um in der Fläche attraktiv zu bleiben. Qualität ist dabei aber genauso unerlässlich.

Und da kommt der Medizinische Dienst wieder ins Spiel.
Richtig. Wobei wir nicht das Selbstverständnis einer Qualitätspolizei haben, sondern im gemeinsamen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen in der klinischen Praxis die gute Versorgung der Patienten im Blick halten.

Warum ist der Medizinische Dienst dafür zusätzlich nötig, obwohl die Krankenhäuser intern ein Qualitätsmanagement führen?
Das, was die Krankenhäuser intern im Hinblick auf ihre Qualität leisten, ist unerlässlich. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber einem unabhängigen Korrektiv, also der neutralen Sicht von außen, Wert beigemessen.

Ist die Ärzteschaft des Medizinischen Dienstes dafür praxisnah genug?
Auf jeden Fall. Die Ärztinnen und Ärzte, die im stationären wie ambulanten Begutachtungsbereich im Geschäftsbereich Medizin aktiv sind, kommen alle aus Krankenhaus und Praxis und sind zum Teil auch dort oder im Rettungsdienst noch aktiv.

Was sind stationäre und ambulante Begutachtungsbereiche?
Im stationären Bereich befassen wir uns neben den Struktur- und Qualitätsprüfungen unter anderem auch mit Krankenhausabrechnungen. Im ambulanten Bereich begutachten wir zu den Themenfeldern Arbeitsunfähigkeit, Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, Heil- und Hilfsmittel, Arzneimittel oder Häusliche Krankenpflege. Darüber hinaus nehmen wir Stellung zu Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie zu Behandlungsfehlern und Erstattungsansprüchen. Immer dann, wenn sich Fragen zur Regelversorgung ergeben, wird der Medizinische Dienst Sachsen-Anhalt unterstützend und beratend einbezogen und das macht die Aufgaben so spannend und abwechslungsreich.

Korrespondenzanschrift:
Medizinischer Dienst Sachsen-Anhalt
Leitende Ärztin Dr. med. Anke Lasserre
Breiter Weg 19c, 39104 Magdeburg
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Foto: Kai Spaete für den MDK Sachsen-Anhalt