Die Referenten des zweiten Teils (v. l. n. r.): Dr. med. A. Henze (Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt), PD Dr. med. C. Paech (Universitätsklinik für Kinderkardiologie, Kinderherzzentrum Leipzig), PD Dr. med. A. Rißmann (Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, UMMD), Dr. med. U. Bauer (Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V., Berlin), Dr. med. D. Claas (Universitätsklinik für Neurochirurgie, UMMD), A. Hamdan (Universitätsklinik für Neurochirurgie, UMMD), Prof. Dr. med. D. Schewe (Universitätskinderklinik Magdeburg), Foto: Lindner, Universitätsmedizin Magdeburg
Die Referenten des zweiten Teils (v. l. n. r.): Dr. med. A. Henze (Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt), PD Dr. med. C. Paech (Universitätsklinik für Kinderkardiologie, Kinderherzzentrum Leipzig), PD Dr. med. A. Rißmann (Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, UMMD), Dr. med. U. Bauer (Kompetenznetz Angeborene Herzfehler e. V., Berlin), Dr. med. D. Claas (Universitätsklinik für Neurochirurgie, UMMD), A. Hamdan (Universitätsklinik für Neurochirurgie, UMMD), Prof. Dr. med. D. Schewe (Universitätskinderklinik Magdeburg), Foto: Lindner, Universitätsmedizin Magdeburg

Das Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt durfte am 09.11.2022 alle an der Fehlbildungserfassung Interessierten wieder zum 18. Einsendertreffen begrüßen. Dieses fand zum dritten Mal als Hybrid-Veranstaltung mit rund 35 Online- und 36 Präsenz-Teilnehmern statt. Dieses Jahr lag der Fokus auf den angeborenen Herzfehlbildungen.

Die Veranstaltung wurde mit dem Grußwort von Frau Dr. med. A. Henze aus dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt eröffnet. Sie unterstrich die Bedeutung der angeborenen Herzfehler, da ca. 8.700 Kinder jährlich in Deutschland mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt kommen.

Den ersten Vortrag hielt Frau Dr. med. I. Scharnreitner, leitende Oberärztin des Instituts für Pränatalmedizin, Kepler Universitätsklinikum Linz, zu dem durchaus kontroversen Thema der „fetalchirurgischen Interventionen bei Herzfehlbildungen“. Eine große Bedeutung hat die Zusammenarbeit im Team aus Pränatalmedizinern und Kinderkardiologen zur Auswahl der Patienten. Fetalchirurgische Interventionen können bei kritischer Aortenstenose, kritischer Pulmonalstenose oder -atresie und hypoplastischem Linksherzsyndrom (HLHS) in ausgesuchten Fällen infrage kommen. Das Hauptziel sei eine postpartal biventrikuläre Zirkulation. Eine Studie zeigte, dass 78 von 103 Feten mit kritischer Aortenstenose fetalchirurgisch erfolgreich interveniert wurden und davon bei 61 Feten eine postnatale biventrikuläre Zirkulation gelang. Die Intervention bei kritischer Pulmonalstenose sei schwieriger, trotzdem komme es bei 32 von 59 Feten zur biventrikulären Zirkulation. Nicht nur das HLHS mit intaktem atrialem Septum und res-triktivem Foramen ovale stellt durch die hohe Mortalität und Morbidität weiterhin eine Herausforderung in der Fetalchi-rurgie und/oder der postnatalen operativen Versorgung für die Zukunft dar.

Herr PD Dr. med. C. Paech, Oberarzt der Universitätsklinik für Kinderkardiologie, Kinderherzzentrum Leipzig, berichtete über das Outcome bei Kindern mit komplexen Herzfehlbildungen. Die Prävalenz angeborener Herzfehler in Deutschland beträgt 1,1 pro 100 Neugeborene. 85 % dieser Kinder erreichen das Erwachsenenalter. Sie haben meist ein erhöhtes Risiko für neurologische und psychomotorische Entwicklungsstörungen. Dieses korreliere mit der Schwere der Fehlbildungen und manifestiere sich meist erst im Schulalter. Studien berichteten, dass 70 % der Kinder mit HLHS und 55 % mit Transposition der großen Arterien (TGA) Entwicklungsdefizite aufwiesen. Rechtzeitig und adäquat behandelt, haben Kinder mit HLHS mit der Zeit eine bessere Überlebensrate. Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigte eine Überlebensrate von 83,8 % nach Norwood-I-Prozedere. Eine häusliche Überwachung zwischen den operativen Eingriffen sei aufgrund der hohen Mortalität entscheidend. Die Lebensqualität der Kinder sei in der Regel mit der von Gesunden vergleichbar. Eine wichtige Rolle dabei spiele die Beratung der Betroffenen und ihrer Eltern.

Anschließend berichtete Frau PD Dr. med. A. Rißmann, Leiterin des Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, über die anscheinend ansteigende Tendenz der angeborenen Herzfehler. Im Jahr 2021 betrugen die Prävalenzen von HLHS 2,7, Fallot Tetralogie 3,5, TGA 4,6 und Aortenisthmusstenose 5,8 pro 10.000 Geburten. Ein signifikant steigender Trend sei auch bei Trisomie 13 mit einer Prävalenz von 1,3 pro 10.000 Geburten zu beobachten. Im Rückblick auf die SARS-CoV-2-Infektion in den letzten zwei Jahren zeigte eine Studie, dass die mütterliche Infektion zwar ein höheres Risiko für ein schlechteres Outcome der Schwangerschaft ergab (Abort, Frühgeburt), es gab aber keinen Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Schwangeren/Müttern hin-sichtlich der Fehlbildungsrate.

Die Referenten auf dem 18. Einsendertreffen des Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt am 09.11.2022 waren zum Teil auch online zugeschaltet. In Präsenz (v. l. n. r.): PD Dr. med. C. Paech (Universitätsklinik für Kinderkardiologie, Kinderherzzentrum Leipzig), PD Dr. med. A. Rißmann (Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, UMMD), B. Almomani (Abteilung für Kinderchirurgie, Kindertraumatologie und Kinderurologie der UMMD); in Videoprojektion Dr. med. I. Scharnreitner (Institut für Pränatalmedizin, Kepler Universitätsklinikum Linz, Österreich), Foto: Schubert, Universitätsmedizin Magdeburg
Die Referenten auf dem 18. Einsendertreffen des Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt am 09.11.2022 waren zum Teil auch online zugeschaltet. In Präsenz (v. l. n. r.): PD Dr. med. C. Paech (Universitätsklinik für Kinderkardiologie, Kinderherzzentrum Leipzig), PD Dr. med. A. Rißmann (Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, UMMD), B. Almomani (Abteilung für Kinderchirurgie, Kindertraumatologie und Kinderurologie der UMMD); in Videoprojektion Dr. med. I. Scharnreitner (Institut für Pränatalmedizin, Kepler Universitätsklinikum Linz, Österreich), Foto: Schubert, Universitätsmedizin Magdeburg

Nachfolgend sprach Herr Prof. Dr. med. D. Schewe, Chefarzt der Universitätskinderklinik Magdeburg, über hämatologische Erkrankungen bei Trisomie 21. Es gibt häufigere hämatologische Erkrankungen bei Kindern mit Trisomie 21: transiente myeloproliferative Störung (TMD) und akute Leukämie. 10 % der Kinder mit TMD bleiben asymptomatisch und die Therapie sei nur bei hohem Risiko empfohlen. Kinder mit TMD haben ein 150-500-fach erhöhtes Risiko, an akuter myeloischer Leukämie (AML) zu erkranken. Diese trete meist 1-3 Jahre nach der TMD mit besserer Prognose als bei Nicht-Trisomie 21-Kindern auf. Das Risiko, an akuter lymphatischer Leu-kämie (ALL) zu erkranken, sei bei Trisomie 21-Kindern auf das 20-fache erhöht. Im Gegensatz zur AML haben diese Kinder eine schlechtere Prognose. Bei einer Therapie mit Methotrexat (MTX) seien eine engmaschige Überwachung und ggf. Anschluss an eine Studientherapie mit neuen Substanzen indiziert, da die Kinder mit Trisomie 21 durch die MTX-Toxizität noch zusätzlich eine erhöhte Infektanfälligkeit haben.

Frau Dr. med. U. Bauer, die Geschäftsführerin des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler e. V. in Berlin, berichtete über das Register und Kompetenznetz. Das Register erfasse 205 verschiedene angeborene Herzfehler und verfolge die Fälle von der Schwangerschaft bis zum Erwachsenenalter. Die häufigsten Hürden seien Lost-to-Follow-Up, Probleme mit dem Einwohnermeldeamt bzw. der Infrastruktur und der Compliance der Patienten, insbesondere die Einwilligung von den dann volljährigen Patienten. Die Daten des Registers werden für verschiedene Studien genutzt. Eine der letzten Studien befasste sich mit Schwangeren mit angeborenen Herzfehlern und ergab, dass bei diesen Frauen häufiger Neugeborene mit niedrigem Geburtsgewicht, Todesfällen innerhalb des 1. Lebensjahres sowie genetische Erkrankungen beobachtet wurden.

Zum Abschluss der Veranstaltung gab es Fallvorstellungen aus dem Universitätsklinikum Magdeburg. Herr B. Almomani, Facharzt in der Abteilung für Kinderchirurgie, Kindertraumatologie und Kinderurologie, stellte drei Fälle über Neugeborene/Frühgeborene mit verschiedenen Ausprägungen von Analatresie vor. Die Prävalenz der Analatresie oder Anorektalen Malformation beträgt laut aktuellem Jahresbericht 2021 in Sachsen-Anhalt 4,1 pro 10.000 Geburten. Häufig sei die Analatresie von rektourethraler oder -vesikaler Fistel begleitet. Die Therapie bestehe aus posteriorer sagittaler anorektaler Plastik (PSARP) nach Pena bei hoher Analatresie im Alter von 4-6 Lebensmonaten und laparoskopisch assistierter anorektaler Plastik (LAARP) bei tiefer Analatresie. Frau A. Hamdan, Assistenzärztin, und Herr Dr. med. D. Claas, Oberarzt der Universitätsklinik für Neurochirurgie, berichteten über Meningomyelozele und der Assoziation mit chromosomalen Defekten. Die Häufigkeit einer Meningomyelozele liegt in Europa trotz der Folsäureprophylaxe weiterhin bei 1-2 Fällen pro 1.000 Geburten. Frau Hamdan stellte zwei Fälle von Spina bifida mit kompliziertem Verlauf und Aspekte zur Risikobewertung bei Assoziation mit Chromosomenanomalien vor. Herr Dr. Claas gab einen Einblick in die Entstehung einer Spina bifida aperta und die neurochirurgische Versorgung bei Fällen, wo eine Kontinuitätsunterbrechung zu dem kranialen Anteil des Rückenmarks bestehe.

Text: Lucita Tandaki

Korrespondenzadresse:
PD Dr. med. A. Rißmann
Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt
Medizinische Fakultät der
Otto-von-Guericke-Universität
Leipziger Str. 44, Haus 39
39120 Magdeburg
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