In Memoriam
Am 27.12.2022 verstarb unsere geschätzte Kollegin Prof. Dr. Christiane Motsch im Alter von 63 Jahren.
Seit ihrem Studium von 1978 bis 1984 an der Medizinischen Akademie war sie mit der Hals-Nasen-Ohrenklinik sehr eng verbunden. Zunächst als studentische Hilfskraft, nach ihrer Approbation als Assistenzärztin, gelegentlich als Aushilfs-Operationsschwester zeigte sie große Einsatzbereitschaft und manuelles Geschick. In ihrer hochbewerteten Promotionsarbeit untersuchte sie die Langzeitresultate der sanierenden und gehörverbessernden Operationen und erarbeitete bleibende Bewertungskriterien.
Die damals übliche zentrale Prüfungskommission in Berlin Buch bestätigte ihr 1988 ein breites Fachwissen. Ihr damaliger Chef Prof. Preibisch-Effenberger ernannte sie am 01.10.1992 zur Oberärztin der Universitäts-HNO-Klinik. Ihr besonderes Interesse galt der komplexen Therapie in der Onkologie des Fachgebietes, bei der neben der gezielten Tumorausschaltung möglichst die wichtigen Funktionen von Atmung, Artikulation und Nahrungsaufnahme erhalten werden müssen.Dazu erarbeitete sie sich ein umfangreiches Armamentarium, das in der Klinik angewandt und seit 1982 bei regelmäßig veranstalteten Operationskursen für plastisch-rekonstruktive Chirurgie mit Regionallappen, myokutanen gestielten und mikrochirurgisch reanamostosierten Transplantaten in der Klinik weitergegeben wurden.
Frau Kollegin Motsch war eine akribische und talentierte Operateurin, die den Allgemeinzustand des Patienten ständig mit im Blick hatte. Im Dezember 2001 konnte sie ihre Habilitationsschrift: „Prognosebestimmende Kriterien bei Patienten mit fortgeschrittenen Platten-epithelkarzinomen der Mundhöhle, des Pharynx und der Supraglottis“ erfolgreich verteidigen. Für ihre verschiedenen Publikationen auf diesem Gebiet erhielt sie 2004 den Johannes-Zange-Preis der Norddeutschen Gesellschaft für Otorhinolaryngologie und zervikofaziale Chirurgie. Sie betreute 10 Promovenden, führte sechs Ärzte erfolgreich zur Promotion, verfasste 62 wissenschaftliche Arbeiten, vier Buchartikel und mehrere Übersichtsarbeiten. Nach der Emeritierung von Prof. Freigang 2006 wurde ihr die kommissarische Leitung der Klinik übertragen. In dieser Zeit entwickelte sie das neue Lehrprogramm „Unterricht am Krankenbett“, das wegen der Praxisrelevanz von den Studenten sehr geschätzt wird und mehrfach prämiert wurde. Obwohl sie sich sehr aussichtsreich für die Position des neuen Klinikdirektors bewarb, wurde sie von der Berufungskommission zur Vermeidung einer sogenannten Hausberufung nicht berücksichtigt. Enttäuscht nahm sie die Chefarztstelle im Heinrich-Braun-Klinikum Zwickau am 01.01.2009 an und begann mit ihrem typischen Elan die Klinik zu gestalten. Seit dem 28.02.2011 wurde sie als apl. Professorin mit in die Lehre und Weiterbildung in Magdeburg eingebunden und erhielt 2017 von der Ärztekammer die Zusatzbezeichnung „Palliativmedizin“.
Ein schwerer Verkehrsunfall 2010 löste mehrere Operationen, eine lange Rehabilitation und Teilberufsunfähigkeit aus, sodass sie 2012 die Chefarztstelle in Zwickau aufgeben musste. Das hinderte sie jedoch nicht, später im Harzklinikum Dorothea-Christiane-Erxleben in Quedlinburg 2015 in der Klinik für Dermatologie und Allergologie sowie im Hautkrebszentrum Harz eine Teilzeitstelle für Dermatochirurgie und plastisch-rekonstruktive Operationen anzunehmen. Die nötige Weiterbildungsbefugnis für die Zusatzbezeichnung „Plastische und ästhetische Operationen“ für 12 Monate erhielt sie von der Ärztekammer Magdeburg, in deren Fach- und Prüfungskommission sie berufen wurde.
Frau Prof. Dr. Christiane Motsch widmete all ihre Kraft und Begeisterung ihrem Beruf, mit ihrer operativen Leidenschaft und großen fachlichen Erfahrung konnte sie vielen Patienten helfen und empfangsbereite Kollegen inspirieren. Bis zu ihrem viel zu frühen Tod war sie wissenschaftlich aktiv. Mit dem ihr eigenen Engagement trug sie regelmäßig auf regionalen und überregionalen Tagungen sowohl der HNO-Ärzte als auch der operativen Dermatologen vor. Die Akzeptanz einer letzten Publikation aus ihrer Feder durfte sie noch miterleben. Die gedruckte Version hat sie leider nicht mehr in den Händen halten können [1]. Die Kollegen und Schwestern, die mit ihr zusammenarbeiten konnten, schätzten ihre Einsatzbereitschaft, hohe Kompetenz und Verlässlichkeit. Sie wissen, dass ihr Beruf der wesentliche Inhalt ihres Lebens war. Wir alle werden Frau Prof. Dr. Christiane Motsch ein ehrendes Gedenken be-
wahren.
Unser tiefstes Mitgefühl gilt ihren Angehörigen, denen wir Kraft und Zuversicht in dieser schweren Zeit wünschen.
Prof. em. Dr. Bernd Freigang
Prof. Dr. Jens Ulrich
Literatur: Motsch C., Ulrich J., Der Cross-Finger Flap als eine ultima-ratio-Lösung zur Rekonstruktion von Defekten der Fingerbeugeseiten. J Dtsch Dermatol Ges 2023 (im Druck)
Foto: privat