Kind kein Schaden — trotzdem Anspruch auf Schadenersatz?!

Aus der Fallsammlung der Norddeutschen Schlichtungsstelle


Kasuistik

Bei einer 41-jährigen Patientin war als eine Besonderheit bei einer früheren Geburt ein Uterus duplex und ein Scheidenseptum festgestellt worden. Die betreuende Gynäkologin wurde darüber durch den Arztbrief der Klinik informiert. Es bestanden außerdem noch Fehlbildungen der ableitenden Harnwege.

Nach ihrem zweiten Kind entschied sich die Patientin aufgrund der finanziellen Situation für eine Empfängnisverhütung mit der Hormonspirale Mirena. Es erfolgte zur Vorbereitung eine Sonografie, bei der die Gynäkologin keine Auffälligkeiten, insbesondere keinen Uterus duplex, feststellte. Die Einlage wurde komplikationslos vorgenommen. Die Patientin wurde erneut schwanger. Im Entlassungsbrief zur dritten Geburt ist notiert: „Uterus duplex mit Mirena im nicht-graviden Horn." Die Patientin wechselte die Gynäkologin. In der Kartei ist dort vermerkt: „Partner ist sterilisiert". Auf einem Ultraschallbild ist eindeutig ein Uterus duplex zu erkennen. Die Hormonspirale sei für die Empfängnisverhütung gänzlich ungeeignet gewesen. Die Gynäkologin habe dies gewusst.

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Das neue PsychKG LSA

Am 15.10.2020 ist das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung des Landes Sachsen-Anhalt (PsychKG LSA) mit Ausnahme der Vorschriften zur Einrichtung der gemeindepsychiatrischen Verbünde; der Psychiatrie-koordinatoren/-innen und der Psychiatrischen Versorgungsstrategie in Kraft getreten.

Das bisher geltende PsychKG des Landes Sachsen-Anhalt bedurfte einer Überarbeitung, da es seit dessen Inkrafttreten im Februar 1992 zahlreiche Neuerungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung gab. Im Rahmen dieses Beitrages sollen kurz die wesentlichen Änderungen dargestellt werden.

Erweiterte Aufklärungspflichten

§ 21 PsychKG LSA verpflichtet den aufnehmenden Arzt oder die aufnehmende Ärztin die unterbrachte Person mit einer psychischen Erkrankung umfassend über ihre Rechtsschutzmöglichkeiten aufzuklären. Die Aufklärung über die Rechte und Pflichten und die Rechtsfolgen der Unterbringung sowie den gerichtlichen Rechtsschutz hat unverzüglich, in geeigneter Form und in einer der untergebrachten Person verständlichen Sprache zu erfolgen. Darüber hinaus ist die Aufklärung zu dokumentieren.

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Komplikationen und Fehler bei Ohrspülungen

Aus der Fallsammlung der Norddeutschen Schlichtungsstelle

Im Weiteren wird von der sonst üblichen Form der Darstellung abgewichen, um einen Überblick über die Probleme im Zusammenhang mit Ohrspülungen zu geben. Auch wenn es sich um vergleichsweise wenig invasive Eingriffe handelt, können die Folgen für die Lebensführung der Patienten doch beachtlich sein.

Fall 1


Bei einer Patientin erfolgte in einer Hausarztpraxis wegen einer Behinderung im Ohr eine Untersuchung, bei der ein Ohrpfropf festgestellt wurde. Daraufhin begann die Arzthelferin, mit einer Ohrspritze den Gehörgang zu spülen. Die Hausärztin berichtet, dass durch einen Bedienfehler mit anschließender Schreckreaktion ihrer Mitarbeiterin der Gehörgang oberflächlich verletzt worden sei. Die Mitarbeiterin schildert in einer Stellungnahme, dass beim Spülen der rechten Seite der Kolben durch den Druck vom Gewinde nach hinten weggeflogen sei, wobei ein nicht übermäßig lautes Geräusch entstanden sei, etwa 20 cm vom Ohr entfernt. Anschließend sei der Gehörgang blutig gewesen, da eine Ohrenspritze mit spitzem Aufsatz verwendet worden sei.

Die Patientin suchte deshalb am folgenden Tag einen HNO-Arzt auf, der eine Gehörgangsverletzung rechts feststellte und behandelte. Das Trommelfell rechts wurde als intakt dokumentiert. Später erfolgte im Rahmen einer Kontrolluntersuchung beim HNO-Arzt ein Hörtest, der eine Hörminderung rechts ergab, weshalb eine Kortisonbehandlung eingeleitet wurde. Es besteht ein anhaltender Tinnitus.

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Injektionen ohne ausreichende Befunde

Aus der Fallsammlung der Norddeutschen Schlichtungsstelle

Kasuistik
Bei einem 77-jährigen Patienten bestanden heftige Schmerzen im Bereich des Os pisiforme (Erbsenbein) nach längerer PC-Arbeit. Er suchte den in Anspruch genommenen Facharzt für Orthopädie auf. Therapeutisch kamen ein Softlaser sowie eine Kryotherapie zur Anwendung. Es wurde ein Softtape angelegt. Für den nächsten Praxisbesuch war eine weitere Untersuchung der Halswirbelsäule vorgesehen. Eine Woche später bestanden bei der Kontrolle weiterhin starke Schmerzen. Es wurde eine Injektion mit Triam 20 und Procain injiziert. In den Vermerken der Dokumentation ist eine Triggerpunktinfiltration enthalten sowie Insertionstendinose Os pisiforme rechts.

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Krankschreibungen per Videosprechstunde

Änderung der Arbeitsunfähigkeits-Richtline

Im Juli hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Änderung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie beschlossen. Diese ermöglicht seit dem 7. Oktober die Ausstellung von Krankenscheinen ohne vorherigen physischen Kontakt zum Arzt. Gemäß § 4 Abs. 5 AU-Richtlinie muss der Erkrankte bei dem Vertragsarzt bereits als Patient bekannt sein. Zudem ist die Bescheinigung für eine maximale Dauer von einer Woche möglich. Eine Folgebescheinigung kann zudem nur erfolgen, wenn der Patient bereits wegen derselben Erkrankung vom Arzt persönlich untersucht wurde.
Ein Anspruch des Patienten auf eine AU auf digitalen Weg besteht nicht. Der anbietende Arzt muss den Patienten darüber informieren, dass die Befunderhebungsmöglichkeiten in einer Videosprechstunde eingeschränkt sind und daher auch nicht für alle Erkrankungen geeignet ist.

Die Aktuelle AU-Richtlinie können Sie hier abrufen: https://www.g-ba.de/richtlinien/2/

Ass. jur. Tobias Brehme