Arzthaftpflicht: Patientensicherheit in der Urologie

Iatrogene Schäden in der Urologie sind oft einer überschaubaren Anzahl von Grunderkrankungen zuzuordnen. Dies ist die ideale Voraussetzung einer Schadenprophylaxe durch Sensibilisierung. Sind die Potentiale ständig präsent, kann die mangelnde Aufmerksamkeit in einer Behandlungssituation und damit die häufigste Fehlerquelle eliminiert werden.


I. Schadenhäufigkeit


In der jährlichen Pressekonferenz der Bundesärztekammer zur statistischen Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen findet sich die Urologie in der am 03. April 2019 veröffentlichten Fallstatistik aller Fachgebiete in der Niederlassung auf Platz 8 (61 Fälle) und im Krankenhausbereich auf Platz 7 (178 Fälle). Damit gehört die Urologie nicht zu den besonders exponierten „Schadennestern“. Dies zeigt sich auch darin, dass sich in dieser Statistik unter den am häufigsten fehlbehandelten Krankheiten keine typischerweise der Urologie zuzuordnenden Erkrankungen finden. Auf Versichererseite kennt man im Fachgebiet der Urologie aber durchaus hohe Einzelfallzahlungen und vor allem auch sich oft ähnelnde Sachverhalte.

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Eine gute Dokumentation schützt bei Aufklärungsrügen

Norddeutsche SchlichtungsstelleAus der Fallsammlung der Norddeutschen Schlichtungsstelle

Kasuistik

In einem Schlichtungsverfahren waren die Behandlungen und Untersuchungen durch einen niedergelassenen Facharzt für Chirurgie (im Weiteren Chirurg genannt) und einen Facharzt für Chirurgie mit Zusatzbezeichnung Handchirurgie (im Weiteren als Handchirurg bezeichnet) zu prüfen.

Ein 55-jähriger Patient hatte sich anderthalb Jahre vor der Konsultation des niedergelassenen Chirurgen mehrfach an der rechten Hand verletzt. Wegen der anhaltenden Schmerzen im rechten Handgelenk stellte er sich in der Praxis vor. Klinisch fand sich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des geschwollenen rechten Handgelenks. In den Röntgenaufnahmen wurde ein Zusammenbruch der vorderen Handwurzelreihe nachgewiesen, dessen Ursache in einer veralteten Ruptur (Riss) der Bandverbindung zwischen dem Kahnbein und dem Mondbein zu finden war (SLAC-wrist im Stadium III mit statischer Instabilität). Die speichenseitige Radiusgelenkfläche war posttraumatisch degenerativ verändert. Die gegenüberliegende Gelenkfläche des Mondbeines in der Speiche sowie die Gelenkflächen zwischen der vorderen und der hinteren Handwurzelreihe waren unauffällig.

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Fehlerhaft gestörte Kommunikation im Krankenhaus

Norddeutsche SchlichtungsstelleAus der Fallsammlung der Norddeutschen Schlichtungsstelle

Kasuistik

Ein 26-jähriger Patient war bei drogeninduzierter Psychose stationär psychiatrisch behandelt worden. Gleich nach der Entlassung fügte er sich eine Schnittwunde am linken Arm in suizidaler Absicht zu und wurde zur chirurgischen Versorgung der Chirurgischen Abteilung einer Klinik der Akut- und Regelversorgung zugeführt. Dort wurde er nach akuter Suizidalität befragt. Er verneinte zu diesem Zeitpunkt suizidale Absichten und wurde aufgefordert, sich zu melden, falls es ihm psychisch schlechter gehe. Nach operativer Versorgung verblieb der Patient über Nacht im Aufwachraum. Ab 0.30 Uhr klagte er wiederholt über psychische Probleme und verlangte nach Hilfe. Das betreuende Pflegepersonal erlebte den Patienten als psychisch stark angeschlagen und verständigte den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Pflege dokumentierte um 1.30 Uhr nachts wörtlich: „keine Reaktion ärztlicherseits erfolgt, Ignoranz der Problematik.“

Der Oberarzt wurde am Morgen gebeten, den Patienten deshalb möglichst früh zu visitieren. Um 9.15 Uhr wurde festgehalten, dass der Patient sehr wortkarg gewesen sei. Weitere Angaben zum psychischen Zustand wurden nicht dokumentiert. Der Patient solle im Aufwachraum bleiben. Unmittelbar darauf öffnete der Patient ein Fenster und sprang hinaus. Beim Sturz zog er sich ein epidurales Hämatom zu, das in einer Notfalloperation entlastet wurde. Dazu kamen ein mittelschweres gedecktes Schädel-Hirn-Trauma mit Kontusionsblutung, ein traumatisches Querschnittsyndrom ab C5 bei HWK-7-Luxationsfraktur, eine Orbitadach- und Seitenwandfraktur und ein Thoraxtrauma mit Brustbeinfraktur.

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Nicht genügend Befunde für eine Operation

Norddeutsche SchlichtungsstelleAus der Fallsammlung der Norddeutschen Schlichtungsstelle

Kasuistik

Eine 27jährige Patientin wurde wegen einer erosiven Refluxösophagitis zur Operation zugewiesen. Bereits seit neun Jahren hatten Refluxbeschwerden bestanden, seit drei Jahren war Pantoprazol (PPI = Protonenpumpeninhibitor) angewendet worden. Genauere anamnestische Angaben lagen nicht vor. Vier Monate vor der Operation war bei einer ambulanten Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) das Bild einer Refluxösophagitis Grad I beschrieben worden, die Kardia schloss suffizient, keine sichtbare Hiatushernie. Pathohistologisch wurden eine geringgradige, floride Duodenitis und eine leichtgradige chronische, unspezifische, nicht aktive Korpusgastritis diagnostiziert. Eine weitere Diagnostik wurde nicht vorgenommen.

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Übergabe der Todesbescheinigung bei nicht natürlichem Tod an die Polizei und Staatsanwaltschaften

Aus gegebenem Anlass hat das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration darauf hingewiesen, dass auf Verlangen der Polizei oder Staatsanwaltschaft bei Vorliegen eines nicht natürlichen Todes die Todesbescheinigung den Ermittlungsbehörden auszuhändigen ist.

Dies gilt aufgrund der Legaldefinition des nicht natürlichen Todes gemäß § 2 Nr. 6 Bestattungsgesetz Sachsen-Anhalt (BestattG LSA) auch insoweit die Todesart ungeklärt ist. Wie das Ministerium ausführt, bleiben die Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) insbesondere § 87 Abs. 1 StPO, durch die Vorschriften des BestattG LSA unberührt. Die Todesart, welche die ärztliche Person anlässlich der bestattungsrechtlichen Bestimmungen zur durchgeführten Leichenschau in die Todesbescheinigung einträgt, stellt die wesentliche Grundlage für die Entscheidung über die Einleitung strafprozessualer Maßnahmen nach § 87 Abs. 1 StPO durch Polizei und Staatsanwaltschaft dar. Aus diesem Grund verpflichtet § 6 Abs. 1 BestattG LSA die mit der Leichenschau befassten ärztlichen Personen zur unverzüglichen Verständigung der Polizei, soweit Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod gegeben sind. Der Umschlag „An das Standesamt“, der die Blätter 1, 2 und 3 der Todesbescheinigung enthält, bleibt insoweit bei Übergabe an die Ermittlungsbehörden unverschlossen.

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