Am 31.01.2015 ist das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt und anderer Gesetze in Kraft getreten.
Es handelt sich um ein Artikelgesetz, dass neben dem Gesetz über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt (KGHB-LSA) auch das Gesundheitsdienstgesetz, das Krankenhausgesetz Sachsen-Anhalt und das Hochschulmedizingesetz ändert.
Erweiterung der Berufspflichten
Zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung werden die in § 19 KGHB-LSA geregelten ärztlichen Berufspflichten erweitert. Gemäß des neuen Absatzes 3 des § 19 sind in eigenen ambulanten Einrichtungen berufstätige Ärzte und Ärztinnen verpflichtet, Patienten und Patientinnen auf deren Verlangen Auskunft zu erteilen über
- die Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit ihrer erbrachten medizinischen Leistungen
- ihrer Berechtigung zur Berufsausübung einschließlich ihrer Zulassung zur vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Versorgung
- ihren Versicherungsschutz für die Berufshaftpflicht und
- die Preise ihrer Leistungen.
Die von ihnen erstellten Rechnungen über ihre Leistungen müssen klar und verständlich sein.
Nach der o.a. EU-Richtlinie müssen alle Gesundheitsdienstleister einschlägige Informationen bereitstellen, die den Patienten dazu befähigen, eine sachkundige Entscheidung hinsichtlich der Behandlung bei einem bestimmten Gesundheitsdienstleister durch die von diesem selbst vorab festgelegten und erteilten Informationen zu ermöglichen. Die Gesundheitsdienstleister müssen danach insbesondere Informationen über Behandlungsoptionen, Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit der erbrachten Gesundheitsversorgung erbringen, klare Preisinformationen erteilen und klare Rechnungen erstellen sowie Informationen über ihre Zulassung, Registrierungsstatus und ihren Versicherungsschutz bereitstellen. Zwar sind durch den Bundesgesetzgeber auch mit dem Patientenrechtegesetz bereits in § 630 c BGB Informationspflichten des Behandelnden geregelt worden. Danach trifft den Behandelnden eine Informationspflicht über alle für die Behandlung wichtigen Umstände sowie über die Kosten der Behandlung. Nach Auffassung des Landesgesetzgebers ist aber nur ein Teil dieser Pflichten aus der EU-Richtlinie durch Bundesrecht gedeckt. Er hielt es für erforderlich, zur Umsetzung der EU-Richtlinie diese Pflichten gegenüber Patienten und Patientinnen gesondert als Berufspflichten auszugestalten und gesetzlich zu verankern. Allerdings enthielt bisher auch das Berufsrecht in der Berufsordnung Aufklärungspflichten. Die Pflicht zur Erstellung klarer Rechnungen ergibt sich bereits aus der Ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ). Eine Informationspflicht gegenüber dem Patienten über den bestehenden Versicherungsschutz war bisher weder gesetzlich noch berufsrechtlich vorgesehen. Es bleibt bislang offen, ob dies nur den Fakt der Existenz einer Versicherung und die Höhe der Absicherung betrifft oder damit auch die Pflicht zur Benennung des Haftpflichtversicherers einhergeht. Die Pflicht zur Berufshaftpflichtversicherung selbst ist bereits im Jahr 2007 im § 19 Abs. 2 Nr. 4 KGHB-LSA festgelegt worden, so dass es einer Umsetzung der Pflicht aus Artikel 4 Abs. 2 d der EU-Richtlinie 2011/24 in Bezug auf die diesem Gesetz unterworfenen Heilberufe nicht mehr bedurfte. Das hier besprochene Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Kammern für Heilberufe und anderer Gesetze sieht gleichlautend entsprechende Informationspflichten für die dem Gesetz nicht unterfallenden Gesundheitsdienstleister durch Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes und des Krankenhausgesetzes vor.
Datenübermittlung mittels IMI
Durch weitere Ergänzung des § 5 KGHB-LSA wurde die Ärztekammer wie die Zahnärzte- und die Apothekerkammer als zuständige Stelle zur Mitteilung von Berufsausübungsberechtigungen ihrer Mitglieder an Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf Anfragen im Rahmen des Binnenmarktinformationssystems (IMI) bestimmt und berechtigt, die dafür erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln. Dieses Binnenmarktinformationssystem (IMI) hat seine Grundlage im Wesentlichen in der EU-Verordnung 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarktinformationssystems (IMI-Verordnung).
Es handelt sich dabei um eine über das Internet zugängliche Software-Anwendung, die von der EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten entwickelt wurde, um diese dabei zu unterstützen, die in den Rechtsakten der Union festgelegten Anforderungen an den Informationsaustausch praktisch zu erfüllen. Dies erfolgt durch einen zentralisierten Kommunikationsmechanismus, der einen grenzüberschreitenden Informationsaustausch ermöglicht und die Amtshilfe zwischen den jeweils zuständigen Behörden erleichtert. Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt ist bereits seit mehreren Jahren im Rahmen der Anwendung der EU-Richtlinie 2005/36 zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in das IMI für einen Informationsaustausch mit anderen Mitgliedstaaten zu den Berufsangehörigen im Gesundheitswesen eingebunden. Zum Beispiel erreichen die Kammer Anfragen zum Vorliegen von Facharztanerkennungen aus Mitgliedsländern der EU, wenn ehemalige Kammerangehörige dort eine berufliche Tätigkeit aufnehmen wollen. Mit der vorgenommenen Ergänzung der Aufgaben der Kammer ist hier eine entsprechende datenschutzrechtliche Grundlage für den Austausch personenbezogener Daten getroffen wurden.
Mit der Ergänzung des § 5 Abs. 7 Satz 4 ist außerdem für alle Heilberufskammern die Nutzung des IMI vorgeschrieben worden, was Anfragen oder sonstige Mitteilungen insbesondere zu berufsrechtlichen Sanktionen gegen Berufsangehörige betrifft. Dies erfordert Artikel 56 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2005/36 in der durch die EU-Richtlinie 2013/55 geänderten Fassung. Auf diesem Wege können ggf. im Land ausgesprochene berufsrechtliche Sanktionen wie die Feststellung der Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufes an die anderen Mitgliedstaaten weitergegeben werden.
Kammer als zuständige Stelle gemäß § 117 VVG
Durch den neu eingefügten Abs. 9 in § 5 KGHB-LSA wird die Ärztekammer Sachsen-Anhalt als zuständige Stelle im Sinne des § 117 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) für die Entgegennahme von Anzeigen über Berufshaftpflichtversicherungsverhältnisse bestimmt. Wie oben angesprochen wurden mit der Änderung des Kammergesetzes im Jahr 2007 die Berufspflichten dahingehend erweitert, dass Ärztinnen und Ärzte verpflichtet sind, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, während der Berufstätigkeit aufrecht zu erhalten und auf Verlangen der Kammer nachzuweisen. Im Zuge dessen hat seit dem Jahr 2008 jedes neue Kammermitglied einen Fragebogen über das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung auszufüllen und der Kammer die entsprechenden Mitteilungen zu machen. Bei Änderung der ausgeübten Tätigkeit erbittet die Kammer eine Aktualisierung der Mitteilung. Die jetzige Ergänzung der Aufgaben der Kammer soll der Verbesserung der Überwachung der Kammern über das Bestehen von Berufshaftpflichtversicherungen der Berufsangehörigen dienen. Mit den Anzeigen der Versicherungsunternehmen wird der Kammer bekannt, wann ein Versicherungsverhältnis beendet wird. Die rechtlichen Konsequenzen des § 117 VVG insbesondere im Verhältnis zum Dritten, in diesem Fall des Patienten, gehen aber weiter.
§ 117 VVG Abs. 1 und 2 lauten:
(1) Ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung dem Versicherungsnehmer gegenüber ganz oder teilweise frei, so bleibt gleichwohl seine Verpflichtung in Ansehung des Dritten bestehen.
(2) Ein Umstand, der das Nichtbestehen oder die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, wirkt in Ansehung des Dritten erst mit Ablauf eines Monats, nachdem der Versicherer diesen Umstand der hierfür zuständigen Stelle angezeigt hat. Dies gilt auch, wenn das Versicherungsverhältnis durch Zeitablauf endet. Der Lauf der Frist beginnt nicht vor Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Ein in den Sätzen 1 und 2 bezeichneter Umstand kann dem Dritten auch dann entgegen gehalten werden, wenn vor dem Zeitpunkt des Schadensereignisses der hierfür zuständigen Stelle die Bestätigung einer entsprechend den Rechtsvorschriften abgeschlossenen neuen Versicherung zugegangen ist. Die vorstehenden Vorschriften dieses Absatzes gelten nicht, wenn eine zur Entgegennahme der Anzeige nach Satz 1 zuständige Stelle nicht bestimmt ist.
Wie sich daraus ergibt, wird nach Ablauf eines Monats nach Anzeige der Beendigung des Versicherungsverhältnisses bei der Kammer der Berufshaftpflichtversicherer von der Leistungspflicht gegenüber dem geschädigten Dritten frei. Angesichts dessen wird sich die Kammer nach Eingang einer Mitteilung gemäß § 117 VVG kurzfristig mit dem Arzt hinsichtlich der Vorlage eines Nachweises für das Bestehen einer (neuen) Berufshaftpflichtversicherung in Verbindung setzen. Kommt er dem nicht nach, hat die Kammer gemäß § 21 a die Möglichkeit, die Erfüllung dieser Pflichten mit der Anordnung eines Zwangsgeldes bis 2.000,- € durchzusetzen. Liegt zum Ende der Monatsfrist der Nachweis über eine Berufshaftpflichtversicherung nicht vor, droht die Meldung an die Approbationsbehörde. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 der Bundesärzteordnung kann diese das Ruhen der Approbation auch anordnen, wenn sich ergibt, dass der Arzt nicht ausreichend gegen die sich aus seiner Berufsausübung ergeben Haftpflichtgefahren versichert ist, sofern kraft Landesrechts oder kraft Standesrechts eine Pflicht zur Versicherung besteht.
Weitere Änderungen im KGHB-LSA
Ebenfalls im § 5 KGHB-LSA wurden die Aufgaben der Ethikkommission der Ärztekammer Sachsen-Anhalt konkreter gefasst. Sie ist jetzt ausdrücklich nur für den Bereich außerhalb der Universitäten und Universitätskliniken sowie für die Bewertung von Behandlungsverfahren und Medizinprodukten und aufgrund des Strahlenschutzrechts und des Transfusionsrechts zuständig.
In den §§ 5 a, 8 und 17 wird klargestellt, dass die Mitglieder der Organe der Ärzteversorgung, der Kammerversammlung und des Vorstandes ehrenamtlich tätig sind.
Mit einer Ergänzung in § 8 wird der Kammer außerdem zukünftig ermöglicht, anstelle der Briefwahl auch die Wahl in elektronischer Form durchzuführen. Mit der Nutzung elektronischer Medien kann die Wahl sowohl für die Wähler als auch die Kammer vereinfacht und damit kostengünstiger erfolgen. Außerdem kann sie dazu beitragen, das Interesse an der Wahl zu steigern und die Wahlbeteiligung zu erhöhen.
Der § 15, der die Genehmigung von Satzungen und Beschlüssen der Kammer betrifft, wurde ebenfalls geändert. Zukünftig bedürfen nur noch die Feststellung des Haushaltsplanes und der Jahresrechnung, die Beitrags- und die Weiterbildungsordnung sowie die Alterssicherungsordnung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, das Ministerium für Arbeit und Soziales. Für weitere Satzungen der Kammer wie z. B. die Hauptsatzung, die Wahlordnung oder die Berufsordnung entfällt zukünftig die Genehmigungspflicht.
Mit der Ergänzung des § 20 über den Inhalt der Berufsordnung erhält die Kammer ausdrücklich die Befugnis, eine Fortbildungssatzung als Bestandteil der Berufsordnung zu erlassen und hierzu insbesondere die Voraussetzungen für das Erteilen von Fortbildungszertifikaten und das Führen entsprechender Bezeichnungen zu regeln.
Eine weitere berichtenswerte Änderung betrifft den § 27, der das Prüfungsverfahren in der Weiterbildung zum Gegenstand hat. Es wird klargestellt, dass die Kammer begonnene Prüfungsverfahren auch dann fortführen kann, wenn sich die Zuständigkeit im Laufe des Verfahrens ändert. Voraussetzung ist, dass dies den Interessen des Antragstellers oder der Antragstellerin dient und die nunmehr zuständige Kammer dem zugestimmt hat. Darüber hinaus wird geregelt, dass die von der Kammer eines anderen Bundeslandes erteilte Zulassung zur Prüfung auch als Zulassung zur Prüfung in Sachsen-Anhalt gilt. Über Rücknahme und Widerruf dieser Zulassung entscheidet die zuständige Kammer in Sachsen-Anhalt.
Änderungen anderer Gesetzes
Wie schon oben erwähnt, ändert das Gesetz in weiteren Artikeln auch das Gesundheitsdienstgesetz, das Kranken-hausgesetz Sachsen-Anhalt und das Hochschulmedizingesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Neben den dargestellten Informationspflichten wird für andere Gesundheitsdienstleister jetzt auch die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung geregelt. Als zuständige Stelle im Sinne des § 117 VVG ist für diese das Landesverwaltungsamt bestimmt. Erwähnenswert ist der neu eingeführte § 27 d des Gesundheitsdienstgesetzes. Zur Ausführung der Präimplantationsdiagnostikverordnung des Bundes ist zur dort vorgeschriebenen Ergänzung durch Landesrecht eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen worden, die Einzelheiten die Ethikkommission betreffend, durch Verordnung des zuständigen Ministeriums im Gesundheitswesen festzulegen. Dies betrifft allerdings nur Zentren außerhalb der Universitäten und Universitätskliniken. Für diese sieht in Artikel 4 das so geänderte Hochschulmedizingesetz eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage vor. Wie im Bereich der Ärztekammer ist auch der Aufgabenbereich der universitären Ethikkommissionen konkretisiert worden. Deren Zuständigkeitsbereich wird durch Einbeziehung der Universitätskliniken klargestellt und deren Zuständigkeit für die Bewertung insbesondere nach dem Arzneimittelgesetz, Medizinproduktegesetz, Transfusionsgesetz, Embryonenschutzgesetz sowie Strahlenschutzrecht geregelt.
Ass. jur. Kathleen Hoffmann