Bei gewissen Sicherheitsproblemen scheint eine Videoüberwachung eine einfache Lösung zu bieten. So können etwa unübersichtliche oder personell nicht oder nur sporadisch besetzte Räumlichkeiten zu verschiedensten Tages- und Nachtzeiten leicht überwacht werden. Die Aufsicht über das System kann zentral und mit wenig Personalaufwand erfolgen. Die Technik ist inzwischen erschwinglich und häufig ohne besondere Kenntnisse zu installieren.
Die datenschutzrechtliche Relevanz der Videoüberwachung wird von den Betreibern jedoch häufig falsch eingeschätzt. Jeder Mensch hat grundsätzlich das Recht sich frei zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird. Dies ergibt sich aus seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ableitet.
Daher ist die Videoüberwachung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Diese sind für nicht-öffentliche Stellen, zu denen freiberuflich Tätige zählen, im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Zunächst bedarf es dabei eines berechtigten Interesses des Betreibers. Ein solches Interesse kann z. B. der Schutz vor Einbrüchen oder Diebstahl sein, soweit eine tatsächliche Gefahrenlage nachgewiesen werden kann. Vor der Installation einer Videoüberwachung muss allerdings geprüft werden, ob alternative, weniger beeinträchtigende Maßnahmen ausreichen, um den verfolgten Zweck zu erreichen (etwa einbruchsichere Türen und Fenster oder eine Einbruchmeldeanlage). Ist dies nicht der Fall, kann eine Videoüberwachung in Betracht kommen. Sie muss auf das für den Zweck erforderliche Maß beschränkt werden. Dazu gehört die Begrenzung der Überwachung auf gefährdete räumliche Bereiche sowie der Beobachtungs- und ggf. Speicherdauer auf ein Mindestmaß.
Sofern die nachweisbare Gefahr von Einbrüchen besteht, die mit baulichen Schutzmaßnahmen nicht abgewendet werden kann, könnte es somit im Einzelfall zulässig sein, den Eingangsbereich einer Praxis außerhalb der Geschäftszeiten mit Videotechnik zu überwachen.
Die Videoüberwachung ist allerdings nur zulässig, sofern keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der von der Überwachung Betroffenen überwiegen. Betroffen können in einer Arztpraxis zunächst vor allem die Patienten sein, aber auch Beschäftigte, Geschäftspartner oder Passanten, die den Überwachungsbereich durchschreiten.
Angaben über die Gesundheit einer Person gehören zu den besonderen Arten personenbezogener Daten nach § 3 Abs. 9 BDSG, für die das BDSG ein besonders hohes Schutzniveau vorsieht. Ein gesundheitsbezogenes Datum kann dabei bereits der Umstand sein, dass sich der Patient in einer bestimmten ärztlichen Behandlung befindet.
Eine Videoüberwachung der Bereiche, in denen sich Patienten aufhalten, während der Sprechzeiten bedarf daher besonders gewichtiger berechtigter Interessen des Arztes. Ansonsten würden die schutzwürdigen Interessen der Patienten überwiegen. Untersuchungs- und Behandlungsräume dürfen deshalb grundsätzlich nicht überwacht werden. Auch die Videoüberwachung von Umkleidebereichen und Toiletten ist unzulässig, da dies die Intimsphäre der Betroffenen verletzen würde.
Sofern eine Praxis (zeitweise) nur durch den Arzt oder die Ärztin ohne weiteres Personal besetzt ist und mithilfe von Videotechnik der Eingangsbereich überwacht werden soll, um neu eintreffende Patienten zu bemerken, könnte dies zulässig sein, wenn z. B. eine besondere räumliche Situation oder andere besondere Umstände es unmöglich machen, den Patienten persönlich einzulassen. Dabei sollte es sich ausschließlich um eine Live-Beobachtung ohne Aufzeichnung handeln, die nur für eine kurze Zeit nach dem Klingeln bzw. Eintreten des Patienten aktiv ist. Eine entsprechende Live-Überwachung sollte nicht auf den Wartebereich ausgedehnt werden. Denn die schutzwürdigen Interessen der Patienten stehen besonders dort im Vordergrund, wo diese sich für längere Zeit aufhalten und in der Regel keinen Anlass für eine Überwachung geben.
Besonders problematisch ist zudem die Videoüberwachung von Beschäftigten, da diese sich aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der Überwachung häufig nicht entziehen können. Dies gilt vor allem dort, wo die Beschäftigten der Überwachung nicht nur flüchtig oder vorübergehend ausgesetzt sind, sondern unmittelbar an einem Dauerarbeitsplatz (z. B. im Empfangsbereich).
Einer dauerhaften Mitarbeiterüberwachung müssen äußerst gewichtige berechtigte Interessen des Arbeitgebers gegenüberstehen. Eine Videoüberwachung zur Verhaltens- und Leistungskontrolle ist grundsätzlich unzulässig.
Zur Auslegung des BDSG haben die Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder im Düsseldorfer Kreis die Orientierungshilfe „Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen“ beschlossen (siehe http://lsaurl.de/VideoOH). Sie beschreibt auch, welche verfahrensrechtlichen Besonderheiten beim Betrieb einer zulässigen Videoüberwachung zu beachten sind, z. B. im Hinblick auf das Verfahrensverzeichnis, die Datensicherheit, Speicherfristen sowie Kennzeichnungs- und Unterrichtungspflichten. Sofern Sie über die Installation einer Videoüberwachungsanlage nachdenken oder bereits eine solche betreiben und nun in Zweifel geraten sind, steht Ihnen der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt unter 0391 / 81803 – 0 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! für eine datenschutzrechtliche Beratung zur Verfügung.
Dr. Harald von Bose
Landesbeauftragter für den Datenschutz Sachsen-Anhalt