In einem aktuellen Verfahren lehnte das Verwaltungsgericht Magdeburg den Antrag einer Ärztin auf Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst aus Krankheitsgründen ab. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung und häufigen Nachfragen zur Thematik, möchten wir die Entscheidungsgründe darstellen.

Die Klägerin trug vor, aufgrund sehr ausgeprägter Schwankungen ihrer komplexen schwerwiegenden nicht vorübergehenden Krankheitssymptomatik, die unvorhersehbar und kurzfristig eintrete, nicht in der Lage zu sein, am Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Die Symptome mit Drehschwindel erlauben auch keinen nur 2-stündigen Sitzdienst. Aus diesen Gründen sei es der schwerbehinderten (GdB 50 %) Klägerin realistisch auch nicht möglich, eine Vertretung bei kurzfristigem Bedarf zu beauftragen.

Nach Ansicht der Ärztekammer könne der Ärztin trotz ihrer Erkrankung zugemutet werden, am Bereitschaftsdienst teilzunehmen oder einen Vertreter zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht hält in Ihrem Urteil fest, dass die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst. Es erläutert eingehend, dass der Dienst gemäß § 2 Abs. 3 der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) grundsätzlich persönlich auszuführen ist. Eine Freistellung ist nur aus schwerwiegenden Gründen möglich und grundsätzlich nur befristet zu erteilen. Bevor eine Freistellung erteilt werden kann, ist auszuschließen, dass

a) die zwingende Notwendigkeit der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst ausschließt,
b) dem Arzt auferlegt werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen,
c) dem betreffenden Arzt eine ärztliche Tätigkeit anderer Art im Rahmen des organisierten Bereitschaftsdienstes zugemutet werden kann.

Eine Befreiung von der Teilnahmepflicht am Bereitschaftsdienst werde nach std. Rspr. nur bei schwerwiegenden Gründen,  d. h. in absoluten Ausnahmefällen, zugelassen. Die strenge Handhabung dient dem Solidarprinzip, wonach alle Ärzte, die von diesem System profitieren, ihren Anteil zu leisten haben. Der Notfalldienst diene im übergeordneten gesundheitspolitischen Interesse der organisatorischen Bewältigung einer von der gesamten Ärzteschaft zu erfüllender Gemeinschaftsaufgabe. Eine festgestellte Schwerbehinderung von 50 % Grad der Behinderung (GdB) reicht nicht für eine Befreiung, da erst bei einem GdB 70 % bei gleichzeitiger Minderung der Erwerbsfähigkeit ein schwerwiegender Grund für eine Befreiung gesehen werden kann. Allein das Vorliegen einer chronischen Erkrankung der Klägerin rechtfertigt nicht die Annahme, die ihr auferlegte Ausübung des Bereitschaftsdienstes sei ihr unzumutbar. Die Erkrankung sowie deren aufgezeigte Folgen, stehen im Widerspruch zu den tatsächlich von der Klägerin üblicherweise zu bewältigten Arbeitsaufgaben.

Letztlich sei beachtlich, dass Ausnahmen von der Pflicht zur persönlichen Ausführung möglich sind und dem Arzt auferlegt werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem geeigneten Vertreter wahrnehmen zu lassen.

Das Oberverwaltungsgericht lehnte die angestrebte Zulassung der eingereichten Berufung ab, so dass das Urteil nunmehr rechtskräftig ist.

Ass. jur. Tobias Brehme
Rechtsabteilung