In aller Munde - Das Orale in Kunst und Kultur

Hrsg. v. Uta Ruhkamp in Zusammenarbeit mit Hartmut Böhme und Beate Slominski
Hatje Cantz Verlag Berlin 2020, ISBN 978-3-7757-4799-8, Hardcover im Quartformat, 252 S., ca. 350 Abb., € 48,- (€ 45,- i. d. Ausstellung)
In aller Leute Munde heißt die vollständige Metapher aus unserem deutschen Sprachschatz. Sie will sagen, dass allerorten von vielen Leuten, meist etwas neuigkeitslüstern, über eine Sache geredet wird. Wenn man in die Zitatesammlungen deutscher Sprichwörter und Redewendungen schaut, fällt die häufige Anführung dieses anatomischen Universalgebildes Mund auf (Maul, Schnauze und Fresse sind auch keine Fremdwörter).
Man ist nicht auf den Mund gefallen, kann jemandem nach dem Mund reden oder über den Mund fahren, das Wort im Mund verdrehen u. v. a. m. „Schließen Sie den Mund, Herr, die Fliegen kommen rein“, soll ein respektloser niederländischer Bauer dem jungen Karl von Burgund und späteren Kaiser Karl V. lästerlich empfohlen haben. Selbiger ist auf allen Porträts und künstlerischen Darstellungen, wie auch seine Vor- und Nachfahren, mit einem auffällig vorstehenden, mitunter auch mundoffenen Untergesicht ausgestattet, Folgeanomalie der habsburgisch-spanischen Strategie der Machterhaltung durch Fortpflanzung innerhalb der Verwandtschaft.