Leserbrief von Dr. Ulrike Dietrich zum Beitrag im Ärzteblatt Sachsen-Anhalt im Heft 8/2013, S. 66
Der geschilderte Fall ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich Krankenhäuser bisher nicht auf die größer werdende Patientengruppe der Demenzkranken in allen Fachabteilungen vorbereitet haben. Der geringe Rücklauf eines entsprechenden Fragebogens des DVGG (Dachverband Gerontologischer und Geriatrischer Gesellschaften e.V.) aus 2012 war ein Hinweis auf bestehende Defizite.
Jedes Krankenhaus hat die Verpflichtung, den besonderen Bedürfnissen Demenzkranker angemessen nachzukommen (s. auch Gesundheitsministerkonferenz 25.06.2009).
Voraussetzung dafür ist das Erkennen und Akzeptieren der Problematik und eine adäquate Reaktion darauf – bevor das Haftungsrisiko dazu zwingt.
Geeignet ist ein (qualitätsgesicherter) Prozessablauf „Umgang mit Demenzkranken“, der in allen Fachabteilungen von allen Mitarbeitern angewendet wird. Die Mitarbeiter aller Fachabteilungen eines Krankenhauses müssen im Umgang mit dementiell Erkrankten geschult sein. Die Anwendung geeigneter Techniken bei Verhaltensauffälligkeiten vermeidet zeitaufwändige Eskalationen, fördert Mitarbeiter-, Patienten- und Angehörigenzufriedenheit.
Ein Prozessablauf „Erkennung/Vermeidung von Sturzgefahr/Vermeidung von Sturzfolgen“ hätte im o.g. Fall den letalen Ausgang möglicherweise verhindern können, inwieweit freiheitsentziehende Maßnahmen zur Sturzvermeidung eingesetzt werden, muss im Prozessablauf nach den juristischen Vorgaben festgelegt sein.
Die Medikamentengabe unterliegt nicht nur bei Demenzkranken besonderer Sorgfalt; hier jedoch der Beaufsichtigung. Im Patientenzimmer deponierte Medikamente können zur tödlichen Gefahr werden. Dass vom beklagten Krankenhaus die fälschliche Medikamenteneinnahme durch den Demenzkranken zur eigenen Entlastung angeführt wird, beweist die fehlende Vorbereitung auf die besondere Situation Demenzkranker, die eben nicht für ihre Sicherheit sorgen können.
Eine ständige Beaufsichtigung von Demenzkranken durch Pflegekräfte ist nicht realistisch.
Hier bietet sich Unterstützung durch Ehrenamtliche an, die im Umgang mit Demenzkranken geschult sind (s. auch Kurse der VHS Magdeburg zur Seniorenbegleitung).
Kontakt für den Einsatz von Seniorenbegleitern in Magdeburg über Frau Sabine Paqué, Tel. 0391-732 70 30.
Bleibt nur zu hoffen, dass das anfordernde Krankenhaus ein Konzept zur Arbeit mit Ehrenamtlichen hat...
Anfragen zu o.g. Prozessabläufen bzw. Qualitätszirkeln nehme ich gern entgegen.
Dr. med. Ulrike Dietrich, Magdeburg