Sprache und Eigensinn, Band 2

Cover: VerlagMironde-Verlag Niederorschel 2021, ISBN 978-3-96063-26-5, 320 Seiten, 248 Abbildungen im Text, 20 Stadtpläne. 29,90 €

Die Lektüre des 2019 im Mironde-Verlag erschienen Bandes „Sprache und Eigensinn. Von den Minnesängern bis Herder“ machte auf die Fortsetzung neugierig. Diese ist 2021 mit dem oben aufgeführten Titel auf den Buchmarkt gelangt. Auch in diesem Band nimmt der Autor Johannes Eichenthal den Leser mit Text und Bild „an die Hand“ und führt über die Stationen Weimar (Herder), Wetzlar (Goethe), Scharfenstein (Karl Stülpner), Wunsiedel (Jean Paul), Jena (Caroline Schlegel), Plauen (Johann Gottlob Heynig), Rathenow (Friedrich de la Motte Fouque), Dresden (Gotthilf Heinrich von Schubert), Wiepersdorf (Bettina von Arnim), Hanau (Gebrüder Grimm), Zwickau (Robert Schumann), Hohenstein-Ernstthal (Karl May), Röcken (Friedrich Nietzsche), Großbothen (Wilhelm Ostwald), Wiederau (Clara Zetkin), Minden (Franz Boas), Berlin (Samuel Fischer), Halle (Hermann Gunkel), Jena (Ricarda Huch), Bad Freienwalde (Walther Rathenau).

Die Person Johann Gottfried Herders bildet gewissermaßen die Klammer zu den beiden Bänden und so finden sich Hinweise auf Herders Literaturauffassung und seine „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ in mehreren Beiträgen – wenn man von Karl Stülpner, de la Motte Fouque, Bettina von Arnim und den später geborenen Persönlichkeiten absieht. Der Leser findet ein buntes Kaleidoskop von Lebensdaten und repräsentativen Lesefrüchten sowohl von bekannten als auch selbst dem Bildungsbürger nicht mehr erinnerlichen Persönlichkeiten (Gunkel, Boas). Auch die Vorstellung gegensätzlicher Personen wird nicht gescheut (Frauenrechtlerin Clara Zetkin, Trivialschriftsteller Karl May), doch auch in jedem Fall informativ.

Mit Bewunderung erfährt der Leser von den vielfältigen Kontakten zwischen den aufgeführten Personen und anderen namhaften Zeitgenossen, wobei sich diese nicht durch Mitteilungen im Stil von WhatsApp-Nachrichten vollzogen.

Eine besondere Beachtung verdient für die gegenwärtige Generation das Kapitel über „Walther Rathenau. Der Prophet“. Darin werden zum Nachdenken anregende Bemerkungen Rathenaus zitiert, z. B. „So wie man Wirtschaftsaufsichten eingesetzt hat, in den Gebieten der Sicherheit und Wohlfahrt Nachdruck zu geben, so bedarf es des gesetzlichen Schutzes der Wirtschaftsgüter gegen unwissende und raubbauende Vergeudung“, oder auch „Nur die Verflüssigung und Entwertung des Reichtums, die Überbrückung erblicher Spaltungen, die Aufwertung der Teilung in ewig tragende und ewig lastende Glieder, nur die Verschmelzung der menschlichen Gesellschaft zu einem lebenden, unstarren, aus sich selbst erneuernden Organismus, nur diese stille und gewaltige Umformung aus der Tiefe des sittlichen Gewissens, …, kann und wird den Bruderkampf der Menschen und Völker stillen“.

In der Gegenwart vermisst man Menschen mit großem wirtschaftlichen Verstand, Einfluss, hohem moralischen Anspruch sowie unter Umständen realisierbaren Visionen in der Politik.Obwohl der Verfasser des Buches akribisch recherchierte, seien zwei kritische Anmerkungen erlaubt: der Denkmalsentwurf von Bettina v. Arnim für das Denkmal „Goethe und Psyche“ wurde 1850 von Carl Steinhäuser realisiert und befindet sich im Neuen Museum Weimar (Lit.: Rolf Selbmann: Dichterdenkmäler in Deutschland, Stuttgart 1988); bei einer Nachauflage sollte bei Wilhelm Ostwald die Verleihung des Nobelpreises für Chemie 1909 für dessen Arbeiten über „Katalyse und die Bedingungen des chemischen Gleichgewichtes und die Geschwindigkeiten chemischer Reaktionen“ Erwähnung finden.

Das Buch ist mit vielen informativen und schönen Abbildungen versehen und wurde von Frau Birgit Eichler vorzüglich gestaltet.

Der Rezensent wünscht diesem anregenden Werk viele interessierte Leser und ist auf den für 2023 geplanten 3. Band gespannt.

MR Dr. Dieter Schwartze, Petersberg