Leserbrief von Andreas Gänsicke zum Artikel im Ärzteblatt Sachsen-Anhalt 24 (2013) 4, S. 12

Sehr geehrte Frau Montes de Oca,
 
hier ein paar Gedanken, die mir beim Lesen Ihres o.g. Artikels in den Sinn kamen.
Als niedergelassener Arzt fühle ich mich sowohl jedem einzelnen meiner Patienten als auch meiner Patientenschar als Gesamtheit verpflichtet. Und natürlich dem SGB V. Unter Budgetbedingungen sollte allen klar sein, dass eine maximale oder wünschenswerte Versorgung nicht möglich ist. Es gibt darauf auch keinen Rechtsanspruch. Der Patient sollte darauf vertrauen können, dass er abhängig von seiner medizinischen Bedürftigkeit einen angemessenen Budgetanteil des ihn betreuenden Arztes zugeteilt erhält. Das wäre schon weit mehr als derzeit üblich.

Insoweit sollten wirtschaftliche Erwägungen sogar ein Gebot für jeden Arzt sein. Manche Versorgungsforscher definieren bereits die Effizienz ärztlichen Handelns als wesentliches Qualitätskriterium.  

Völlig anders ist die Situation in Kliniken. Hier deformiert oftmals die Gewinnerzielungsabsicht der Klinik das ärztliche Handeln, und der Patient muss ein gewisses Maß Skepsis erst noch lernen, um sich nicht zu unnötigen oder für ihn wenig nützlichen Eingriffen überreden zu lassen.

Sie benennen viele weitere Beispiele für interessengeleitete
Manipulation von Ärzten und Patienten, die nicht im Interesse des Patienten sind und gegen die Vorgaben des SGB V als auch gegen die Berufsordnung verstoßen.

Ärztliche Unabhängigkeit ist in vielen Bereichen des Systems nicht gewährleistet. Darin stimme ich mit Ihnen überein.
 
Mit freundlichen Grüßen aus Wittenberg

Andreas Gänsicke