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Magdeburger Pankreaszystenpass

Patienten-basiertes Vorsorgeregister
für zystische Pankreasraumforderungen: Das Konzept des Magdeburger Zystenpasses *

Patienten-basiertes Vorsorgeregister für zystische Pankreasraumforderungen: Das Konzept des Magdeburger Zystenpasses

Foto: freepik.com/MisN

*) primär publiziert in „Passion Chirurgie“ 2024

S. Al-Madhi, S. Acciuffi, F. Meyer, M. Dölling, E. Wolniczak, C. March*, D. Jechorek**, M. Andric, A. Perrakis, R. S. Croner

Aus der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie; * Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin;
** Institut für Pathologie; Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Magdeburg (Deutschland)

Einleitung

Durch die vermehrte Anwendung leistungsstarker bildgebender Verfahren mit sukzessive gesteigerter Auflösung wie der Computertomographie (CT) und insbesondere der Magnetresonanztomographie (MRT) werden zystische Veränderungen in der Bauchspeicheldrüse zunehmend häufiger entdeckt. In einer deutschen prospektiven, bevölkerungsbasierten Kohortenstudie aus der Region Pommern wurden 1.077 Teilnehmer mittels MRT und Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) untersucht. Die Studie zeigte eine Prävalenz von Pankreaszysten von 49,1 % in der Bevölkerung mit einem starken Zusammenhang mit dem Alter der Probandinnen und Probanden. 

S. Al-Madhi | Foto: privat

Die überwiegende Mehrheit dieser Zysten war harmlos, wobei nur 5,8 % der Zysten größer als 1 cm waren 1. Eine separate amerikanische Studie ergab, dass die Inzidenz zufällig entdeckter Zysten zwischen 2010 und 2017 um das Dreifache angestiegen war 2. Angesichts dieser epidemiologischen Zahlen ist eine korrekte Interpretation erforderlich, um unnötige Therapiemaßnahmen als auch unnötig engmaschige Verlaufskontrolluntersuchungen zu vermeiden, die sowohl eine deutliche wirtschaftliche Belastung für das Gesundheitssystem als auch eine erhebliche psychologische Belastung für die Patientinnen und Patienten bedeuten würden.

Ziel des Manuskripts ist es, basierend auf den aktuellen Erkenntnissen zu zystischen Pankreasläsionen, die Sinnhaftigkeit und den Nutzen einer Register-basierten Erfassung derartiger Pankreasneoplasien darzustellen.

Methode

Narrative Kurzübersicht anhand selektiver Referenzen der themenbezogenen aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Literatur und eigener klinischer Managementerfahrungen.

Ergebnisse (Eckpunkte)

Überblick über die zystischen Neoplasien des Pankreas

Zystische Neoplasien der Bauchspeicheldrüse umfassen eine sehr heterogene Gruppe von Pankreaszysten bzw. Pankreas-assoziierten zystischen Läsionen mit unterschiedlichen Risiken für eine Entartung. Daher ist eine korrekte Befundinterpretation von großer Bedeutung.

Seröses Zystadenom (SCN) – Abb. 1.A & 2.D

SCN bestehen hauptsächlich aus Mikrozysten, die keine Verbindung zum Pankreasgang haben. Sie treten häufig bei Frauen im mittleren Lebensalter auf und sind in der Regel gutartig. Das mikrozystische und wabenförmige Erscheinungsbild in der Bildgebung ist ein diagnostisches Zeichen für ein SCN. Ein kleiner Prozentsatz der SCNs kann oligozystisch, makrozystisch oder seltener unilokular sein. Wenn kein mikrozystisches Erscheinungsbild vorhanden ist, wird ein niedriger Gehalt an karzinoembryonalem Antigen (CEA) in der Zystenflüssigkeit als spezifisch für SCN angesehen 3. Die Resektion ist nur im Falle einer raschen Größenzunahme sowie bei auftretenden Symptomen angezeigt. Andernfalls werden die Läsionen über ein Jahr verlaufskontrolliert und bei stabilem Befund dann nur im Falle von klinischen Beschwerden erneut evaluiert 4.

Solid-pseudopapilläre Neoplasien (SPN) – Abb. 1.B

SPN sind seltene Tumoren, die meist junge Frauen in der dritten oder vierten Lebensdekade betreffen. SPN präsentieren sich in der Schnittbildgebung typischerweise als heterogene, gut umschriebene Läsionen mit zum Teil zystischen und zum Teil soliden Anteilen. Dies ist auf ausgedehnte Blutungen und Nekrosen im Inneren zurückzuführen 5. Sie weisen ein geringes bösartiges Tumorpotenzial auf. Die Rezidivrate nach R0-Resektion beträgt etwa 1,5 % und korreliert nicht mit der Tumorgröße, sondern mit histologischen Eigenschaften wie

> einem infiltrativen Wachstumsmuster,
> einer Invasion des Pankreasparenchyms und
> einer Kapselinvasion.

Lymphknotenmetastasen sind äußerst selten, daher ist eine parenchymsparende chirurgische Resektion hier die Therapie der Wahl 6–8.

Muzinös-zystische Neoplasien (MCN) – Abb. 1.C & 2.A

MCN betreffen fast ausschließlich Frauen und wachsen in der Mehrzahl in Pankreaskorpus und -schwanz. Es zeigen sich in der Bildgebung dickwandige Einzelzysten mit Septen und teilweise wandständigen Knoten, die mit Muzin gefüllt sind und keinen Anschluss zum Pankreasgang haben. Ein MRT soll immer von einer Endosonographie (EUS) gefolgt werden, da 18 % der MCN inkorrekt diagnostiziert werden 9.

MCNs haben das Potenzial, sich zu bösartigen Erkrankungen zu entwickeln über die Adenom-Karzinom-Sequenz. In großen Serien konnte gezeigt werden, dass 11 % der resezierten MCN eine invasive Komponente haben. Für die Praxis gilt: MCN > 4 cm sollten reseziert werden. Auch bei MCN < 4 cm wird im Falle von klinischen Symptomen oder Vorliegen von soliden Anteilen die Resektion empfohlen, da diese entsprechende Risikofaktoren für eine bösar-tige Entartung darstellen. Kleine asymptomatische MCN sollten mittels MRT und/oder EUS beobachtet werden. Die Verlaufskontrollen sollten 6-monatlich im ersten Jahr und daraufhin jährlich durchgeführt werden 4,9.

Abb. 1A
Abb. 1B
Abb. 1C
Repräsentative Abbildungen zu Bildgebungsverfahren von zystischen Pankreasläsionen: (A) CT-Scan eines serösen Zystadenoms des Pankreas (B) MRT-Scan einer Pankreas-assoziierten solid-pseudopapillären Neoplasie (C) EUS-„Image“ einer intrapankreatischen muzinös-zystischen Neoplasie

Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasien (IPMN) – Abb. 2.B/C & 3

IPMN sind muzinproduzierende zystische Strukturen mit Anbindung an das Pankreasgangsystem. Sie kommen in beiden Geschlechtern gleichermaßen vor, wobei die Inzidenz mit dem Alter steigt. IPMN sind die häufigsten zystischen Pankreasneoplasien und differenzieren sich je nach ihrer Lokalisation in Hauptgang-IPMN, Seitengang-IPMN und Mischtyp-IPMN. Hauptgang-IPMN und Mischtyp-IPMN zeigen in 34 – 39 % der Fälle ein invasives Wachstum und sollten daher chirurgisch reseziert werden 10,11.

Seitengang-IPMN unterscheiden sich stark von Hauptgang-IPMN hinsichtlich ihres Entartungspotenzials. Eine umfangreiche Meta-Analyse hat gezeigt, dass Seitengang-IPMN eine Malignitätsrate von 2,7 % aufweisen und daher nur unter bestimmten Kriterien einer Operation zugeführt werden sollten 12.

Abb. 2. Makroskopische Aspekte zystischer Pankreasraumforderungen:
(A) Distales Pankreasresektat mit Milz mit muzinöser zystischer Neoplasie
(B) Resektat einer partiellen Duodenopankreatektomie mit Hauptgang-IPMN des Pankreaskopfes und assoziiertem Adenokarzinom
(C) Schnittfläche einer IPMN ohne Karzinom
(D) Pankreaskopfresektat mit serösem Zystadenom mit typischer Honigwabenstruktur und zentraler Narbe

Die aktuelle europäische Leitlinie unterscheidet zwischen absoluten und relativen Kriterien zur Einschätzung des Entartungspotenzials:

Absolute Kriterien für die Operation („Hochrisiko-Eigenschaften“ – Literatur: „high-risk stigmata“):

> Ikterus,
> solide Zystenanteile > 5 mm,
> Erweiterung des Pankreasganges auf über 1 cm oder
> positive Zytologie

sind hochprädiktive Faktoren für Malignität und stellen daher eine absolute Indikation für die Operation dar.

Relative Kriterien für die Operation („beunruhigende Eigenschaften“ – Literatur: „worrisome features“):

> Pankreasgangweite zwischen 5 und 9,9 mm,
> Größenprogredienz über 5 mm pro Jahr,
>erhöhtes CA 19-9,
> neu aufgetretene akute Pankreatitis oder Diabetes mellitus,
> solide Zystenanteile < 5 mm und/oder Zystengröße > 40 mm

sind mit einem erhöhten Risiko von „high-grade“-Dysplasie oder Malignität assoziiert und sind relative Indikationen für eine Operation. In diesen Fällen kann je nach Umfang des Eingriffs, den Patientenkomorbiditäten und den Wünschen der/s PatientIn eine Operation empfohlen werden (Tab. 1).

Falls weder absolute noch relative Kriterien für ein chirurgisches Vorgehen vorhanden sind, werden IPMNs als „low risk“ eingestuft. Große Beobachtungsstudien beschreiben, dass zwischen 20 % und 58 % aller low-risk-IPMN im Verlauf worrisome features oder high-risk stigmata entwickeln können. Bis zu 9 % zeigen diese Veränderungen erst nach 5 Jahren der Überwachung und 4 % sogar erst nach 10 Jahren 13–16. Aus diesem Grund sollten IPMN‘s systematisch überwacht werden.

In letzter Zeit wurde die Bedeutung eines zusätzlichen Kriteriums betont, das ebenfalls in die Beurteilung einbezogen werden sollte: die Stabilität einer zystischen Läsion im Laufe der Zeit. Trotz des Vorhandenseins von worrisome features sind Zysten, die im Laufe der Zeit unverändert bleiben, weniger gefährlich als solche, die zu Beginn keine Risikokriterien aufweisen, aber während der Nachuntersuchung worrisome features oder high-risk stigmata entwickeln. Letztere weisen signifikant auf ein erhöhtes Risiko hin, eine hochgradige Dysplasie oder ein Karzinom zu entwickeln 14. Entscheidend ist es daher, sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen und die verschiedenen Bilder, die durch die Verlaufskontrolle entstehen, zusammenzuführen, um damit eine Art fortlaufenden „Film“ zu erhalten, anstatt nur eine einzelne Momentaufnahme zu bewerten 17.

Diagnostisches Vorgehen

Das ultimative Ziel bei der Diagnose und Überwachung von zystischen Neoplasien der Bauchspeicheldrüse besteht darin, zu verstehen, welche Neubildungen sich letztendlich zu bösartigen Läsionen entwickeln können. Bei der Erstdiagnose ist die MRT mit MRCP die sensitivste Schnittbildgebung zur korrekten Beurteilung einer zystischen Neoplasie des Pankreas. Damit kann die Kommunikation zwischen einer Läsion und dem Pankreasgangsystem am besten beurteilt werden, ebenso wie das Vorhandensein eines randständigen Knotens. Darüber hinaus ist die MRT/MRCP sehr empfindlich, um festzustellen, ob ein(e) PatientIn einzelne oder multifokale Zysten aufweist 4.

Wenn nach einer CT- und/oder MRT-Untersuchung keine eindeutige Diagnose vorliegt, sollte eine EUS durchgeführt werden. Obwohl diese Untersuchung stark von der Erfahrung des Untersuchers abhängt, ist sie hilfreich zur Unterscheidung zwischen muzinösen und nichtmuzinösen Zysten sowie zur Bewertung von worrisome features und high-risk stigmata (Tab. 1), die auf eine Malignität hinweisen können 18. Zur Beurteilung von randständigen Knoten ist die Kontrast-EUS die bevorzugte Technik. Falls weiterhin Zweifel bestehen, ist die Feinnadelaspiration (FNA) zur Analyse der Zystenflüssigkeit notwendig, sofern dies technisch machbar ist. Die Analyse der Zystenflüssigkeit kann zur Identifizierung des Zystentyps verwendet werden. Dabei sind erhöhte CEA-Werte bei muzin-produzierenden Zysten mit einer Genauigkeit von 79 % verbunden, während erhöhte Amylasewerte eine Spezifität von über 90 % für eine Pseudozyste aufweisen 19.

Tab. 1. Kriterienliste für die Operation in Abhängigkeit von ihrem prädiktiven Wert

Pankreaszysten: die Probleme der Praxis

Die derzeit verfügbaren klinischen Instrumente sind noch nicht in der Lage, Patientinnen und Patienten mit Zysten die am besten geeigneten Behandlungsstrategien zuzuordnen und bei einem Drittel der Patientinnen und Patienten, die operiert werden, wird letztlich festgestellt, dass sie keine hochgradige Dysplasie oder Krebs aufweisen 20. Aufgrund der Schwierigkeit, hoch-risikoreiche Pankreaszysten zu erkennen, ist es für Kliniker eine große Herausforderung, in ihrer praktischen Arbeit ein Gleichgewicht zwischen dem Risiko einer chirurgischen Behandlung und dem tragischen Fehler der ausschließlichen Überwachung einer bösartigen Läsion herzustellen.

Auch die psychologischen Aspekte der Patientinnen und Patienten dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Die neu gestellte Diagnose einer zystischen Neubildung in der Bauchspeicheldrüse mit unklarem biologischen Verhalten sowie die regelmäßige Über-wachung solcher Befunde können Ängste und Besorgnis hervorrufen, was zu erheblicher psychischer Belastung führen kann. Eine Studie hat verdeutlicht, dass Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer IPMN überwacht wurden, im Vergleich zu Patientinnen und Patienten, die sich einer Operation unterzogen, signifikant verstärkte Symptome wie Soma-
tisierung, Depression und Angst aufweisen 21. Zweifellos besteht bei betroffenen Patientinnen und Patienten das Bedürfnis nach Klarheit, weshalb eine umfassende und detaillierte Aufklärung von großer Bedeutung ist. Das beeinflusst nicht nur die gemeinsame Entscheidungsfindung hinsichtlich der Therapiestrategie, sondern auch maßgeblich die Lebensqualität der Betroffenen. Ein weiteres erhebliches Problem, das sich häufig in der Praxis zeigt, ist der Verlust relevanter Informationen. Patientinnen und Patienten, die überwacht werden sollen, erhalten je nach Einschätzung des Zystenrisikos eine bildgebende Untersuchung (MRT oder Endosonographie) alle 3, 6 oder 12 Monate.

Abb. 3. Histomorphologische Aspekte zystischer Pankreasraumforderungen:
(A) Seröses Zystadenom mit zentraler Narbe (*) und
(B) Mikrozysten (*) sowie Makrozysten (**) mit atypiefreiem kubischen Epithel
(Balken: 2,5 mm bzw. 50 µm);
(C) Solide pseudopapilläre Neoplasie mit ausgedehntem zystisch-regressiven Tumoranteil (*) und randlich vitalen Tumorresten (->) sowie
(D) Schaumzellinfiltraten und Hämorrhagien (*) zwischen den Tumorinfiltraten
(Balken: 1 mm bzw. 100 µm);
(E) Muzinöse zystische Neoplasie mit weit-lumigen, dickwandigen Zysten (2,5 mm) mit
(F) atypiefreiem, becherzellhaltigem (->) oder denudiertem Epithel (*) und ovarähnlichem Stroma (**) (Balken: 2,5 mm bzw. 100 µm);
(G) Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie mit Verdrängung und Atrophie des Pankreasparenchyms (*)
(Balken: 500 µm),
(H) Seitengang-IPMN vom gastralen Typ ohne Dysplasie (Balken: 250 µm),
(J) IPMN vom pankreatikobiliären Typ mit low-grade-intraepithelialer Neoplasie (Balken: 100 µm) sowie
(K) mit high-grade-intraepithelialer Neoplasie des Hauptganges (*) und Übergang in ein assoziiertes Adenokarzinom (->) (Balken: 250 µm)

Die Überwachung zystischer Läsionen der Bauchspeicheldrüse erstreckt sich über viele Jahre und bei jeder Verlaufskontrolle sollen alle wichtigen Eigenschaften mit den Voruntersuchungen verglichen werden. Viele Patientinnen haben seit Jahren bekannte Pankreaszysten, die regelmäßig kontrolliert werden, und stellen sich erst nach morphologischen Veränderungen oder dem Auftreten verdächtiger Merkmale in einem zertifizierten „Pankreaskrebszentrum“ der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) vor. Die anamnestische Rekonstruktion und der Vergleich aller stattgefundenen Kontrollen sind häufig lückenhaft, wodurch die Zusammenarbeit mehrerer Spezialistinnen und Spezialisten erschwert wird und es zu einem Informationsverlust kommen kann, der für die Behandlung der Patientinnen und Patienten entscheidend ist, ja prognosebestimmend werden kann.

Um diesen Problemen entgegenzuwirken, haben wir ein individuelles und präzises medizinisches Dokument entwickelt: den „Pankreaszystenpass“. Dieser Pass ist sowohl in gedruckter Form als auch digital verfügbar (Zystenpass), wodurch er auf Mobilgeräten jederzeit abrufbar ist und bei jeder medizinischen Untersuchung griffbereit verwendet werden kann.

Der Pankreaszystenpass: Funktionsweise (zur Anmeldeseite und Abb. 4)

Der Pass wird den Patienten als Druckvorlage ausgehändigt und darin der Verlauf der Zystenentwicklung dokumentiert. Der Pass bleibt wie eine Art Impfpass beim Patienten. Bei Vorlage beim behandelnden Arzt kann dann die kontinuierliche Verlaufsdokumentation der Zysten dargestellt und erfasst werden.

Durch einfaches Scannen eines QR-Codes (siehe unten) wird die Patientin/der Patient auf die Internetseite ihres/seines per-sönlichen Zystenpasses geleitet. Im Universitätsklinikum Magdeburg wird aktiv auf eine webbasierte Softwareanwendung zurückgegriffen, die gezielt entwickelt wurde, um Forschungsdaten zu sammeln, zu speichern und effektiv zu verwalten. Dieser Pass kann von der Patientin/vom Patienten selbst oder mit Unterstützung ihrer/s bzw. seiner/s behandelnden Ärztin/Arztes ausgefüllt werden und erfasst bei der Erstdiagnose sowie bei jeder Kontrolluntersuchung alle relevanten Informationen zu den Pankreaszysten, den Blutuntersuchungen und den diagnostischen Verfahren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Fotos von schriftlichen Befunden (wie MRT oder EUS) hochzuladen. Hierdurch wird ein präziser Überblick über alle vergangenen Untersuchungen ermöglicht und die Bereitstellung angemessener medizinischer Empfehlungen zur Behandlung der Zyste wird erleichtert. 

Abb. 4. Deckblatt des „Magdeburger Pankreaszystenpasses“

Die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen verschiedenen Spezialistinnen und Spezialisten und der Hausärztin/dem Hausarzt werden vereinfacht – daneben wird der Verlust wichtiger Informationen vermieden. Der Pankreaszystenpass ist ein Instrument, das Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzten Klarheit verschaffen kann. Das Hauptziel ist es, die zystische Läsion korrekt zu interpretieren, die Behandlung zu optimieren und die psychologische Belastung der Patientinnen und Patienten zu reduzieren.

Ein weiterer Nutzen des Passes besteht auch darin, dass durch das alleinige Ausfüllen des digitalen Pan-kreaszystenpasses alle Informationen automatisch in der Datenbank des hiesigen von der DKG zertifizierten Pankreaskarzinomzentrums gespeichert werden. Dadurch entsteht das „Magdeburger Register für Pankreaszysten“ (MRPZ), ein einzigartiges Instrument, das einen deutschlandweiten Überblick über diese Diagnose verschafft. Dies ermöglicht Forschungsprojekte, die das Wissen über Pankreaszysten verbessern und die medizinische Versorgung dieser Patientinnen und Patienten optimieren können.

Fazit

Die Register-basierte systematische Erfassung, Auswertung und Interpretation von Pankreaszysten und assoziierten Daten stellt einen essenziellen und komplementären Studienansatz dar, um die Qualität der klinischen Alltagsbetreuung kompetent zu eruieren und Schlussfolgerungen für eine optimierte Versorgung abzuleiten. Der Magdeburger Pankreaszystenpass und das MRPZ sind in ihrer Art eine deutschlandweit einzigartige Initiative zur Optimierung der Versorgungsforschung nicht maligner Pankreasläsionen und der frühzeitigen Erkennung einer malignen Transformation. Durch die Erkennung früher Stadien des Pankreaskarzinoms kann hierdurch eine Verbesserung der Prognose dieser Erkrankung erwartet werden.

Abbildung: Universitätsklinikum Magdeburg A. ö. R., Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin

Literatur

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