Die Generation Z – junge Menschen zwischen 1996 und 2010 geboren - die gerade auf den Arbeitsmarkt drängt, hat einen ambivalenten Ruf: Sie sei zögerlich, oberflächlich, fordernd, verwöhnt und wenig loyal den Arbeitgebern gegenüber, aber auch technologie-affin, dazu umwelt- und gesundheitsbewusst; Arbeit soll sinnhaft sein und Spaß machen, das Geld sollte stimmen, steht aber nicht über allem. Fakt ist, dass sich die Arbeitswelt in den letzten Jahren gründlich geändert hat. Hier gibt (noch) die Generation X (zwischen 1965 und 1979 geboren) mit ihren Wertvorstellungen und dem Streben nach Wohlstand und Eigentum den Ton an. Mit den Lebensvorstellungen der GenZ, den Digital-Natives, kann sie wenig anfangen.
Werte und Erwartungen an die Arbeitswelt haben sich gewandelt, was aber nicht bedeutet, dass man nicht miteinander reden und arbeiten kann. Man muss es sogar, denn die junge Generation ist hart umworben – Stichwort Nachwuchsmangel. „Und die jungen Menschen wissen das auch“, sagt Daniel König von der Berufsberatung der Agentur für Arbeit, Sachsen-Anhalt West, Geschäftsstelle Wernigerode. „Wir haben gerade eindeutig einen Bewerbermarkt, bei dem sich die Arbeitgeber bemühen müssen.“ Das heißt: Auch Praxisbetreiber, Haus- und niedergelassene Fachärzte müssen lernen, mit den jungen Menschen zu kommunizieren und ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen, wollen sie künftige MFAs und auch Mediziner aus der GenZ gewinnen. Wir haben Daniel König nach Tipps gefragt: Wie interessiert man die jungen Leute, wie ticken sie und wie kann man sie halten?
Wollen Sie selbst ausbilden, bieten Sie Praktika für Schüler und Jugendliche oder überlegen Sie, dies zu tun?
Die Ärztekammer unterstützt Sie gern. Wenden Sie sich dazu bitte an
1. Der erste Schritt ist einfach: Sie haben Kapazitäten für Schülerpraktika oder sogar MFA-Ausbildungsplätze? „Melden Sie alle Angebote der Arbeitsagentur und pflegen Sie die Accounts“, rät König. Auch wenn die Resonanz in der Vergangenheit dort womöglich relativ gering war, es hat sich einiges getan. „Suchenden Eltern oder Schülern ist ein Überblick über Angebote nur möglich, wenn sie im Netz oder auf Portalen auch fündig werden.“ Wer im Netz keine Präsenz zeigt, verschwindet aus der Wahrnehmung. „Das gilt auch für das Berufsbild der MFA“, so König. Die Arbeitsagenturen bieten im Übrigen einen Arbeitgeber-Service, der kostenlos berät.
2. Jugendliche googlen in der Regel nicht nach Ausbildungsplätzen, sie suchen in den Sozialen Netzwerken. Will man sie als Interessenten für eine Ausbildung zum MFA direkt erreichen, muss man sich auf Instagram und YouTube tummeln - am besten mit kurzer knapper Ansprache: „Wir bilden auch aus.“ Setzen Sie dafür am besten Hashtags unter den Beitrag etwa #Ausbildung oder #Karriere – das hilft, um gefunden zu werden. Eltern erreicht man besser über Facebook, hat Daniel König beobachtet.
3. Es lohnt auch ein Hinweis auf der Homepage, die inzwischen viele Praxen besitzen: „Wir bilden auch aus/Wir suchen Praktikanten“. Idealerweise gibt es dazu dort gleich noch Informationen zu Ansprechpartnern bzw. Angaben zu erforderlichen Bewerbungsunterlagen und am besten eine Extra-Mailadresse etwa mit Stichwort „Karriere“ oder „Bewerbung“ und abseits der Praxen-Mailadresse, damit im stressigen Alltag nichts untergeht.
4. Geht eine Anfrage oder Bewerbung ein, empfiehlt der Experte, eine automatisierte E-Mail-Eingangsbestätigung. „Dann wissen die jungen Menschen, dass alles angekommen ist und wann sie zeitnah eine Antwort erhalten werden“, so Daniel König weiter. Spätestens nach einer Woche sollte eine Zwischennachricht erfolgen. Die Frustrationstoleranz sei teils gering und die Gefahr groß, dass aufgrund mangelnder Kommunikation seitens der eventuellen Ausbilderpraxis ein MFA-Talent verloren geht. Noch ein Experten-Tipp: „In der Schule läuft es für die jungen Menschen nicht immer rund – geben Sie ihnen eine Chance im persönlichen Gespräch oder vielleicht auch erstmal mit einem Praktikum. Bei Schwierigkeiten können wir unterstützen.“
5. Kommt ein junger Mensch aus Eigeninitiative in eine Praxis, um sich zu bewerben und es passt gerade zeitlich nicht – kann man das durchaus kommunizieren. Am besten gleich verbunden mit einem alternativen Gesprächsangebot.
6. Schüler-Praktika werden immer wichtiger. Sie sind für künftige Arbeitgeber immer eine gute Chance, frühzeitig Interesse für den Beruf zu wecken und Nachwuchs zu rekrutieren. Möglich sind Ein-Tages-Praktika (Girls/BoysDay), das zweiwöchige Schulpraktikum oder freiwillige Praktika zur Berufsorientierung etwa in den Ferien. Gut wäre eine Woche, nicht länger als zwei, rät der Experte. „Die junge Menschen sind wirklich sehr aufgeschlossen“, wirbt Daniel König für die Schülerinnen und Schüler.
7. Was kann man von Schülerinnen und Schülern im Praktikum erwarten? Daniel König will nicht verallgemeinern, sagt aber: „14-Jährige sind oft noch kindlich, meist ist ihr Selbstbewusstsein noch gering, sie haben womöglich sogar Hemmungen zu telefonieren – es lohnt dennoch zu investieren, denn hier kann das Interesse, die Begeisterung für den Beruf MFA oder auch für die Medizin frühzeitig geweckt werden.“ Und wie schaut es bei den 15-/16-Jährigen aus, für die das Thema Ausbildung dringender wird? „Meine Erfahrung ist, dass sie im Praktikum was sehen und sich konkret ausprobieren wollen. Sie wollen für sich klären: Passt das für mich? Ist das ein Weg, eine Perspektive für mich?“ Wer die Jugendlichen nur zum Kaffeekochen oder Kopieren schickt, verpasst eine Chance.
8. In der Arztpraxis sollte es im Team vorab kommuniziert werden, wenn ein Praktikant erwartet wird. Stichwort Willkommenskultur! Ideal ist es, vorab einen Plan zu entwickeln, um den Tag zu strukturieren. Es lohnt sich, hier etwas Mühe und Zeit zu investieren – der junge Mensch fühlt sich angenommen und umgekehrt ist das Team entlastet, weil jeder Bescheid weiß, Aufgaben vorab überlegt und verteilt werden können. „So etwas könnte auch als eine Art Musterplan dienen – von der Begrüßung bis zur Verabschiedung.“
9. „Am Ende lohnt sich ein Auswertungsgespräch, bei dem auch die Schüler bzw. Praktikanten gehört werden sollten“, sagt Daniel König. „Es ist nicht nur die Chance zu sagen: Schön, dass du da warst, wir halten Kontakt. Sondern auch eine Chance gegen eigene Betriebsblindheit. Die Bewertung von Arbeitsabläufen oder Strukturen aus einer anderen Perspektive kann nützlich sein und gibt dem Gegenüber gleichzeitig das Gefühl, ernst genommen zu werden.“ Letztlich seien Kommunikation und ehrliche Wertschätzung wichtig.
10. Idealerweise zeigen die Praxen ihre Wertschätzung gegenüber Praktikanten nicht nur verbal, sondern vielleicht auch in Form einer kleinen Aufwandsentschädigung. „Es mag schwer finanzierbar sein“, weiß Daniel König. „Andererseits müssen Sie sich überlegen: Es sind weniger potenzielle Nachwuchskräfte da - und sie werden gebraucht.“
K. Basaran