Die 6. Sitzung der Kammerversammlung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt in der VIII. Wahlperiode fand am 4. November 2023 im Haus der Heilberufe in Magdeburg statt.
Der Präsident der Ärztekammer, Herr Professor Dr. Uwe Ebmeyer eröffnete die Sitzung und erinnerte an die Verdienste von Herrn Professor Dr. med. habil. Walter Brandstädter, der am 13. September 2023 im Alter von fast 92 Jahren verstorben ist. Prof. Brandstädter hat mit einem hohen persönlichen Einsatz den Aufbau der ärztlichen Selbstverwaltung in unserem Bundesland geprägt. Er war für mehrere Jahre Vizepräsident der Bundesärztekammer und wurde für sein Engagement 2001 auf dem 104. Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus-Medaille geehrt. Wir haben mit ihm einen hoch angesehenen und geschätzten Kollegen verloren. Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt wird ihn stets in ehrendem Gedenken behalten. Die Kammerversammlung gedachte in Stille unseres verstorbenen Ehrenpräsidenten.

In Gedenken an Herrn Prof.
Dr. med. Walter Brandstädter
Herr Kollege Andrusch hat aus persönlichen Gründen auf seinen Sitz in der Kammerversammlung verzichtet. Prof. Ebmeyer dankte Herrn Andrusch für sein fast 15 Jahre währendes Engagement in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung und begrüßte Herrn Dr. Robin John als neues Mitglied. Er vertritt jetzt den Wahlkreis West gemäß § 12 des Kammergesetzes.
Prof. Ebmeyer wies auf die Neugestaltung des Ärzteblattes hin, ebenso werden Veränderungen am Logo der Kammer vorgenommen und für die Öffentlichkeitsarbeit wird jetzt neben LinkedIn auch ein Instagram-Auftritt verwendet.
Das „Grillen bei Dr. Eisenbart“ im August war ein wichtiger Schritt, unsere Anliegen besonders hinsichtlich des ärztlichen Nachwuchses zu transportieren.

„Die Aufforderung an die Landespolitiker, sich im politischen Raum auf allen Ebenen stärker für die Sicherung des Ärztenachwuchses in Sachsen-Anhalt einzusetzen, hat nicht nur zum ‚Einkassieren‘ unserer Redebeiträge durch den Ministerpräsidenten geführt, sondern wird Gegenstand eines Gesundheitskabinettes in diesem Monat sein,“ so Prof. Ebmeyer.
Kritisch sah der Kammerpräsident die zahlreichen, noch nicht zufriedenstellenden Gesetzentwürfe des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Eckpunkte der Krankenhausreform, die dringend erforderlich ist, sind in der Auseinandersetzung zwischen dem Bund und den Ländern noch nicht abgestimmt. Wie Leistungsgruppen definiert werden und wie die dreistufige Investitionsfinanzierung aufgestellt wird, ist noch sehr unklar.
Im Entwurf des Krankenhaustransparenzgesetzes ist vorgesehen, die Qualität der Krankenhäuser in einem Transparenzportal darzustellen. Darin sollen Fallzahlen von Leistungen, vorgehaltenes ärztliches und pflegerisches Personal sowie Komplikationsraten enthalten sein. Die Leistungsangebote der Häuser werden nach Leveln und Leistungsgruppen ausgewiesen. Prof. Ebmeyer: „Ein gewaltiges Datengebilde, dass für den Laien nur schwer zu durchschauen sein wird. Die Bundesärztekammer setzt sich dafür ein, dass die Leistungsgruppen den Krankenhäusern auf Grundlage verbindlicher Qualitätskriterien zugewiesen werden … Ungeklärt bleibt aber die Frage, wie verhindert werden kann, dass diese Transparenz zu einer wirtschaftlichkeits- und transparenzverzerrenden Patientenselektion bei der Leistungserbringung führt.“
Auch ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz liegt in einem ersten Arbeitsentwurf vor. Ob dieses Gesetz den angestrebten Bürokratieabbau tatsächlich erreichen wird, bleibt abzuwarten. Prof. Ebmeyer forderte, dass bei der weiteren Gesetzesplanung auch ärztlicher Sachverstand eingebunden wird.
Zur Reform der Notfall- und Akutversorgung habe die Regierungskommission viele wichtige Ansätze aufgenommen, in Sachsen-Anhalt werde sich bereits intensiv mit der Notfallversorgung befasst, so Prof. Ebmeyer. Ein Beispiel ist das Curriculum zur Einführung des Telenotarztes. Letztlich ist das Dokument der Regierungskommission aber ein trojanisches Pferd, denn die notärztliche Expertise wird auf die Ebene der Telemedizin und auf den Hubschrauber-Notdienst verdrängt. Die Akademisierung anderer Gesundheitsberufe z. B. im Rettungsdienst dürfe nicht die ärztliche Tätigkeit in Diagnose und Therapie ersetzen.
Weiterhin äußerte sich der Kammerpräsident zur Tätigkeit der Apotheken, die nicht zu Ersatz-Arztpraxen werden dürfen, zur Novellierung des Bestattungsgesetzes und zur großen Bedeutung der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt. Prof. Ebmeyer wies auf den großen Erfolg des Ausbildungsganges für die Medizinischen Fachangestellten hin, im Jahr 2023 erreichten insgesamt 131 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Abschluss. Am Ende seiner Rede unterstrich der Kammerpräsident die hohe Kompetenz und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ärztekammer – so können wir spontan auf neue Herausforderungen reagieren.
Herr Dr. Jörg Böhme ergänzte die Ausführungen von Prof. Ebmeyer und wies besonders auf den Ärztemangel und die Personalnot im Bereich der Gesundheitsberufe hin.
Im Folgenden informierte der Geschäftsführer Herr Wolter zur finanziellen Lage und zu den schwierigen Abrechnungsmodalitäten in den Klinischen Krebsregistern Sachsen-Anhalt.


In einem umfangreichen Tagesordnungspunkt befasste sich die Kammerversammlung mit der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt. Herr Dr. Kuminek als Vorsitzender des Vorstandes, Herr Dr. Böhme als Vorsitzender des Aufsichtsrates und Herr Professor Dr. K. Heubeck als Finanzsachverständiger und Versicherungsmathematiker berichteten aus ihrem jeweiligen Ressort.
Insgesamt ist die Ärzteversorgung gut und auch krisenfest aufgestellt. Herr Dr. Kuminek sagte in seinem Bericht: „Politik, Gesellschaft und Wirtschaft wurden im Jahr 2022 durch den Krieg in der Ukraine dominiert. Aufgrund des Krieges sind die Lebensmittel- und Energiepreise gestiegen. … Die umfangreichen politischen Umbrüche im Jahr 2022 hatten zwar oft kurzfristig Einflüsse, aber keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte.“ Leider hatte die Ärzteversorgung eine Netto-Rendite von -1,13 %. Daraufhin wurde Folgendes entschieden: „Aufgrund des äußerst herausfordernden Jahres 2022 schlagen wir, Vorstand und Aufsichtsrat, Ihnen vor, die Renten und Anwartschaften zum 1. Januar 2024 nicht zu erhöhen. Uns ist bewusst, dass dies keine zufriedenstellende Botschaft ist. Die Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt nimmt ihre Aufgabe jedoch verantwortungsvoll wahr und gibt nur aus, was sie auch erwirtschaftet. Eine Erhöhung von Renten und Anwartschaften setzt daher Überschüsse in den vorangehenden Jahresabschlüssen voraus. Eine vom Jahresergebnis unabhängige Erhöhung von Renten und Anwartschaften ist nicht möglich,“ erklärte Herr Dr. Kuminek. Eine wesentliche Anlage für die Ärzteversorgung sind Immobilien. Dazu erwähnte Dr. Kuminek: „Die Leerstandsquoten unserer Bestandsimmobilien sind weiterhin gering: Die Wohnimmobilien sind vollvermietet mit 99,4 %. Der Vermietungsstand der Gewerbeimmobilien beträgt etwa 90 %. … Als langfristig orientierter und verlässlicher Kapitalanleger mit einer reinen Eigenkapitalfinanzierung, sind wir ein gern gesehener Partner in diesen unsteten Zeiten.“
Dr. Kuminek informierte über die anstehenden Wahlen. Herr Dr. Walter Kudernatsch, Herr Professor Klaus Heubeck und Herr Dr. Peter Eichelmann stellten sich nicht wieder zur Wahl. Der Vorsitzende der Ärzteversorgung bedankte sich bei ihnen für die jahrzehntelange Tätigkeit im Versorgungswerk.
Herr Dr. Böhme informierte als Aufsichtsratsvorsitzender über die Anlagestrategien der Ärzteversorgung, dabei wird besonders berücksichtigt, dass die Anlagen bestmöglich auf die Verbindlichkeiten der Ärzteversorgung ausgerichtet sind.

Die Frage der Energiepreispauschale, die Angehörigen der Versorgungswerke nicht gezahlt wird, und die Nachhaltigkeit der Tätigkeit Ärzteversorgung waren weitere Themen von Dr. Böhme. „Wir wollen im Zielbild keine ESG-Risiken (Environmental, Social and corporate Governance) in unserem Bestand haben. Gelingen kann uns dies über die Lenkungsfunktion des Kapitals. Hierfür setzt die Ärzteversorgung zwei Werkzeuge ein: Die Ausschlussliste sowie das sogenannte ‚Engagement‘. … Damit unsere Werte und Normen in die Unternehmen getragen werden, an denen die Ärzteversorgung beteiligt ist, verfolgt das Versorgungswerk bereits seit 2019 den sogenannten ‚Engagement‘-Ansatz,“ so Dr. Böhme.
Durch die Bündelung von Stimmrechten aus dem Kapitalanlagebestand der Ärzteversorgung und weiterer Anleger wird eine hohe Durchsetzungskraft erreicht. Man geht auf diejenigen Unternehmen zu, die ESG-Schwächen aufweisen und eine aktive Einflussnahme auf die Unternehmen wird umgesetzt. Als „ultima ratio“ sei unter Umständen ein Desinvestment erforderlich, erklärte Dr. Böhme.
Der Bericht von Herrn Professor Heubeck war etwas ausführlicher, er berichtete zum Ende seiner Vorstandstätigkeit aus der Entstehungsgeschichte der Ärzteversorgung. Schon 1990 war er als Versicherungsmathematiker mit der Bewertung der Grundlagen der geplanten Satzung betraut. „Das Gründungsgutachten kam zum Stichtag 01.07.1990 zu folgender fiktiven Eröffnungsbilanz und dem Ergebnis, dass wegen der voraussichtlichen Überdeckung von 6,2 Mio. DM das vorgesehene Beitrags- und Leistungsrecht vertretbar sei. Ein ähnliches Ergebnis zeigte das Gutachten in einer Kontrollrechnung zum Stichtag 01.07.1991, bei der unterstellt wurde, dass einige künftige Mitglieder von den Befreiungsmöglichkeiten Gebrauch machen würden. Das Ergebnis dieser aus Vorsichtsgründen vorgenommenen Kontrollrechnung war ebenfalls positiv. Man konnte also starten.“

Zum Abschluss seines Beitrages bewertete Prof. Heubeck die gegenwärtige Situation: „Lassen Sie mich … einen Blick in die Zukunft unseres Versorgungswerkes, auf seine finanzielle Entwicklung und die Vorteile, aber auch auf die Verantwortlichkeiten der Selbstverwaltung werfen. In den ersten 15 – 20 Jahren seit Gründung ist es gelungen, ein der wirtschaftlichen Entwicklung folgendes, finanziell gesundes und sicheres Altersvorsorgesystem aufzubauen. Auch die Verlängerung der Lebensdauer und die damit verbundenen längeren Rentenbezugszeiten konnten vorfinanziert und abgesichert werden. Eine ähnliche Maßnahme wird, soweit man es heute beurteilen kann, in absehbarer Zeit nicht notwendig werden. Der allgemeine Zinsrückgang hat das Versorgungswerk vor neue Herausforderungen gestellt und eine zuvor kaum relevante Frage aufgeworfen: Wie kann man eine generationengerechte Lösung für das Problem sinkender Überschüsse finden und gestalten, im Rahmen der Vorgaben der Alterssicherungsordnung (und der sonstigen Vorschriften und Sachzwänge). … Bis hin zur heute gültigen Satzung waren und sind die Kriterien der Ärzteversorgung die Sicherung der Kammerangehörigen im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit sowie Sicherung der Hinterbliebenen, getragen vom Gedanken der Solidarität und Kollegialität. … Ich bin zuversichtlich und würde mich freuen, wenn die Ärzteversorgung diesen aus meiner Sicht und Erfahrung bestmöglichen Weg, kollektive Altersvorsorge sicher, nachhaltig und generationsgerecht zu gestalten, auch weiterhin erfolgreich gehen wird. Die Selbstverwaltung mit ihren Organen und die Besetzung der Gremien mit ihrer Geschäftsführung bieten dafür gute Voraussetzungen.“
Die Kammerversammlung stimmte der Feststellung des Jahresabschlusses 2022 zu, ebenso wurden Vorstand und Aufsichtsrat der Ärzteversorgung entlastet. Entsprechend dem Votum des Vorstandes, das Dr. Kuminek vorgetragen hatte, stimmte die Kammerversammlung dem Beschlussvorschlag zur Festsetzung des Rentenbemessungsbetrages zu. Einigen formalen Satzungsänderungen wurde ebenso zugestimmt.

Neuer Aufsichtsrat der Ärzteversorgung
(v. l. n. r.): Dr. Lutz Hinkelmann, Dr. med. Ulrich Neumann, Dr. Jörg Böhme, Dr. Thomas Langer, Dr. Axel Schobeß; nicht auf dem Foto: Dr. Paer Lemme, Prof. Dr. Edgar Strauch

Neuer Vorstand der Ärzteversorgung
(v. l. n. r.): Godehard Vogt, Dr. Ulrich Kuminek, Dr. Tom Giesler, Dr. Rüdiger Schöning, Dr. Christian Chvojka, Dr. rer. pol. Martin Scholz
Frau PD Dr. Schneemilch und Herr Prof. Strauch stellten die Bilanz des Haushaltes der Ärztekammer zum 31.12.2022 und die Erfolgsrechnung für die Zeit vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2022 vor. Die Kammerversammlung stimmte dem Jahresabschluss und einem Vorschlag zur Verwendung von nichtverbrauchten Mitteln zu. Frau Dr. Schneemilch zeigte danach den Haushalt für das Geschäftsjahr 2024, der ebenfalls von der Versammlung befürwortet wurde. Insgesamt ist der Haushalt ausgeglichen, für zu erwartende Investitionen (z. B. neue Verwaltungssoftware) sind entsprechende Rücklagen gesichert.
Zum Ende der Sitzung wurden die Termine für die Kammerversammlungen im Jahr 2024 bekanntgegeben, die nächste Sitzung findet am 19./20. April 2024 statt. Ein weiteres Thema war die Cannabis-Legalisierung. Da die Diskussion zu dieser Frage nicht abschließend war, setzte die Kammerversammlung eine Arbeitsgruppe ein, die dem Vorstand der Ärztekammer Vorschläge zum Umgang mit diesem kontroversen Thema zuarbeiten wird.
Hermann-Josef Rothkötter
Beschlüsse der 6. Sitzung der Kammerversammlung der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, VIII. Wahlperiode (2021 – 2026) am 4. November 2023
Entschließung zur Politischen Entschlossenheit für das Gesundheitssystem
Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt
- Feststellung des Jahresabschlusses 2022 der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt sowie Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat
- Festsetzung des Rentenbemessungsbetrages für das Jahr 2024 (Veröffentlichung im Ärzteblatt erfolgt nach aufsichtsbehördlicher Genehmigung)
- 21. Satzung zur Änderung der Alterssicherungsordnung (Veröffentlichung im Ärzteblatt erfolgt nach aufsichtsbehördlicher Genehmigung)
- Neuwahl der Gremien des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt
Finanzangelegenheiten
- Feststellung des Jahresabschlusses für das Jahr 2022 sowie Entlastung des Vorstandes und der Geschäftsführung
- Beschluss über die Verwendung nichtverbrauchter Mittel aus 2022
- Beschluss des Haushaltplanes 2024
Beschluss über die Termine der Kammerversammlung für 2024
Gründung einer temporären Arbeitsgruppe zur Verfassung einer Stellungnahme zur kommenden Cannabis-Legalisierung
Fotos: ÄKSA