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Eine Einrichtung stellt sich vor

Eröffnung eines Früherkennungs- und Therapiezentrums (FeTZ) für Psychosen

Eröffnung eines Früherkennungs- und Therapiezentrums (FeTZ) für Psychosen

Ein Interview mit Teammitgliedern des FeTZ (Anne Strehlow1, Enise Irem Incesoy1,2, Anett Riedel3, Hans-Henning Flechtner3,4, Johann Steiner1,4)

1. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
2. Institut für kognitive Neurologie und Demenzforschung (IKND), Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
3. Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg
4. Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort Halle-Jena-Magdeburg

Team des FeTZ Magdeburg; v. l.: M. Wiegel, E. Incesoy, S. Weigand, S. Seidenbecher, C. Rehe, G. Meyer-Lotz, Prof. Dr. Steiner, Prof. Dr. H.-H. Flechtner, Dr. A. Strehlow, Dr. Dr. A. Riedel

Mit dem Chefredakteur des Ärzteblattes Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Hermann-Josef Rothkötter, sprachen die FeTZ-Teammitglieder über die Gründung des Früherkennungs- und Therapiezentrums, deren Aufgaben und Psychose-Erkrankungen.

Prof. Hermann-Josef Rothkötter: Herr Prof. Steiner, was hat Sie dazu bewegt, ein Früherkennungs- und Therapiezentrum (FeTZ) für Psychosen zu gründen?

Prof. Steiner: In den letzten 25 Jahren wurden an mehreren (Universitäts-)Standorten in Deutschland spezialisierte Früherkennungs- und Therapiezentren (FeTZ) für Psychosen aufgebaut (www.psycho-check.com), um die professionelle Beratung für Betroffene und Angehörige, eine leitliniengerechte Diagnostik, Prävention sowie eine moderne, gut wirksame und verträgliche Therapie zu ermöglichen. In Sachsen-Anhalt bestand diesbezüglich seit Jahren eine Versorgungslücke, die wir nun schließen. Im März 2023 wurde der Ambulanzbereich der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Erwachsenenalters (KPSY) in Magdeburg um das FeTZ für Psychosen erweitert. Dies ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters (KKJP) unter der Leitung von Prof. Flechtner. Uns ist es hierbei besonders wichtig, den Betroffenen frühestmöglich eine Anlaufstelle zu bieten. Das Angebot von Früherkennungssprechstunden soll helfen, das Psychose-Risiko von Betroffenen so früh wie möglich einzuordnen.

Prof. Rothkötter: Frau Dr. Strehlow, warum ist es so wichtig, dass eine solche Erkrankung schon so früh entdeckt wird?

Dr. Strehlow: Psychosen verursachen dem Gesundheitssystem enorme Folgekosten. Wir wissen aus Studien auch, dass die Dauer einer unbehandelten Psychose den Verlauf signifikant beeinflusst. Wie bei vielen chronischen Krankheitsbildern ist das rechtzeitige Erkennen von Psychosen bzw. ihrer Warnzeichen und eine schnellstmögliche Behandlung für den weiteren Krankheitsverlauf entscheidend.

Zum einen wollen wir die Dauer der unbehandelten Symptomatik verringern um somit bestenfalls eine Psychose-Erkrankung zu verhindern oder durch unsere spezialisierten Behandlungsangebote deren Verlauf signifikant abzumildern. Zum Thema „Präventive Psychiatrie: Früherkennung und Intervention bei erhöhtem Psychoserisiko“ finden Sie in dieser Ausgabe des Ärzteblattes Sachsen-Anhalt einen Übersichtsartikel, S. 16ff.

Prof. Rothkötter: Frau Incesoy und Frau Dr. Dr. Riedel, wie wurde Ihr Team auf die Aufgaben im FeTZ vorbereitet?

Frau Incesoy und Dr. Dr. Riedel: Unser ärztlich-psychologisches Team der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Magdeburg A.ö.R. wurde 2022 durch intensive Schulungsveranstaltungen weitergebildet in der Früherkennung von Vorboten-Symptomen für Psychosen. Die Weiterbildung in der Früherkennung übernahm Frau PD Dr. Schultze-Lutter von der Universitätspsychiatrie Düsseldorf. Das Training bzgl. der spezialisierten Psychotherapie der Betroffenen erfolgte durch Frau Prof. Dr. Stefanie Schmidt an der Universitätspsychiatrie Bern. Erfreulicherweise wird der Aufbau des FeTZ für Psychosen am Universitätsklinikum Magdeburg auch durch den Innovationsfonds des G-BA von den gesetzlichen Krankenkassen mitfinanziert mit dem Ziel einer verbesserten Gesundheitsversorgung.

Prof. Rothkötter: Herr Prof. Flechtner und Frau Dr. Dr. Riedel, warum arbeitet die Kinder- und Jugendpsychiatrie im FeTZ Magdeburg mit der Erwachsenenpsychiatrie zusammen?

Prof. Flechtner und Dr. Dr. Riedel: Psychose-Erkrankungen treten typischerweise das erste Mal bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen auf, also im Übergangsbereich zwischen Jugend- und Erwachsenenalter. Der Aufbau eines multiprofessionellen spezialisierten Teams der Erwachsenen- sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie im FeTZ eignet sich deshalb hervorragend, um die Gesundheitsversorgung im Bereich der Transitionspsychiatrie (Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter) zu verbessern. Junge Menschen ab 16 Jahren können sich gern an uns wenden.

Prof. Rothkötter: Herr Prof. Steiner und Herr Prof. Flechtner, wie kann Ihrer Meinung nach die Zusammenarbeit mit den ambulanten Kolleginnen und Kollegen am besten funktionieren?

Prof. Steiner und Prof. Flechtner: Uns ist wichtig, ein Netzwerk aufzubauen, in dem man in den Austausch über die Früherkennung von Psychosen gehen kann. Wenn ein niedergelassener Kollege oder eine Kollegin bei einem Patienten erste Anzeichen erkennt, kann er/sie diesen gern zu uns überweisen. Wir stellen mit der angebotenen zeitaufwendigen und hochwertigen diagnostischen Risiko-Einschätzung sowie einem ausführlichen Befundbericht mit weiteren Therapieempfehlungen ein Service-Angebot für niedergelassene Fachkollegeninnen und -kollegen und umliegende Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie zur Verfügung. Auch bieten wir präventiv-psychotherapeutische Interventionsmaßnahmen für Betroffene, deren Psychoserisiko erhöht ist, wobei wir damit sowohl den Betroffenen helfen als auch die ambulanten Behandler unterstützen wollen. Wir würden uns natürlich eine enge Zusammenarbeit mit den Zuweisern und Behandlern wünschen.

Damit klar wird, bei welchen Patientinnen und Patienten ggf. eine Vorstellung und umfassende Abklärung sinnvoll sein könnte, haben wir einen Anmeldebogen für ärztlich-psychologische Behandler erarbeitet, der auf der Website www.fetz-magdeburg.de zu finden ist. Da es sich um sensible Daten handelt, sollte die Anmeldung per Post oder in verschlüsselter Form erfolgen. Dabei ist das Ziel, dass die Ressourcen nicht ungefiltert, sondern möglichst sinnvoll im Kontext Früherkennung und Frühintervention eingesetzt werden, um eine schnelle Zuweisung, frühzeitige Diagnostik und Einleitung spezifischer therapeutischer Maßnahmen zu ermöglichen.


Teammitglieder des FeTZ am Universitätsklinikum Magdeburg
KPSY: Prof. Dr. Johann Steiner (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Neurologie),
Dr. Anne Strehlow (Psychol. Psychotherapeutin [VT]),
Claudia Rehe (Psychol. Psychotherapeutin [VT]),
Sandra Weigand (Psychol. Psychotherapeutin i.A.),
Stephanie Seidenbecher (MSC Psychologin),
Enise Irem Incesoy (Ärztin), Miriam Wiegel (Ärztin)
Gabriela Meyer-Lotz (Studienschwester)
KKJP: Prof. Dr. Hans-Henning Flechtner (Facharzt für
Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie,
Facharzt für Psychosomatische Medizin)
Dr. Dr. Anett Riedel (Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie)

Kontakt:
Tel. (mit Anrufbeantworter): 0391/6725448
Fax: 0391/6714236
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Internet: www.fetz-magdeburg.de
(mit Screening-/Anmeldefragebogen)

Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. Johann Steiner
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg
Tel.: 0391/67 15019; Fax: 0391/67 15223
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Foto: Melitta Schubert, UMMD