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Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt

Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt

Referentinnen und Referenten des 20. Einsendertreffens des Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt am 6.11.2024 im neuen Hörsaal, Haus 7 der Universitätsmedizin Magdeburg (es fehlt Referentin Susann Empting).

Bild oben: (v. l. n. r.) Dr. med. Ina Schanze, Dr. med. Angelika Henze, PD Dr. med. Salmai Turial, PD Dr. med. Anke Rißmann, Dr. med. Hannes Stradmann (Foto: Rinka, Universitätsmedizin Magdeburg)

Bilden unten: (v. l. n. r.) Laura von Iven, PD Dr. med. Salmai Turial, PD Dr. med. Anke Rißmann, Dr. med. Dieter Class
(Foto: Shaik, Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt)

Bereits zum 20. Mal jährte sich das Einsendertreffen des Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt und gibt somit Zeugnis von der interdisziplinären Zusammenarbeit. Die Veranstaltung fand im neuen Hörsaal des Universitätsklinikums Magdeburg statt und wurde erneut als Hybridveranstaltung mit der Option auch online teilnehmen zu können durchgeführt. Zu Beginn der Veranstaltung betonte Frau Dr. med. Angelika Henze vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt in ihrem Grußwort der Ministerin, dass die perinatale Zusammenarbeit der Einsender im Rahmen der kontinuierlichen Fehlbildungsmeldungen, wie sie hier in Sachsen-Anhalt praktiziert wird, in Deutschland beispielhaft sind. Solch eine „Langzeitbeobachtung von Fehlbildungen“ geht natürlich nur, wenn man viele Partner hat. Dies schaffe eine solide Basis für die Beurteilung von Trends und Cluster von Fehlbildungen. Des Weiteren dankte sie allen Einsendern für ihre Arbeit und verkündete das Motto des diesjährigen Jahresberichtes „Codierung und Klassifizierung von Fehlbildungen“.

Klassifizierung von Fehlbildungen – klassische Grund-lage um epidemiologische Aspekte analysieren zu können. So begann das wissenschaftliche Programm mit interessanten pränataldiagnostischen Details vorgestellt von PD Dr. med. Kai-Sven Heling, der aus Berlin zugeschaltet war, zu seinen Erfahrungen zum nichtinvasiven Pränataltest (NIPT) im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge. Dabei wurde der Stellenwert des NIPT gegenüber dem Ultraschall (im ersten Trimester) des seit dem 01.07.2022 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommenen NIPT thematisiert. Er betonte, dass der NIPT keine Feindiagnostik ersetzt. Das konnte an klinischen Fällen dem Auditorium gut veranschaulicht werden. Anschließend folgte eine Fallvorstellung über Hyperammonämie, Harnstoffzyklusdefekte und Propionazidämie von Herrn Dr. med. Hannes Stradmann aus der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikum Magdeburgs zusammen mit Frau Susann Empting aus dem Arbeitsbereich der pädiatrischen Endokrinologie und Diabetologie des Universitätsklinikums Magdeburg. Dabei sei besonders hervorzuheben, dass Harnstoffzyklusdefekte nicht im Neugeborenenscreening erfasst werden, weshalb hier eine besondere Sensibilität gegenüber der Ammoniakerhöhung im Blut bei Neugeborenen und Säuglingen wichtig ist.

Danach stellte Frau PD Dr. med. Anke Rißmann vom Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt den aktuellen Jahresbericht von 2023 vor. In guter Tradition ist darin eine Analyse zu epidemiologischen Daten von 37 großen Fehlbildungen und komplexen Anomalien mit Verlaufsdaten über zwölf Jahre dargestellt. Als Besonderheit ist in der Trendanalyse ein signifikanter Anstieg für die Trisomie 13 zu erkennen, hier wird ein Einfluss des NIPT vermutet.

Frau Prof. Dr. med. Katharina Rall wurde direkt aus der Universitätsfrauenklinik in Tübingen mit einem umfangreichen Überblick zur Diagnostik und Therapie bei Müllergangfehlbildungen zugeschaltet. Typisch ist ein Spektrum an Fehlbildungen, das vom Vaginalseptum über die vollständige Doppelung des Uterus und der Vagina bis zur Aplasie reicht und mit verschiedenen anderen Organsystemanomalien (z. B. Harntrakt, Skelettsystem) assoziiert sein kann. Am bekanntesten ist das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS) mit dem Leitsymptom Uterusaplasie. Diese treten bei 3 – 6,7 % aller Frauen auf. Diese Fehlbildungen haben entsprechend einen großen Einfluss auf die Reproduktionsfähigkeit. Höchste Aufmerksamkeit zeigte das Fachpublikum bei der Vorstellung der Ergebnisse zur Uterustransplantation. Bislang ermöglichte dieses Verfahren 46 Lebendgeburten bei 41 Frauen nach insgesamt 88 durchgeführten Uterustransplantationen am ersten deutschen Uterus-Transplanatationszentrum am Universitätsklinikum Tübingen.

Nachfolgend widmete Frau Dr. med. Ina Schanze vom Institut für Humangenetik der Universitätsmedizin Magdeburg ihren Vortrag den genetischen Aspekten bei „assistierter Befruchtung“. Dabei betonte sie, dass 10 – 15 % der Paare in Europa ungewollt kinderlos sind. Seit 1982 gibt es in Deutschland die Möglichkeit der Kinderwunschbehandlung. Besonders aufmerksam machte sie auf das Fehlbildungsrisiko bei subfertilen Paaren, welches sich bis auf 30 % summieren kann. Dabei beeinflussen die elterlichen Sterilitätsfaktoren an sich, chromosomale Anomalien der beteiligten Gameten, die zur Stimulation eingesetzten Medien, aber auch besonders Imprintingerkrankungen das Auftreten. Bei Letzterem handelt es sich um epigenetische Mechanismen bei denen väterliche oder mütterliche Gene durch Histonmodifikation oder DNA-Methylierung stillgelegt werden („Imprinting“).

Der aktuelle Stand der Ernährungsbildung, sowohl des Fachwissens als auch der Beratungskompetenzen in der kinderärztlichen Praxis, stehen im Fokus eines deutschlandweiten Projektes, das Laura von Iven, Promovendin im Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt, vorstellte. Sie gab erste Ergebnisse aus der qualitativen Datenerhebung (60 Experteninterviews) zur praktischen Umsetzung der Ernährungsbildung in der Kinderarztpraxis und deren fördernder Faktoren wieder.

Der darauffolgende Vortrag von PD Dr. med. Salmai Turial aus der Abteilung für Kinderchirurgie, Kindertraumatologie und Kinderurologie des Universitätsklinikums Magdeburg gab einen umfangreichen und interessanten Einblick in die Fehlbildungschirurgie in Usbekistan. Dabei veranschaulichte er mit eindrücklichen Bildern den Fortschritt der Chirurgie über die letzten zehn Jahre.

Die Veranstaltung endete mit einem spannenden Vortrag, in dem Dr. med. Dieter Class aus der Neurochirurgie des Universitätsklinikums Magdeburg die aktuellen Aspekte der operativen Versorgung von Kindern mit Spina bifida darstellte. Der derzeitige postnatale Therapieansatz beinhaltet eine sectio caesarea in der 37. SSW und eine mikro-neurochirurgische Intervention.

Text: Angelina Degen, Andrea Köhn

Korrespondenzadresse:
PD Dr. med. A. Rißmann,
Fehlbildungsmonitoring Sachsen-Anhalt
Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität
Leipziger Str. 44, Haus 39, 39120 Magdeburg
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