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Was tun bei Katastrophensituationen?

Alarm- und Einsatzpläne im Krankenhaus

Alarm- und Einsatzpläne im Krankenhaus

Das Gesundheitssystem ist ein wichtiger Resilienzfaktor. Alarm- und Einsatzpläne sind ein Instrument der Gefahrenabwehr, nicht nur bei einer definierten Katastrophenlage.

Es ist im Grunde einfach, über Katastrophensituationen zu sprechen, zumal die Bewältigungsstrategie regelmäßig einem Muster folgt. Der einzusetzende Katastrophenstab folgt festgelegten Strukturen und definierten personellen Besetzungen. Ein wichtiger Grundsatz im Katastrophenstab ist, gelassen zu sein und ruhig zu handeln. So wird während einer guten Stabsarbeit kein lautes Wort zu hören sein.

Was eine Katastrophe ist, beantwortet das Kata­strophenschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KatSG-LSA) im § 1, Abs. 2:

„Ein Katastrophenfall im Sinne dieses Gesetzes ist ein Notstand, bei dem Leben, Gesundheit oder die lebenswichtige Versorgung einer Vielzahl von Personen oder erhebliche Sachwerte gefährdet oder wesentlich beeinträchtigt werden und zu dessen Abwehr oder Eindämmung der koordinierte Einsatz der verfügbaren Kräfte und Mittel unter einer gemeinsamen Gesamtleitung erforderlich ist.“

Werden wir praktischer: Jede Katastrophensituation ist immer auch eine Gesundheitskrise, zwar in unterschiedlichem Ausmaß (Hochwasser, Pandemie), aber immer ist die Gesundheit akut bedroht oder in Gefahr. Somit kommt den Ärztinnen und Ärzten eine besondere Rolle zu. Leider findet sich diese Bedeutung nicht im Studium wieder und leider auch nicht in der praktischen ärztlichen Tätigkeit. Wahrscheinlich kennen nur die wenigsten von uns ihre Rolle in regionalen Katastrophenlagen oder gar in nationalen Katastrophensituationen, am ehesten wohl die Medizinerinnen und Mediziner in der Notfallmedizin. Ich möchte auch die Kolleginnen und Kollegen in der ärztlichen Niederlassung keinesfalls herausnehmen.
In einigen Krankenhäusern werden Szenarien geübt, in anderen nicht. Natürlich sind Feuerwehr und Rettungsdienst überwiegend eingespielt und aufeinander abgestimmt. Jedoch sind mir größere Übungen mit Ärztinnen und Ärzten von ambulanter, stationärer Medizin und dem öffentlichen Gesundheitsdienst unbekannt. Einige werden sagen, jetzt noch Übungen in einer Situation der permanenten Überlastung und bei zunehmendem Personalmangel in fast allen Bereichen. Ich möchte betonen, dass ich kein Recht habe zu kritisieren, jedoch auf einen nicht ungefährlichen Mangel hinweise, zumal wir mit zunehmender Unruhe und auch Fassungslosigkeit die aktuellen politischen, militärischen und gesundheitlichen Ereignisse in unserer Nähe verfolgen. Im Übrigen ist auch das Thema Gesundheit und Migration noch nicht wirklich angekommen.

Unsere Gesundheitsämter staunten nicht schlecht, als plötzlich nach einer Novellierung des Krankenhausgesetzes im § 14b zu lesen war:

Abs. 1: Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken haben zur Krankenversorgung in Katastrophenfällen...für besondere Schadensereignisse oder Gefahrenlagen für höchste Rechtsgüter Notfallpläne (Alarm- und Einsatzpläne) im erforderlichen Umfang und in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt des Landkreises und der kreisfreien Stadt als untere Gesundheitsbehörde aufzustellen und fortzuschreiben.

Abs. 2: Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken sind außerdem verpflichtet, für Schadensereignisse in diesen Einrichtungen, die zu einem Katastrophenfall führen können, Notfallpläne aufzustellen.

Niemand zweifelte die Notwendigkeit dieser Planungen an, jedoch wurde anfangs mit unterschiedlichem Enthusiasmus und unterschiedlichen Ergebnissen aufgewartet. Die Aufgabe des ÖGD war oftmals auf die Rechtslage aufmerksam zu machen und nach einer gewissen Zeit um die Vorlage der Planungen zu bitten. Überwiegend haben wir den Text des Gesetzes („in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt“) so verstanden.

Die Gefahrenabwehr im föderalen Staat BRD basiert auf unterschiedlichen Zuständigkeiten. Nach dem Grundgesetz obliegt die Zuständigkeit für die Ausübung der Gefahrenabwehr und die Gesetzgebung hierzu den Ländern. Betrifft es die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes, liegt die Zuständigkeit beim Bund. Alltagsereignisse müssen Feuerwehr und Rettungsdienst bewältigen.

Bei der Erstellung einer Krankenhausalarm- und -einsatzplanung (KAEP) gingen die Einrichtungen folgendermaßen vor oder sollten vorgehen:

  1. Klärung der Zuständigkeiten
  2. Benennung des Leiters KAEP
  3. Risikoanalyse für die lokalen Gegebenheiten
  4. Alarmierungsverfahren
  5. Evakuierung von Personal und Patienten
  6. Kommunikation
  7. Schulungen und Übungen

In den Plänen sollten auch immer alle denkbaren und möglichen Gefahren- und Schadenslagen bedacht werden:

  • Evakuierung des Krankenhauses oder definierter Bereiche
  • Massenanfall von Verletzten
  • CBRN (chemische, biologische, radio-nukleare Gefahrenlage)
  • Polizeiliche Lage (Amok, Terror, Bombendrohung, Geiselnahme)
  • Brand im Krankenhaus
  • Naturgefahren
  • Störung KRITIS (Ausfall von IT, Energieversorgung, Wasserversorgung, Wärmeversorgung, Telekommunikation)

Auch wenn hier der Eindruck einer „Übermotivation“ entstehen sollte, denken Sie an die COVID-Pandemie mit den Auswirkungen, die viele von uns nicht für möglich gehalten haben. Auf andere Szenarien gilt es ebenso, sich vorzubereiten.

Aufgrund der großen Bedeutung und einer Anwendung für alle Varianten einer Krisensituation werden im Folgenden die Stabsfunktionen einer Krankenhauseinsatzleitung (KEL) etwas näher beschrieben (siehe Grafik unten).

Auf eine entscheidende Position möchte ich gesondert hinweisen: „S5 Presse- und Medienarbeit“. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass man auf die Medienarbeit aber auch auf die Kommunikation ausreichend vorbereitet ist. Jede Krise ist immer auch eine Kommunikationskrise und ist gleichzeitig Risikokommunikation. In der Literatur gibt es sehr umfassende Abhandlungen dazu. Ich möchte versuchen, lediglich auf die entscheidenden Eckpunkte einzugehen.

Vor der Krise
Haben Sie einen Krisenkommunikationsplan? Hier sind die Verantwortlichen definiert und auch das „Gesicht nach außen“. Gleichzeitig sind Strukturen für eine Kommunikation nach innen gelegt. Ein Medienverteiler gehört genauso dazu wie das Vorhalten eine „Darksite“, also vorbereitete Hintergrundinformationen Ihrer Einrichtung, weil sich hieraus ein Geschwindigkeitsvorteil ergibt.

Während der Krise

  • Sprechen mit einer Stimme
  • Erstes Statement so schnell, wie möglich
  • Schlechte Nachrichten umgehend veröffentlichen
  • Recht der (neuen) Medien akzeptieren
  • Fakten ehrlich und freimütig, niemals „kein Kommentar“

Es sollte immer bedacht werden, dass eine direkte Korrelation zwischen Angst und Informationsbedarf besteht und die Steuerungsfähigkeit der Gesellschaft vom Stand der Informiertheit und damit vom rationalen Denken abhängt. Gleichzeitig muss eine Medienbeobachtung und Medienanalyse stattfinden.

Eine Alarm- und Einsatzplanung im Krankenhaus ist nicht immer das vorrangige Ziel innerhalb der täglichen Arbeit. Die Routinen nehmen uns vollends in Anspruch. Auch kann niemand Notwendigkeiten und Szenarien vorhersagen. Sollten unsere Krankenhäuser aber einen vernünftigen Plan haben und auch insgesamt oder in Sektoren geübt haben, kann man sich in dieser Fragestellung wirklich auch zurücklehnen. Der öffentliche Gesundheitsdienst ist und bleibt hier an Ihrer Seite.

(Quelle: Handbuch der Krankenhausalarm- und -einsatzplanung, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, 2022)

Autor:
Dr. Eike Hennig
Gesundheits- und Veterinäramt Magdeburg
Lübecker Straße 32, 39124 Magdeburg

Foto: stock.adobe.com

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