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Parlamentarischer Abend der Ärzteschaft

Es tut sich was, wenn wir etwas tun

Es tut sich was, wenn wir etwas tun

Erstmalige Auszeichnung der besten Ausbilder-Praxen von MFA: Nicolle Ebert vom MFA-Referat der Ärztekammer, Berit Lesniak, Prof. Uwe Ebmeyer, Petra Grimm-Benne, Dr. Jörg Böhme, Hildegard Anz, Prof. Armin Willingmann, Kerstin Uterwedde vom MFA-Referat der Ärztekammer (v. l.)

Mit der ersten Preisverleihung für die besten Ausbilder-Praxen von Medizinischen Fachangestellten sorgte die Ärztekammer Sachsen-Anhalt für einen strahlenden Höhepunkt beim 10. Parlamentarischen Abend, beim traditionellen „Grillen bei Doctor Eisenbarth“.

Die Preisverleihung soll künftig jährlich in diesem Rahmen stattfinden. Der Abend bot noch mehr: Kritische Worte zur aktuellen Lage für die Patientenversorgung und die Ärzteschaft, eine skeptische Vorausschau auf Kommendes, aber auch die Erkenntnis: Es tut sich was, wenn wir etwas tun.

Doch der Reihe nach: Fast war es zunächst so etwas wie eine Zitterpartie: Würde sich das Wetter nach Hitzewelle, Temperatursturz und Regenschauern gnädig zeigen? Der Parlamentarische Abend, auch liebevoll „Grillen bei Doctor Eisenbarth“ genannt, fiel zum Glück nicht ins Wasser, auch kein Donnern oder Grollen war zu vernehmen – zumindest nicht seitens der Meteorologie. Vielmehr gab es einen lauen Spätsommerabend, der durchaus kraft- und gehaltvoll begann und hoffnungsfroh-leicht endete. Für einige Stunden war das Intel-Debakel vergessen und bot anderen, nicht minder wichtigen Themen Platz.
Rund 100 geladene Gäste aus Landes- und Bundespolitik, Wirtschaft und Gesundheitsorganisationen waren der Einladung von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung gefolgt: Die Rasenfläche hinter dem Haus der Heilberufe am Doctor-Eisenbarth-Ring in Magdeburg wurde zum wohl wichtigsten Treffpunkt der Stadt an diesem Abend: Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne war zugegen, ebenso die Bildungsministerin Eva Feußner, die Ministerin für Infrastruktur und Digitales, Lydia Hüskens, dazu auch Justizministerin Franziska Weidinger. Die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris war gekommen, die Staatssekretäre Wolfgang Beck und Thomas Wünsch sowie Vertreter anderer Heilberufe, Organisationen und Institutionen, dazu Mitglieder des Vorstandes der Ärztekammer Sachsen-Anhalt und der Kammerversammlung und Landtags- und Bundestagsabgeordnete wie zum Beispiel Tino Sorge.

Prof. Uwe Ebmeyer und Dr. Jörg Böhme (v. r.) informierten auf der Pressekonferenz von den Erfolgen und Herausforderungen

Prof. Uwe Ebmeyer (Mitte) neben Dr. Jörg Böhme (l.) und Prof. Armin Willingmann (r.) appellierte an die Bundestagsabgeordneten: Stehen Sie für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt ein

Gespannt wurde auf die Reden von Ärztekammerpräsident Prof. Uwe Ebmeyer und dem Vorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung, Dr. Jörg Böhme, gewartet. Ebenso auf das Grußwort von Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister, Professor Armin Willingmann.
Auf einer vorherigen Pressekonferenz war schon in kleinem Kreis diskutiert worden, was die Ärzteschaft in Sachsen-Anhalt umtreibt. Tags darauf berichteten Medien von Chancen des Quereinstiegs, der ermöglicht, die hausärztliche Versorgung im Land einigermaßen aufrecht zu erhalten. Der Vorstand der Ärztekammer hat daher die zeitlich begrenzte Sonderregelung zum Quereinstieg in die Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin beschlossen und gleich um fünf Jahre verlängert. „Die meisten wandern aus Orthopädie und Anästhesie ab, doch reißt dies natürlich auch Lücken in unsere Klinikversorgung“, hatte Prof. Ebmeyer erklärt.

Sowohl er als auch KV-Chef Böhme gingen später in ihren Reden auf die drohende medizinische Unterversorgung im Land ein, auf die schleppende Digitalisierung, auf den Reformstau und lobten den vor einem Jahr von Ministerpräsident Reiner Haseloff initiierten Gesundheitsgipfel. Der Ministerpräsident hatte aus terminlichen Gründen nicht persönlich dabei sein können. Noch am Nachmittag hatte aber zum Gesundheitsgipfel die interministerielle Arbeitsgruppe getagt, die nach der Analyse der Situation im Land zum Thema „Ärztebedarf und Ärztegewinnung“ nun dazu übergehen wird, Strategien und Lösungen zu entwickeln um zum Beispiel Medizinstudierende, die in Sachsen-Anhalt ihre Approbation erhalten, auch zu halten bzw. zurückzuholen, so Prof. Willingmann.

Präsident Ebmeyer betonte in seiner Rede die Fortschritte und die Bemühungen, die bereits unternommen würden: Er sprach von Projekten wie „Raus aus der Schule & Rein in die Medizin“, das gemeinsam
mit der KV und unterstützt vom Bildungsministerium, den Dekanaten an den Universitäten Halle-Wittenberg und Magdeburg angeboten wird und betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der „Landeskinder“: „Nachhaltig und langfristig die medizinische Versorgung der Bevölkerung unseres Bundeslandes sicherzustellen – darauf setzen wir. Und wir glauben, dass dies besser gelingen kann, wenn wir hier verwurzelte junge Menschen ausbilden, die Land und Leute kennen, schätzen und lieben – und deshalb auch hier ihre berufliche und nicht zuletzt private Zukunft sehen. Erhöhte Standorttreue nennen das die Experten.“

Man zeige Präsenz auf Messen, gehe in Schulen, um gezielt für ein Studium der Humanmedizin zu werben. Und es gibt weitere Bemühungen, drohende Versorgungslücken zu schließen: Das Pilotprojekt Telenotärztin/Telenotarzt ist mit dem Curriculum für 20 erfahrene Notärzte gestartet. Und die KVSA unterstützt Bestrebungen von Kommunen, Medizinstudenten mittels Stipendien als künftige Hausärzte an sich zu binden. Dr. Böhme nannte in diesem Zusammenhang das aktuell vereinbarte Zerbst-Stipendium sowie den Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, der darauf abzielt, Ärzte, die sich in einer (drohend) unterversorgten Region niederlassen, mit bis zu 80.000 Euro zu fördern. „Zwei von vielen Maßnahmen“, so der KV-Chef, der zudem für die elektronische Patientenakte (ePA) warb, die 2025 starte und freilich gepflegt sowie befüllt werden müsse. Und, so gab Prof. Ebmeyer zu bedenken, dafür müssten auch die technischen Voraussetzungen stimmen. „Echte Unterstützung statt plakativer Forderungen würden wir uns seitens der Bundespolitik im Hinblick auf die Anerkennung ausländischer Kolleginnen und Kollegen wünschen. Die Kenntnisprüfung und die Sprachprüfung – die wir übrigens damals initiiert hatten – muss sorgfältig geschehen, ganz klar. Wir wünschen uns hier aber ein bundeseinheitliches Vorgehen und keine Alleingänge in einzelnen Bundesländern.“

Dass in Berlin momentan Gesundheitspolitik an der Realität vorbei betrieben wird, sei oft spürbar. Hier appellierte der Präsident an die Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt: „Zentrale Gesetzespassagen erst im Bundestag einarbeiten zu wollen um den regulären Gesetzgebungsprozess auszuhebeln – ich denke da speziell an das Thema Rettungsdienst – sollten Sie nicht tolerieren“, so Ebmeyer.

„Ich bitte Sie bei den anstehenden Entscheidungen stets zu bedenken, dass Sie in erster Linie den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen-Anhalt und deren Interessen und nicht den Berliner Ränkespielen verpflichtet sind.“

Hildegard Anz bedankte sich für die Auszeichnung und warb um Ärzte, die ausbilden sollten

Der Hauptgeschäftsführer der Ärztekammer,
Dr. Edgar Strauch, mit der Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris

Klares Bekenntnis zu den beiden Universitätsstandorten des Landes: Prof. Armin Willingmann (Mitte)

Wunderbarer Höhepunkt dann: Der Ärztekammerpräsident zeichnet erstmals die beiden besten MFA-Ausbildungspraxen aus. Hildegard Anz aus Halle (Saale) bedankte sich dafür und ausdrücklich bei den engagierten Kolleginnen des MFA-Referats der Ärztekammer. Sie nehme den Preis stellvertretend für alle Ausbildungspraxen entgegen. Und warb gleichzeitig um mehr Ärzte, die ausbilden sollten. Dafür startet die Ärztekammer im Übrigen eine neue Ausbildungsbörse…

Nach diesen gelösten und spontanen Worten antwortete Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann mit einer launigen und pointierten Rede, in der es darum ging, nicht nur der „Larmoyanz“ zu frönen, sondern anzupacken. „Es geht voran“, sagte er mit Blick auf den Gesundheitsgipfel und die Arbeitsgruppen, wenn auch vielleicht langsamer, als sich das mancher wünschen würde.

„Wir sind bemüht“ Und er gab als Vertreter der aktuellen Regierung ein klares Bekenntnis ab zu den beiden Standorten der Universitätsmedizin Halle (Saale) und Magdeburg. Das zeigten die aktuellen Investitionen ins Universitätsklinikum Magdeburg in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro sowie für die Uniklinik in Halle mit 300 Millionen Euro.

Es passiert etwas, da waren sich am Ende fast alle einig, bevor man dann zum lockeren Teil überging: Bei Buletten, Salat und Halloumi-Käse, mit guter Musik von FiJazzKo, Lichtilluminationen und einem Eiswagen genossen alle ungezwungene Plaudereien und Fachsimpeleien, es wurden Gemeinsamkeiten entdeckt, Gespräche geführt – hoffentlich ebenso konstruktiv wie nachhaltig.


K. Basaran

Politische Prominenz beim parlamentarischen Abend: Justizministerin Franziska Weidinger, Prof. Uwe Ebmeyer, Digitalministerin Lydia Hüskens, Bildungsministerin Eva Feußer (v. l. )

Der Parlamentarische Abend, auch liebevoll „Grillen bei Doctor Eisenbarth“ genannt, fiel zum Glück nicht ins Wasser.

Musikalische Begleitung des parlamentarischen Abends durch die Band „FiJazzKo“

Der Vizepräsident der Ärztekammer Thomas Dörrer (r.) im Gespräch mit BARMER-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann

Fotos: ÄKSA/P. Gercke