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Perspektivwechsel: Azubi Nepomuk Gnerlich im Interview

Mit Leidenschaft zum MFA-Beruf

Mit Leidenschaft zum MFA-Beruf

Pflegekraft bedient Dialysegerät und hält Klemmbrett – medizinische Tätigkeit in einer modernen Klinikumgebung.
Nepomuk an einem Dialyse-Überwachungsgerät | Foto: ÄKSA/Basaran

So langsam spricht es sich ja rum, dass der Ausbildungsberuf der Medizinischen Fachangestellten (MFA) vielseitig und spannend ist – und zugleich eine attraktive Investition der jungen Menschen in ihre berufliche Zukunft. Dabei zeigt sich, dass die oft mindestens skeptisch beäugte Generation Z, die Geburtenjahrgänge zwischen 1998 und 2010, durchaus reflektiert und engagiert in ihrer Arbeit aufgeht. Wie das klappen kann? Mit Respekt und Willen zur Zusammenarbeit auf beiden Seiten.

Nepomuk Gnerlich (18) ist im dritten MFA-Lehrjahr beim Dialysezentrum Magdeburg-Stadtfeld. Im Interview erzählt er von seiner Begeisterung für den Beruf, wie es ihm in der Praxis ergeht, was er beruflich noch nach der Ausbildung plant – und wie er abschaltet. Nepomuk war mit dem „Du“ einverstanden. Das Gespräch ist in Auszügen auch in der „MiZu“ nachzulesen. Das Ausbildungsspezial des Stadtmagazins „Dates“ wird im November kostenlos an rund 16.500 Schülerinnen und Schüler der Abschlussjahrgänge in ganz Sachsen-Anhalt verteilt.

Nepomuk, seit wann bist du in der Praxis?

Ich habe die Ausbildung hier in der Dialysepraxis Magdeburg-Stadtfeld mit dem 1. August 2023 begonnen. Das heißt, im Mai 2026 beginnen die Prüfungen.

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

In der Sprechstunde beginne ich um 7:30 Uhr. Wir treffen uns im Team am Empfang, die Aufgaben werden verteilt: Zwei gehen ins Labor, zwei an den Tresen. Im Labor bereite ich zum Bespiel meine Blutabnahmeschalen vor, prüfe den Kühlschrank, suche die Medikamente heraus, mache die Qualitätskontrolle an den Geräten – und dann geht es auch schon los. Blut abnehmen, den Ärztinnen und Ärzten direkt zuarbeiten. Am Ende des Tages stehen aufräumen und desinfizieren an, den nächsten Tag vorbereiten.

Was gefällt dir am Job?

Ich stehe morgens auf und weiß: Ich kann schwerkranken Menschen, die für fünf Stunden zu uns kommen, die Zeit so angenehm wie möglich gestalten. Wir führen hier lebenserhaltende Maßnahmen durch, man rettet sozusagen 36 Leuten pro Schicht einen weiteren Tag.

Gibt es auch etwas, das besser sein könnte?

(überlegt) Es ist eher eine allgemeine Kritik am deutschen Gesundheitswesen. Gerade das Transplantationswissen der Bevölkerung weist große Lücken auf. Die Aufklärung fehlt und es ist erschreckend, wie wenig Leute einen Organspendeausweis haben. Alle unsere Patienten warten auf eine Spenderniere, rund 70 Prozent überleben das Warten nicht. Ich bin daher sehr für eine Widerspruchslösung – und habe natürlich selbst einen Organspendeausweis.

Worauf kommt es an, was sollte man mitbringen für diese Ausbildung?
Man braucht Interesse an der Medizin, man muss Menschen mögen und sich ihrer Nöte und Ängste annehmen wollen, Empathie und Einfühlungsvermögen sind wichtig, es kommt auf die richtige Kommunikation an und den Willen, zupacken zu können. Man sollte kein Problem mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten haben. Manchmal wird es stressig, das sollte man aushalten. Und: Wir sind alle Teamplayer.
Was hast du vor deiner Ausbildung gemacht?
Ich bin normal zur Schule gegangen, habe meine zehn Klassen Realschule gemacht. Danach bin ich direkt in die Ausbildung gerutscht.
Und wie kamst du auf MFA?
Anfangs war ich eher auf eine Ausbildung in Richtung Rettungssanitäter fixiert. Im Zusammenhang damit habe ich mich mit der Branche etwas näher beschäftigt – und bin dann bei MFA gelandet. Es ist ein riesengroß aufgefächerter Bereich.
Medizinische Fachkraft entnimmt Blutprobe bei Patientin – hygienisches Arbeiten im Labor oder Behandlungsraum.
Übung macht den Meister: Nepomuk nimmt bei einer Kollegin Blut ab | Foto: ÄKSA/Trieger
Wie lief der Bewerbungsprozess?
Ich habe ganz klassisch meine Bewerbungen per Post losgeschickt und per Mail eine Antwort erhalten, womit ich zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurde. Ich wurde dann zu einem Probetag gebeten, an dem mir alles gezeigt und die Abläufe erklärt wurden. Das ist wichtig, damit man wirklich versteht, was man hier tut. Ich durfte gleich bei den Blutgas-Untersuchungen mitmachen – das hat mich natürlich sehr abgeholt. Danach wurde ich ins Büro geholt und man sagte mir, dass ich noch einmal eine Nacht drüber schlafen soll, aber dann gern gleich zur Vertragsunterzeichnung kommen soll. Das ist alles optimal gelaufen.
Warum hast du dich für eine Dialysepraxis als Ausbildungsort entschieden?
Ich finde die Dialyse ist ein sehr komplexer Bereich. Hier kommen Menschen dreimal pro Woche her. Sie sind schwer krank. Man begleitet und stützt sie mit auf ihrem meist letzten Lebensweg. Man ist für sie da, hört zu, hält auch mal eine Hand – das ist mir dolle wichtig. Und man lernt ganz viel über die Niere – ein spannendes Organ! Dazu kommt die Technik. Das ist einfach cool, die technische Seite gepaart mit Medizin und Mensch.
Gerade als junger Mensch, betritt man hier doch eine andere Welt: Die Menschen sind schwach, manche sterben womöglich. Es riecht vielleicht komisch, Körperflüssigkeiten treten aus. Du hast dich davon nicht abschrecken lassen ...
Am Anfang war das schon eine Herausforderung. Aber sobald ich hier bin, schalte ich alles andere ab und bin völlig konzentriert im Beruf. Ich denke oft: Vielleicht gerät man selbst mal in eine ähnliche Situation, in der man auf Hilfe angewiesen ist. In der Berufsschule lernen wir zudem Dinge, wie den Körperkreislauf. Wenn man dann versteht, warum zum Beispiel die Bakterien jetzt so ausgeschieden werden, dann erklärt sich, warum etwas so riecht – und kann ganz anders damit umgehen. Das finde ich generell toll – dass MFA eine duale Ausbildung ist: Drei Tage Praxis, zwei Tage Berufsschule. Man kann sofort das Theoretische mit dem Praktischen verknüpfen.
Du bist hier in der Dialysepraxis mit viel Leid konfrontiert. Junge Menschen, alte Menschen, die auf eine Spenderniere warten, die Hoffnung haben – oder auch keine mehr. Wahrscheinlich reagieren Patienten auch ganz unterschiedlich auf ihre Situation – und auch auf dich. Wie gehst du damit um?
Nicht jeder Mensch ist gleich. Es gibt die Leute, die wissen, wie es um sie steht und sich mit ihrem Schicksal abgefunden haben. Und es gibt Leute, die damit nicht so gut klarkommen. Viele sind verzweifelt, sie sind sensibel. Verständlich! Hier geht es darum, ein gutes Gefühl zu vermitteln – sowohl menschlich aber auch fachlich. Das gibt den Menschen Halt.
Wie regenerierst du dich?

Es muss gelingen, die Balance und Distanz zwischen Arbeit und Privatleben zu halten. Mir sind der Kontakt und die Patienten wichtig, aber der Abstand dazu eben auch. Ich verbringe deshalb gern Zeit mit der Familie, meinen Freunden und meiner Freundin. Sollte ich dennoch mal Schwierigkeiten mit Situationen und Schicksalen haben, weiß ich, dass meine Kolleginnen und Kollegen, die Oberschwestern und die Ärzte für mich immer ein offenes Ohr haben. Sie sorgen dafür, dass man sich auch als Teil des Teams immer aufgefangen und wohl fühlt.

Hast du Pläne für die Zeit nach deiner Ausbildung?

Es wäre schön, wenn ich nach der Ausbildung hier übernommen werde. Ich möchte gern weitere berufliche Erfahrungen sammeln, die es zulassen, irgendwann mehr Verantwortung in der Dialyse zu übernehmen. Zum Beispiel als Hygienebeauftragter oder, dass man seinen Fachpfleger macht.

Wie schaut es mit der Ausbildungsvergütung als MFA-Azubi aus?
Es ist ausreichend. Ich bin sehr zufrieden.

Interview: K. Basaran