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Leserbrief

Das Magdeburger Triumvirat

Das Magdeburger Triumvirat

Gedanken zum Nachruf auf Herrn Prof. Dr. Norbert Bannert im Ärzteblatt Sachsen-Anhalt, Heft 6/2023, S. 26

Nun ist der Letzte aus dem Dreimännerbund, Prof. Dr. Bannert, verstorben. Nach dem Ableben der Professoren Wilhelm Thal und Horst Köditz in den letzten Jahren. In den 25 DDR-Jahren meiner Arbeit als Kinderarzt bin ich in allen Kinderkliniken der Universitäten und Medizinischen Akademien des Landes herumgekommen und habe an keiner Stelle so etwas erlebt, wie in Magdeburg. Natürlich nur von außen gesehen, als Besucher, Hörer oder Vortragender. Aber immerhin.

An der Elbe sind dem Gast die drei Männer, von denen ich gar nicht weiß, ob sie sich untereinander verstan-den haben, durch die Art und Weise ihres Auftretens aufgefallen. Da gab es kein Brimborium, sondern fachliches Wissen und Können, klare Antworten anstelle von Herumreden, kollegiale Hilfestellungen und Zuwendung. Ich habe bei ihnen nie den verbreiteten universitären Dünkel gespürt, stattdessen waren sie durchaus daran interessiert, auch die Erfahrungen von pädiatrischen Praktikern aus der Peripherie anzuhören. Außerdem waren sie von einer Art Aura umgeben, die Herr Mohnike in seinem Nachruf für Prof. Bannert überaus treffend „persönliche Inte-grität“ genannt hat. Das war eine Haltung, die in der DDR selten geworden war und nach meinem Eindruck damit zusammenhing, dass, wenn ich richtig informiert wurde, keiner von ihnen Mitglied der SED gewesen ist. Und wenn doch, dann gut verdeckt, als heimlicher Opponent und keineswegs im Gewand eines der üblichen karrierebewussten Papierkommunisten.

Wir haben ihre Bücher und Publikationen gelesen und ihre Vorträge gehört in der Regionalgesellschaft West und auf den Kongressen unserer Fachgesellschaft mit dem langen Namen. „Gesellschaft für Pädiatrie in der Gesellschaft für klinische Medizin der Deutschen Demokratischen Republik“ hat sie offiziell geheißen, wenn ich mich recht erinnere. Der joviale Köditz hat uns vor dem verbreiteten „Missbrauch“ von Antibiotika bewahrt, der zurückhaltende Bannert erklärte mir früh die Saugbiopsie aus dem Darm und den gestrengen Thal habe ich als vornehmen und fast überkorrekten Vorsitzenden der Sächsisch-Thüringischen Gesellschaft für Kinderheilkunde, an deren Wiedergründung vor 32 Jahren beteiligt gewesen zu sein wir die Ehre hatten, schätzen gelernt.

Dies sind nur einige der vielen Verdienste dieser beispielhaften Kinderärzte. Mögen sie ruhen in Frieden. Unser ehrendes Gedenken ist ihnen sicher.

Dr. Ernst Fukala, 01.07.2023

Anmerkung des Autors: Diese Erinnerungen waren ursprünglich an Hern Prof. Dr. Mohnike gerichtet. Der Vorschlag der Redaktion, sie als Leserbrief einer breiteren Öffentlichkeit mitzuteilen, hat mich sowohl überrascht, als auch gefreut. Wenn sie der Erinnerung dienen, ist es gut, denn: „Je weiter wir uns von früheren DDR-Zeiten entfernen, desto schwieriger wird es, denen, die nicht dabeigewesen sind und den Nachgeborenen begreiflich zu machen, was damals geschah.“ (Erich Loest)