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Buchrezension

George Frideric Handel – Ein Hallenser in London

George Frideric Handel – Ein Hallenser in London

Julia Semmer

Herausgegeben von P. Gerlach und M. Götze, Hasenverlag Halle/Saale 2024, Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte Nr. 31, ISBN 978-3-945377-27-3, Broschur 20 x 14,5 x 0,8 cm, zahlreiche Schwarz-Weiß-Abbildungen, 136 Seiten, 17,50 € | Cover: Verlag

Wer schaut uns da so selbstsicher aus dem Coverbild in die Augen? Ist es Georg Friedrich Händel oder George Frideric Handel? In dem Blick steckt Musike drin, würde man in Berlin sagen. Man könnte das auch vom ganzen Buch behaupten.

Textautorin Julia Semmer ist u. a. eine akademisch und transkulturell erfahrene Anglistin und offensichtlich auch begeisterte Londonerin. Dabei stammt sie von der Querfurter Platte, unterrichtete in Halle und in Großbritannien.

Zwischen Prolog und Epilog widmet sie sich in acht Kapiteln ganz ihrem Landsmann Händel, der sich auf der Insel ohne den diakritischen Kopfputz schreiben und von seinem dortigen König einbürgern ließ. Seit mehr als 150 Jahren nimmt er auf dem Halleschen Markt in bronzener Überlebensgröße einen prominenten Podestplatz in seinem Geburtsort ein. Er ist lt. Julia Semmer der meist dargestellte Künstler seiner Epoche, als Statue und Büste, gemalt, gestochen etc. Aber sein wahres Denkmal sei seine Musik, spricht die Autorin.

Das in bester materieller Qualität verlegte Taschenbuch setzt keine fundamentalen Kenntnisse der Werke Händels voraus. Es widmet sich hier ganz dem gesellschaftlichen Milieu um das Genie und wird so in Wort und Bild zum sprichwörtlichen Bildungsbuch, man führt es sich mit Spaß zu Gemüte.

Es stellt den G. F. Händel nicht total in den Vordergrund sondern die Umstände seines Daseins über die 48 in London gelebten Jahre, der seinerzeit größten und modernsten Stadt Europas. Der vielsprachige Meister war dort ein Popstar im heutigen Sinne. Nach einer ersten Phase mit italienischen Opern und einer kreativen Pause durch Krankheit schuf er seine weltberühmten Oratorien und revolutionierte die Aufführungspraxis, vereinte Sinnlichkeit mit Spiritualität. Sein sakraler Messias, auf den dubiosen Brettern eines bürgerlichen Schauspielhauses aufgeführt, fand erst spät den Gefallen der Londoner Gesellschaft, dann aber nachhaltig.

Unter Gelüste und Gebrechen führt die Autorin die Leidenschaft des Komponisten für den Genuss des Weines an. Dem Tee und dem Kaffee frönte er ebenso. Für seine zunehmende Lähmung und Sehbehinderung macht sie das allgegenwärtige giftige Blei im Haushalt verantwortlich. Als er 1759 im Alter von 75 Jahren starb, wurde er entgegen seinem verbrieften Wunsch mit großen Ehren in der Poets' Corner der Westminster Abbey beigesetzt. Man findet den Grabstein dort im Boden eingelassen.

Wie Händel und Jimmy Hendrix Tür an Tür wohnten, um einige hundert Jahre zeitlich versetzt, ist eine der schönen Geschichten dieses Büchleins, dessen viele historischen Illustrationen einen Teil des Erzählens über George Frideric Handel ausmachen.

F.T.A. Erle, Magdeburg (Juni 2025)